Eiszeitalter

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Ein Eiszeitalter ist ein Abschnitt der Erdgeschichte, in dem die Festlandsbereiche mindestens einer Polarregion vergletschert beziehungsweise von Eisschilden bedeckt sind. Nach einer enger gefassten aber weniger gebräuchlichen Definition wird der Begriff Eiszeitaltr erst dann verwendet, wenn sowohl auf der Nordhalbkugel als auch auf der Südhalbkugel ausgedehnte Vergletscherungen auftreten.

Nach der ersten Definition befindet sich die Erde seit rund 34 Mio. Jahren im Känozoischen Eiszeitalter, da seit dieser Zeit die Antarktis vergletschert ist. Bei der zweiten Definition begann das Eiszeitalter erst vor ca. 2,7 Mio. Jahren, seit auch die Arktis dauerhaft und in größerem Umfang mit Eis bedeckt ist. Dieser Zeitraum entspricht annähernd dem geologischen Zeitabschnitt des Quartärs.

Aus der Erdgeschichte sind 6 Eiszeitalter bekannt, daneben gab es noch eine nicht genau zu bestimmende Anzahl kürzerer Vereisungsperioden. Die 6 Eiszeitalter umfassten jedes mehrere Mio. Jahre. Dazwischen gab es unterschiedlich lange Zeiträume mit mehr oder minder stark ausgeprägtem Warmklima.

Eiszeit und Eiszeitalter[Bearbeiten]

Der Begriff Eiszeit hat eine historische Entwicklung durchlaufen, die bis heute zu Verwirrungen führt. Ursprünglich wurde er 1837 von dem deutschen Naturforscher Karl Friedrich Schimper eingeführt und im damaligen Sprachgebrauch auch Weltwinter genannt. Er bezog sich dabei zunächst auf das gesamte Quartär. Nach der Entdeckung mehrerer sich abwechselnder Warm- und Kaltzeiten wurde das Wort einerseits weiterhin für das gesamte Eiszeitalter verwendet und andererseits als Bezeichnung für die einzelnen Kaltzeiten (Glaziale). Heute ist in der Umgangssprache mit „Eiszeit“ in der Regel eine Kaltzeit (ein Glazial) gemeint, während dies in der Fachsprache vermieden wird. Einige fachsprachliche Publikationen verwenden den Begriff „Eiszeit“ mit der Bedeutung Eiszeitalter, zum Beispiel Sturtische Eiszeit.

Ein Eiszeitalter umfasst sowohl die Kaltzeiten als auch die dazwischenliegenden Warmzeiten (Interglaziale). Eine weitere Unterteilung erfolgt dabei auf Grundlage der Begriffe Stadial und Interstadial. Als Stadial wird eine Kältephase während eines Glazials oder Interglazials bezeichnet (meist verbunden mit einer Zunahme der Eisbedeckung), während ein Interstadial als relativ kurze Warmphase zwischen zwei Stadialen innerhalb eines Glazials definiert wird (siehe zum Beispiel Alleröd-Interstadial). Die Unterteilung in Stadial/Interstadial wird vor allem bei jüngeren Vereisungsphasen angewendet, weiter zurückliegende Kaltzeiten sind dazu weniger geeignet, da mit zunehmendem Zeitabstand eine Feinauflösung der jeweiligen Epochen nicht mehr uneingeschränkt möglich ist.

Das jüngste, bis in die Gegenwart reichende Känozoische Eiszeitalter begann vor rund 34 Millionen Jahren mit der Vereisung der antarktischen Regionen und umfasst die chronostratigraphischen Serien Oligozän, Miozän, Pliozän, Pleistozän und Holozän (und somit das gesamte chronostratigraphische System Quartär). Die letzte Kaltzeit (im Alpenraum Würm-Kaltzeit, in Norddeutschland/Nordeuropa Weichsel-Kaltzeit) ging vor etwa 11.700 Jahren zu Ende. Somit stellt die Serie des Holozäns, in welchem sich die Menschheit gerade befindet, lediglich eine Warmzeit innerhalb des Känozoischen Eiszeitalters dar. Unter den Bedingungen des derzeitigen Klimazustands werden also wahrscheinlich auch in der Zukunft weitere Kaltzeitzyklen auftreten. Der seit dem Klimaoptimum des Holozäns herrschende Abkühlungstrend von ca. 0,12 K pro Jahrtausend gilt als Vorbote einer erneuten Kaltzeit, die jedoch im Rahmen natürlicher Klimaveränderungen erst in 30.000 bis 50.000 Jahren erwartet wird. Allerdings könnte diese Entwicklung durch die menschliche (anthropogene) Beeinflussung des Klimasystems signifikant verändert werden.

