Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)

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Die Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ist eine Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union (EU). Sie wird umgangssprachlich auch als Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, manchmal auch Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (kurz FFH-Richtlinie) oder Habitatrichtlinie bezeichnet. Diese Alternativbezeichnungen leiten sich von Fauna (Tiere), Flora (Pflanzen) und Habitat (Lebensraum) bzw. dem englischen Titel der Richtlinie ab (Council Directive on the conservation of natural habitats and of wild fauna and flora).

Im Jahr 1992 wurde die Richtlinie von den damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Union einstimmig verabschiedet. Sie dient gemeinsam mit der Vogelschutzrichtlinie im Wesentlichen der Umsetzung der Berner Konvention. Eines ihrer wesentlichen Instrumente ist ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten, das Natura 2000 genannt wird. Die Gebiete, die zum Schutz der in den Anhängen der FFH-Richtlinie genannten seltenen oder bedrohten Arten und Lebensräume (Habitate) von gemeinsamem Interesse ausgewiesen wurden, werden kurz FFH-Gebiete genannt. Als Besonderes Erhaltungsgebiet (BEG, englisch Special Area of Conservation SAC) werden die vollständig unter Schutz gestellten Gebiete bezeichnet. Die Kandidaten (bis zur nationalen Umsetzung) werden als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB, Site of Community Importance SCI) bezeichnet.

Allgemeines[Bearbeiten]

Die Entwicklung der FFH-Richtlinie wurde vom Rat der Europäischen Union 1988 unter deutschem Vorsitz am 27./28. Juni 1988 in Hannover beschlossen. Sie trat nach vierjährigen Beratungen in den Mitgliedstaaten durch einstimmigen Beschluss im Rat der Europäischen Union und im Europäischen Parlament 1992 in Kraft. Die Richtlinie hat zum Ziel, wildlebende Arten, deren Lebensräume und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen. Die Vernetzung dient der Bewahrung, (Wieder-)Herstellung und Entwicklung ökologischer Wechselbeziehungen sowie der Förderung natürlicher Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse. Sie ist damit das zentrale Rechtsinstrument der Europäischen Union, um die von den Mitgliedstaaten ebenfalls 1992 eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz der biologischen Vielfalt (Biodiversitätskonvention, CBD, Rio 1992) umzusetzen.

Wie die EG-Vogelschutzrichtlinie von 1979 hat auch die FFH-Richtlinie zwei wesentliche Säulen:

Eine der zentralen Säulen beider Richtlinien ist die Schaffung des Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Dieses besteht aus Gebieten, die einen ausreichenden Anteil der natürlichen Lebensraumtypen sowie der Habitate der Arten von gemeinschaftlichem Interesse umfassen. So soll die Erhaltung bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet gewährleistet werden.

Besondere Bedeutung kommt prioritären Lebensraumtypen und Arten zu. Diese sind vom Verschwinden bedroht, und für deren Erhaltung hat die Europäische Gemeinschaft eine besondere Verantwortung, weil der Verbreitungsschwerpunkt in Europa liegt (Beispiele: LRT 91D0* Moorwälder oder der Alpenbock). Das Netz „Natura 2000“ umfasst auch die von den Mitgliedstaaten aufgrund der Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete.

Die zweite Säule sind Artenschutzregelungen für solche europaweit gefährdete Arten (Anhang IV), die nicht in fest umgrenzten Gebieten geschützt werden können, da sie unter bestimmten Umweltbedingungen großräumig vorkommen können. Einige bekannte Beispiele sind die Wildkatze (in Wäldern) und der Feldhamster.

Im Anhang V sind Arten gelistet, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein kann (Anhang-V-Arten).

In Artikel 8 der FFH-Richtlinie haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, die finanziellen Mittel zur Umsetzung der Richtlinie zu ermitteln und bereitzustellen, etwa für Landnutzer, die gegebenenfalls zur Erreichung der Schutzziele Bewirtschaftungsauflagen auf ihren Flächen umsetzen müssen. Dieser Verpflichtung kommen viele deutsche Bundesländer bis heute nicht nach und haben keine ausreichenden Mittel bereitgestellt, so dass gerade in Land- und Forstwirtschaft oft Verunsicherung bei der Ausweisung der Natura-2000-Gebiete entstand.

Die Anhänge der FFH-Richtlinie wurden zwischen 1988 und 1992 beraten und anhand der Arten und Lebensräume der EU-Mitgliedstaaten erstellt. Ein Vorbild war die Berner Konvention des Europarates von 1979. Die Anhänge werden bei Bedarf an neue wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst, was etwa im Vorfeld des Beitrittes neuer Mitgliedstaaten erfolgen kann.

2015 wurde bekannt, dass die EU-Kommission die FFH-Richtlinie einem „Fitness-Check“ unterziehen will. Kommissionspräsident Juncker wolle die Richtlinie nach Medienberichten „modernisieren“, was Kritik von Natur- und Umweltschützern nach sich zog. Ein vom WWF Deutschland beauftragtes Rechtsgutachten erkannte eine Gefährdung von 27.000 Naturschutzgebieten durch die Änderung.