Hebung (Linguistik)

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Hebung bzw. Senkung bezeichnen in der Linguistik einerseits einen vokalischen Lautwandel, anderseits die Betonung oder Hervorhebung bzw. Nicht-Betonung einer Silbe, eines Wortes oder eines Satzteiles.

Hebung und Senkung als Lautwandel[Bearbeiten]

Die diachrone Linguistik versteht unter Hebung und Senkung einen vokalischen Lautwandel, der durch die Veränderung des Artikulationsortes eines Vokals durch eine höhere oder niedrigere Zungenlage hervorgerufen wird. Hebungen sind damit Lautentwicklungen wie /a/ > /e/, /e/ > /i/ oder /o/ zu /u/; Senkungen sind Lautentwicklungen wie /i/ > /e/, /u/ > /o/ oder /e/ > /æ/ bzw. /a/.

Eine Hebung ist beispielsweise der voralthochdeutsch eingetretene i-Umlaut von /a/ zu /e/, vgl. althochdeutsch gast, Plural gesti, Letzteres entstanden aus voralthochdeutsch *gastiz (vgl. neuhochdeutsch Gast, Gäste). Eine viel jüngere, nur auf dialektaler Ebene sichtbare Hebung ist etwa sächsisch-meißnisch Duchter (Tochter), das – im Rahmen einer generellen Hebung von althochdeutsch /e:/, /e/ und /o/ – aus althochdeutsch tochter entstanden ist. Im Englischen besteht die Great Vowel Shift im Bereich der Langvokale aus Hebungen, etwa bei /e:/ > /i:/ wie in feet (Fuss) oder /o:/ > /u:/ wie in moon (Mond).

Senkungen sind beispielsweise der voralthochdeutsch eingetretene a-Umlaut von /u/ zu /o/, vgl. althochdeutsch giflogan (geflogen), das auf voralthochdeutsch *gifluganaz zurückgeht. Auf dialektaler Ebene sind Senkungen besonders verbreitet im Westmitteldeutschen anzutreffen, wo beispielsweise althochdeutsch kind (Kind) zu mundartlich Kend geworden ist. Im Englischen zeigt die Great Vowel Shift im Bereich der Kurzvokale Senkungen, so bei /o/ > /ɒ/ wie in fox (Fuchs) oder /u/ > /ʌ/ wie in cut (schneiden).

Quellen[Bearbeiten]

  • Peter Wiesinger: Hebung und Senkung in den deutschen Dialekten. In: Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung (= HSK. Band 1.2). Hrsg. von Werner Besch, Ulrich Knoop, Wolfgang Putschke und Herbert Ernst Wiegand. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1983, S. 1106–1110.