Die Eiszeitalter der Erdgeschichte[Bearbeiten]

Historischer Überblick[Bearbeiten]

Die systematische Untersuchung natürlicher Klimazyklen begann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der allmählichen Rekonstruktion der quartären Kaltzeiten. Zwar äußerten bereits um 1750 einzelne Naturforscher die Vermutung, dass Mittel- und Nordeuropa in der Vergangenheit ein Schauplatz umfangreicher Vereisungsprozesse gewesen sein mussten, doch fanden ihre Ideen zunächst wenig Gehör. Die Möglichkeit weiträumiger Vergletscherungen infolge eines eiszeitlich geprägten Klimas war eine zu revolutionäre Idee, um von der Wissenschaft akzeptiert zu werden. Gegen den damals fest verwurzelten Glauben an den biblischen Schöpfungsmythos mit der Sintflut als globale „Urkatastrophe“, der alle bekannten Ablagerungen einschließlich der Fossilien zugeschrieben wurden, konnte sich die Annahme einer urzeitlichen Epoche nur allmählich durchsetzen und gewann erst mit der Entwicklung der Geologie zur modernen Wissenschaft an Boden. Daraus resultierte die von heftigen Kontroversen begleitete Erkenntnis, dass die Frühzeit der Erde erheblich größere Zeiträume umfasste als die historisch belegte Menschheitsgeschichte.

Im Zuge intensiverer Forschungen fanden sich vor allem im Voralpengebiet, in der norddeutschen Tiefebene oder in Skandinavien ungewöhnliche Relikte in Form von Moränen, Drumlins und erratischen Blöcken (Findlinge), die auf eine länger währende Vergletscherung hindeuteten. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstand die anfangs noch grobe Einteilung der Erdgeschichte in verschiedene geologische Perioden. Im weiteren Verlauf erfolgte die Einordnung dieser Perioden in die geologische Zeitskala, wenngleich die wahren zeitlichen Dimensionen auf Grund unzureichender geochronologischer Analyseverfahren noch stark unterschätzt wurden. Zudem entstanden die ersten wissenschaftlichen Beschreibungen vorzeitlicher Lebensräume einschließlich ihrer klimatischen Bedingungen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatten die inzwischen zahlreicher gewordenen Befürworter der Eiszeittheorie so viele Belege und „Klimazeugen“ für die Existenz einer früheren Kaltzeit gesammelt, dass es allmählich schwieriger wurde, die vorgebrachten Argumente zu ignorieren. Als einer der unermüdlichsten Exponenten warb der Schweizer Louis Agassiz für die wissenschaftliche Akzeptanz des Eiszeitgedankens. Auf zahlreichen Reisen, verbunden mit Vorträgen vor akademischem Publikum, sowie durch die Veröffentlichung mehrerer Bücher trug er entscheidend zur Popularisierung dieser Erkenntnisse bei. Weitere Pioniere der frühen Quartärforschung waren unter anderen Johann von Charpentier und Ignaz Venetz, die etwa ab 1830 ein zunehmend differenziertes Bild des Eiszeitklimas und der damit verbundenen Prozesse zeichneten. Ungefähr zur selben Zeit erhielt das Eiszeitmodell eine zusätzliche Bestätigung durch die Entdeckung sehr alter Gletscherschliffe in Afrika, Australien und Indien, die nach heutigem Kenntnisstand der Permokarbonen Vereisung vor etwa 300 Millionen Jahren zugeschrieben werden.

