Telepathie

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Telepathie ist eine von Frederic W. H. Myers geprägte Bezeichnung für eine manchen Menschen zugeschriebene Fähigkeit, Gedanken, Antriebe, Empfindungen oder Gefühle in einer Art Fernwirkung von sich auf eine andere Person oder von einer anderen Person auf sich zu übertragen. Sie wird mitunter als Gedankenlesen oder Gedankenübertragung bezeichnet.

Die Parapsychologie versucht u.a., Nachweise für telepathische Wahrnehmungen zu finden.

Wortherkunft[Bearbeiten]

Telepathie ist eine Wortschöpfung des britischen Autors, Dichters, Kritikers und Essayisten Frederic W. H. Myers, die er erstmals im Dezember 1882 vor der Society for Psychical Research (SPR) in London veröffentlichte. Die bis dahin gebräuchliche Bezeichnung thought transference („Gedankenübertragung“) für das Phänomen wurde von Myers’ Wortschöpfung abgelöst.

Das Wort stammt aus dem Viktorianischen Zeitalter in England, in dem seit 1850 der Glaube an Spiritismus und besondere psychische Kräfte weit verbreitet war. Séancen waren ein gängiger Zeitvertreib in bürgerlichen Kreisen. William Crookes ein renommierter Wissenschaflter unterstützte diese Bewegung, da er überzeugt war, bei der Untersuchung der damals berühmten Medien Daniel Home und Florence Cook eine psychische Kraft experimentiell nachgewiesen zu haben. Der Elektroingenieur Cromwell Fleetwood Varley und der Biologe Alfred Russel Wallace waren ebenfalls von der Möglichkeit der Gedankenübertragung überzeugt. Führende naturwissenschaftliche Vertreter, wie die Mitglieder des X-Clubs, wiesen dies schon damals als lächerlich zurück. Das Wort Telepathie war eigentl. der Versuch, das Konzept der Gedankenübertragung aus dem Zusammenhang mit dem Spiritismus, Medien und Geistern zu lösen und zu versachlichen. Die Society for Psychical Research wurde von überwiegend mit der Universität Cambridge verbundenen Gelehrte gegründet, zu deren Gründungsmitglied Myers zählte. Sie sahen auf das Treiben bei dem damals üblichen Séancen mit Verachtung herab und nahmen sich vor, die dahintersteckenden Phänomene von Schwindel und Leichtgläubigkeit zu reinigen und wissenschaftlich zu erforschen. Für die Society war Telepathie ein Begriff, der nicht mit Vermutungen über die dahinterliegenden Kräfte vermischt werden sollte. Besonders sei es nicht zwingend, dafür Kräfte oder Wirkungen anzunehmen, die im Widerspruch zur wissenschaftlichen Physik stünden. Charles Richet, ein Mediziner, schlug 1884 zur Erforschung einige der ersten randomisierten kontrollierten Studien vor, dieses Konzept war damals in der Wissenschaft noch völlig neu.

Wissenschaftliche Untersuchungen[Bearbeiten]

Methodik[Bearbeiten]

Untersuchungen nach wissenschaftlichen methodischen Standards werden von Psychologen, überwiegend aber von Parapsychologen seit mehr als hundert Jahren durchgeführt. Ein Hauptziel dieser Untersuchungen war von Anfang an ein wissenschaftlicher Nachweis dafür, dass Telepathie existiert. Dieser Nachweis konnte nicht erbracht werden.

