Ideenlehre

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Ideenlehre ist die neuzeitliche Bezeichnung für die auf Platon (428/427–348/347 v. Chr.) zurückgehende philosophische Konzeption, der zufolge Ideen als eigenständige Entitäten existieren und dem Bereich der sinnlich wahrnehmbaren Objekte ontologisch übergeordnet sind. Solche Ideen werden zur Unterscheidung vom modernen Sprachgebrauch, in dem man unter „Ideen“ Einfälle, Gedanken oder Leitbilder versteht, „platonische Ideen“ genannt. Auch Theorien anderer Philosophen werden mit dem Ausdruck „Ideenlehre“ bezeichnet, doch ist die Bezugnahme auf Platon und den Platonismus die weitaus häufigste Verwendung des Ausdrucks.

Platonische Ideen sind beispielsweise „das Schöne an sich“, „das Gerechte an sich“, „der Kreis an sich“ oder „der Mensch an sich“. Nach der Ideenlehre sind die Ideen nicht bloße Vorstellungen im menschlichen Geist, sondern eine objektive metaphysische Realität. Die Ideen, nicht die Objekte der Sinneserfahrung, stellen die eigentliche Wirklichkeit dar. Sie sind vollkommen und unveränderlich. Als Urbilder – maßgebliche Muster – der einzelnen vergänglichen Sinnesobjekte sind sie die Voraussetzung von deren Existenz. Platons Ideenkonzeption steht somit in polarem Gegensatz zur Auffassung, dass die Einzeldinge die gesamte Wirklichkeit ausmachen und hinter den Allgemeinbegriffen nichts steht als das Bedürfnis, zur Klassifizierung der Phänomene Ordnungskategorien zu konstruieren.

Da die Ideenlehre in Platons Werken nicht systematisch ausgeführt ist und auch nirgends ausdrücklich als Lehre bezeichnet wird, ist in der Forschung umstritten, ob es sich überhaupt um eine einheitliche Theorie handelt. Ein Gesamtbild kann nur aus den zahlreichen verstreuten Angaben in Platons Dialogen erschlossen werden. Ergänzend werden Mitteilungen anderer Autoren herangezogen, deren Zuverlässigkeit aber umstritten ist. Hinzu kommt, dass die Ideenkonzeption in manchen Dialogen keine Rolle spielt, allenfalls andeutungsweise präsent ist oder sogar kritisiert wird, was zur Vermutung geführt hat, dass Platon sie nur zeitweilig vertreten hat. Ausdrücklich thematisiert hat er die Ideen erst in der mittleren Phase seines Schaffens, doch scheint die Konzeption schon in frühen Dialogen unausgesprochen im Hintergrund zu stehen. In den intensiv geführten Forschungsdebatten steht die Position der „Unitarier“, die meinen, Platon habe durchgängig eine kohärente Sichtweise vertreten, der „Entwicklungshypothese“ der „Revisionisten“ entgegen. Die „Revisionisten“ unterscheiden verschiedene Entwicklungsphasen und nehmen an, dass Platon in seiner letzten Schaffensperiode die Ideenkonzeption aufgegeben oder zumindest einen gravierenden Revisionsbedarf gesehen hat.