Ebenfalls im frühen 19. Jahrhundert wurde über verschiedene astronomische Ursachen der Eiszeiten spekuliert. So veröffentlichte der dänische Geologe Jens Esmark im Jahr 1824 die Hypothese, dass die Umlaufbahn der Erde um die Sonne in der Urzeit stark exzentrisch gewesen sei und der eines periodisch wiederkehrenden Kometen geähnelt habe. In den 1830er Jahren vermutete der französische Mathematiker Siméon Denis Poisson auf der Grundlage der damals vorherrschenden Äthertheorie eine Unterteilung des Weltalls in wärmere und kältere Regionen, durch die sich das Sonnensystem im Laufe längerer Zeitabschnitte bewegte. Die erste fundierte und gut begründete Eiszeittheorie formulierte der schottische Naturforscher James Croll. Sich auf die Berechnungen des Mathematikers Joseph-Alphonse Adhémar und des Astronomen Urbain Le Verrier stützend, vertrat er 1864 in einer Aufsehen erregenden Arbeit im Philosophical Magazine den Gedanken, dass Veränderungen der Erdumlaufbahn in Verbindung mit einer starken Eis-Albedo-Rückkopplung für die Entstehung der Eiszeiten verantwortlich sein könnten. Etwa ab 1870 wurde die Möglichkeit kosmischer beziehungsweise solarer Einflüsse auf das irdische Klima auf breiterer Basis wissenschaftlich diskutiert. Der wissenschaftliche Diskurs beeinflusste eine Reihe von weiteren Forschungstätigkeiten. Inspiriert von Crolls Theorie untersuchte der Geologe James Geikie die Glazialablagerungen in Schottland und kam in seinem Buch, „The Great Ice Age and its relation to the Antiquity of Man“ (1874), zu dem Ergebnis, dass es mehrere Eiszeiten mit dazwischenliegenden Interglazialperioden gegeben habe. Von 1887 bis 1890 untersuchte der Geologe und Geograph Albrecht Penck gemeinsam mit August von Böhm und Eduard Brückner die Vergletscherung der österreichischen Alpenländer und dehnte seine Untersuchungen in den folgenden zwanzig Jahren auf das gesamte Alpengebiet aus. Vor dem Hintergrund von Crolls Theorie und Geikies Arbeiten in Schottland, entwickelten Penck und Brückner durch Untersuchungen der Höhen und der Verbreitung der Schotterterrassen im Alpenvorland ein drei- bzw. später (ab 1899) viergliedriges Schema. In ihrem Hauptwerk Die Alpen im Eiszeitalter (3 Bände, 1901–1909) gliederten sie ihre gesammelten morphostratigraphischen Beobachtungen in vier alpine Eiszeitalter, deren Namensgebung sich an voralpinen Flüssen orientierte. Die ältere Terminologie wurde unter Vermeidung des Begriffs „Eiszeit“ in die neuere Beschreibung von Kaltzeiten übernommen: Günz-Kaltzeit, Mindel-Kaltzeit, Riß-Kaltzeit und Würm-Kaltzeit.

Crolls Theorie wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Milutin Milanković und Wladimir Köppen mit konkreten Berechnungen gestützt. Das in jahrelanger Arbeit erstellte Erklärungsmodell berücksichtigt die Veränderungen der Erdbahn (von leicht elliptisch bis fast kreisförmig), die Neigung der Erdachse sowie das Kreiseln der Erde um ihre Rotationsachse (Präzession) und deren langperiodische Schwankungen über mehrere 10.000 Jahre. Bis in die 1970er Jahre glaubten allerdings nur wenige Geowissenschaftler, dass die Milanković-Zyklen eine (Mit-)Ursache für das Quartäre Eiszeitalter sein könnten. Der Umschwung begann 1976 mit der breit rezipierten „Pacemaker-Studie“ (gegenwärtig über 4000 Zitierungen) im Fachjournal Science (unter Mitwirkung bekannter Wissenschaftler wie John Imbrie und Nicholas Shackleton). Danach entwickelte sich die Theorie in modifizierter und erweiterter Form zum festen Bestandteil der Paläoklimatologie und wird häufig bei der Rekonstruktion der quartären Klimageschichte und zunehmend auch für die Analyse früherer geologischer Perioden herangezogen.

Zu Beginn des Jahrtausends wurde in einigen Hypothesen die Auffassung vertreten, dass auf der Skala der Erdgeschichte das Klima nicht nur von terrestrischen Faktoren, sondern auch von variierenden kosmischen Strahlungseinflüssen verändert worden war. Demnach sollen zum Beispiel die scheinbar regelmäßig auftretenden Kaltzeiten des Phanerozoikums mit ebenso regelmäßigen Spiralarmdurchgängen der Sonne und ihrer Heliosphäre korrelieren. Diese und ähnliche Annahmen (wie die Einbeziehung von Supernovae und Sternbildungsraten) führten zu kontroversen Diskussionen und wurden von der Wissenschaft großteils zurückhaltend aufgenommen.