Um die statistische Aussagekraft der Resultate zu erhöhen, wurden dabei bald anstelle freier Fragen, die zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten der Antworten zulassen, standardisierte Versuchsprotokolle eingeführt. Zu diesem Zweck wurden zum Beispiel die sogenannten „Zenerkarten“ entwickelt. Die Bezeichnung stammt von Joseph Banks Rhine, der die Karten nach seinem Kollegen Karl Zener benannt hat. Auf den Karten sind fünf verschiedene Symbole abgebildet: ein Kreis, ein Kreuz, drei Wellenlinien, ein Quadrat und ein fünfzackiger Stern. Ein gebräuchlicher Satz besteht aus 25 Karten (je fünf Karten von jedem Symbol). Wenn eine Versuchsperson (der „Empfänger“) darauf getestet werden soll, ob sie zum Beispiel die Reihenfolge der Aufdeckung von Karten einer anderen Person (des „Senders“) durch „Psi-Kräfte“ ersehen kann, liegt ihre Ratewahrscheinlichkeit, bei fünf Karten, bei 20 Prozent. Kann sie einen signifikant höheren Anteil richtig angeben, wäre dies ein Hinweis auf Telepathie. Durch die Standardisierung ist es möglich, den Versuch später zu wiederholen (wissenschaftlich Replikation genannt), was für eine wissenschaftliche Anerkennung entscheidend wäre. Diese einfachen Ratetests wurden schon Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführt und später verfeinert. Der Höhepunkt ihres Einsatzes lag in den 1940er Jahren. In den 1970er und 1980er Jahren wurden verstärkt die sogenannten Ganzfeld-Versuche populärer.

Parapsychologen vertreten den Anspruch, mit diesen Tests und Methoden statistisch signifikante Versuchsergebnisse erzielt zu haben, die auf – kausal unerklärliche – telepathische Fähigkeiten zumindest einiger Versuchspersonen hinweisen, und meinen dies auch durch Metaanalysen absichern zu können. Diesem Anspruch wird von Psychologen und anderen Wissenschaftlern allerdings vehement widersprochen. Dabei wird den Parapsychologen im Allgemeinen guter Wille und methodisch durchaus hochwertiges Versuchsdesign unterstellt (obwohl einige Forscher auch unter Betrugsverdacht gerieten). Die Vertreter der „orthodoxen“ Wissenschaft unterstellen ihnen aber methodische Fehler bei der Durchführung oder der Datenanalyse. Wichtige Fehlerquellen, die die wissenschaftliche Psychologie oft in gleicher Weise betreffen und dort möglicherweise ein ebenso großes Problem darstellen, sind zum Beispiel: Durchführung des Versuchs, bis das erwünschte Ergebnis signifikant ist, und sofort danach Abbruch (ehe der möglicherweise nur zufällige Effekt wieder verschwinden kann), Durchführung zahlreicher Tests, von denen nur die mit erwünschtem oder mit signifikantem Ergebnis publiziert werden, Messung zahlreicher Variablen und ihrer Kombination, wobei die ohne erwünschtes Ergebnis verschwiegen werden. Außerdem werden sehr oft Untersuchungen mit sehr geringen Datenmengen (wenigen Versuchspersonen und Durchgängen) veröffentlicht, die eine sinnvolle Beantwortung der Frage (aufgrund zu geringer Power) gar nicht zulassen. Oft zeigt sich dadurch in einzelnen Studien zunächst ein scheinbar sehr großer, für sich betrachtet signifikanter Effekt, der aber bei den Replikationen scheinbar immer kleiner wird und letztlich verschwindet.

Obwohl Statistiker den Parapsychologen bescheinigt haben, dass einige ihrer Studien den in der Psychologie akzeptierten Standards durchaus entsprechen, erreichte bisher keine ihrer Untersuchungen zur Telepathie ein Niveau, das Wissenschaftler überzeugen konnte, denn keiner der zunächst vielversprechend aussehenden Befunde konnte letztlich repliziert werden.

Ein weiteres Problem ist es vermutlich, dass Parapsychologen es bis heute nicht vermocht haben, ein schlüssiges Erklärungsmodell für ihre Befunde anzubieten, oder sogar offen über Effekte und Phänomene spekulieren, die das physikalische Weltbild widerlegen oder zumindest unvollständig machen würden. Für solche weitreichenden Schlussfolgerungen verlangt die Wissenschaft besonders gut abgesicherte Gründe, die über bei „durchschnittlichen“ und erwartbaren Resultaten akzeptierte Standards hinausgehen müssen.