In der aktuellen geowissenschaftlichen Fachliteratur bilden die postulierten kosmischen Effekte mit Ausnahme der Milanković-Zyklen und der sich über lange Zeiträume verändernden Solarkonstante ein wenig rezipiertes Nischenthema. Die aus der Klimageschichte überwiegend gut dokumentierten geophysikalischen, geologischen und biochemischen Komponenten gelten dabei in der Paläoklimatologie und den angrenzenden Fachdisziplinen als valide und ausreichende Forschungsgrundlage.

Paläoproterozoisches Eiszeitalter[Bearbeiten]

Obwohl für das Archaikum (vor 4,0 bis 2,5 Milliarden Jahren) nur lückenhafte Proxyreihen zur Verfügung stehen, wird zumeist angenommen, dass während dieses Äons ein überwiegend warmes Klima herrschte. Allerdings existieren Hinweise auf eine Abkühlungsphase mit möglicherweise regionalen Vergletscherungen in Form des Pongola-Glazials vor 2,9 Milliarden Jahren, über dessen spezielle Charakteristik jedoch nur wenige gesicherte Erkenntnisse vorliegen. Wesentlich ausgeprägter verlief die vor 2,4 Milliarden Jahren einsetzende Paläoproterozoische Vereisung (auch Huronische Eiszeit), mit einer Dauer von 300 Millionen Jahren das längste Eiszeitalter der Erdgeschichte. Geologische Klimazeugen einschließlich paläomagnetischer Auswertungen aus Nordamerika, Skandinavien, Indien sowie im südlichen Afrika deuten auf einen globalen Kälteeinbruch mit einem länger andauernden Schneeball-Erde-Ereignis hin. Aufgrund des großen Zeitabstands schwer nachweisbar und mit großen Unsicherheiten behaftet ist der für spätere Eiszeitalter typische Wechsel verschiedener Kalt- und Warmzeiten. Breite Akzeptanz findet hingegen die Annahme, dass das Eiszeitklima im frühen Paläoproterozoikum eng mit der Großen Sauerstoffkatastrophe (in der Fachliteratur Great Oxigenation Event) verknüpft sein könnte.

Am Beginn des Paläoproterozoikums wies die irdische Atmosphäre eine relativ hohe Methankonzentration, aber nur geringe Spuren an freiem Sauerstoff auf. Zwar produzierten Cyanobakterien schon vor mehr als 3 Milliarden Jahren mittels der Oxygenen Photosynthese als „Abfallprodukt“ ihres Stoffwechsels große Mengen an O2, doch wurde dieser bei der Oxidation von organischen Verbindungen, Schwefelwasserstoff und zweiwertigen Eisen-Ionen Fe2+ in dreiwertige Eisen-Ionen Fe3+ vollständig verbraucht. Nach Abschluss dieser intensiven Oxidationsphase begann sich der Sauerstoff-Überschuss sowohl in der Atmosphäre als auch im Ozean anzureichern. Dieser Prozess führte in marinen Biotopen zum Massenaussterben anaerober Organismen, die der toxischen Wirkung des Sauerstoffs fast vollzählig zum Opfer fielen. In der Atmosphäre oxidierte der Sauerstoff mithilfe der UV-Strahlung den größten Teil des Methanvorkommens zu Kohlenstoffdioxid und Wasser. Da Methan über ein erheblich größeres Treibhauspotenzial als CO2 verfügt, kam es im Anschluss zu einem raschen Klimawandel, und die Temperaturen verharrten für 300 Millionen Jahre auf einem eiszeitlichen Niveau.

Hauptursachen des Paläoproterozoischen Eiszeitalters

  • Zusammenbruch der Methankonzentration: Der weitgehende Abbau der atmosphärischen Methanvorkommen aufgrund der oxidativen Wirkung des zunehmenden Sauerstoffgehalts führte zu einer deutlichen Abschwächung des Treibhauseffekts und damit zu einer Veränderung der Strahlungsbilanz.
  • Schwächere Sonneneinstrahlung: Während ihrer Entwicklung als Hauptreihenstern wies die Sonne im frühen Paläoproterozoikum nur rund 85 Prozent ihrer gegenwärtigen Leuchtkraft auf. Dieses Strahlungsdefizit wurde durch die veränderte Zusammensetzung der Atmosphäre nicht mehr vollständig kompensiert und überführte den Planeten vom ursprünglichen warm-gemäßigten Klima in den Zustand einer globalen Vereisung.