Telegramm

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Ein Telegramm (von griechisch tele: fern, weit und gramma: Buchstabe, Schrift; wörtlich Fernschrift bzw. auch Fernschreiben) ist eine mit Hilfe akustischer, optischer oder elektrischer Geräte telegrafisch übermittelte Nachricht. Im Fall der Übermittlung mithilfe von Funktechnik spricht man auch von einem Funktelegramm.

Telegramme gibt es in moderner Form seit 1791, als der Franzose Claude Chappe den optischen Telegrafen konstruierte; 1837 führte der amerikanische Erfinder Samuel Finley Morse zum ersten Mal seinen elektrischen Telegrafen vor. Mithilfe eines Punkt-Strich-Codes konnte er Nachrichten direkt auf einem Papierstreifen aufzeichnen. Die erste telegrafische Leitung wurde allerdings erst 1843 zwischen Washington und Baltimore gebaut. Den Ausdruck Telegramm prägte 1852 E. P. Smith aus Rochester (Vereinigte Staaten), der erst viel später den gängigen Ausdruck „telegrafische Depesche“ ablöste. Weitere Bezeichnungen waren Kabel (davon abgeleitet das Verb kabeln) und Drahtnachricht, die auf den Übermittlungsweg Bezug nahmen.

Telegramme wurden ab den späten 1840er Jahren mit Morseschreibern, Ende des 19. Jahrhunderts mit Typendrucktelegrafen und nach dem Zweiten Weltkrieg per Fernschreiber übermittelt. Da sich das Entgelt (früher: Gebühr) für ein Telegramm nach der Anzahl der Wörter richtet, hat sich ein sogenannter „Telegrammstil“ eingebürgert, z.B. sagt man statt „Ich komme am Freitag um 17:00 Uhr an.“ kürzer „Ankomme Freitag 17 Uhr.“ Aus diesem Grund konnten Empfänger auch eine verkürzte Telegrammadresse, das „Drahtwort“, beantragen. Die Übermittlung von Telegrammen wurde von der Deutschen Post innerhalb Deutschlands bis zum 31.12.2022 angeboten und dann wegen mangelnder Nutzung eingestellt. Das Briefgeheimnis galt auch für Telegramme, d.h. der aufnehmende Mitarbeiter darf den Inhalt weder an andere weitergeben noch verfälschen.

Hintergrund/Übermittlung[Bearbeiten]

Telegramme waren Mitte des 19. Jahrhunderts die erste Möglichkeit, über weitere Entfernungen synchron miteinander kommunizieren zu können. Da ein flächendeckendes Eisenbahnnetz noch nicht existierte, wurden Briefe meist mit der Postkutsche befördert und erreichten ihren Empfänger innerhalb Deutschlands in der Regel innerhalb einer knappen Woche. Briefe nach Übersee waren mehrere Wochen unterwegs. Auch nach Erfindung des Telefons behielt das Telegramm für wichtige Nachrichten seine Bedeutung, da es Anfangs nur wenige private Telefonanschlüsse gab. Selbst 1970 besaßen nur 50 % aller bundesdeutschen Haushalte ein Telefon, in der DDR waren es deutlich weniger. Daher behielt das Telegramm dort bis 1989 seine Bedeutung.

Die Übermittlung eines Telegramms geschah in drei Stufen:

  1. Telegramm aufgeben: Der Absender schickte entweder einen Boten zum Post- bzw. Telegrafenamt (Telegrafenanstalt) oder diktierte seinen Text und die Empfängeradresse einem Beamten persönlich am Schalter. Für Glückwünsche konnte man ab den 1920er Jahren künstlerisch gestaltete Schmuckblatt-Telegramme für den Empfänger beauftragen. Ebenfalls ab den 1920er Jahren konnten Telegrame auch telefonisch aufgegeben werden. Bezahlt wurde entweder im Amt, per Telefonrechnung oder per Münzeinwurf am öffentlichen Fernsprecher. Während der Blütezeit der Telegramm-Nutzung in Deutschland waren Postdienst, Telefondienst und Telegrafendienst unter einem gemeinsamen Dach (Reichspost, Bundespost bzw. Deutsche Post der DDR) zusammengefasst. Dies ermöglichte die vielfältigen, gleichwertigen Zugänge. Im Geschäftsverkehr war für größere Firmen (schon um 1900) eine (beim örtlichen Telegrafenamt hinterlegte) Telegrammadresse üblich; sie bestand aus einem Wort mit bis zu 15 Buchstaben. Dafür musste ein Absender dann nur eine Wortgebühr statt mehrere für Name, Straße und Hausnummer bezahlen.
  2. Telegramm übermitteln: Die Texte wurden im Post- bzw. Telegrafenamt (Telegrafenanstalt) mit der Morsetaste, später über die Tastatur eines Typendrucktelegrafen oder Fernschreibers eingegeben und über eine direkte elektrische Leitung zu einem Post- bzw. Telegrafenamt in der Nähe des Empfängers übermittelt. In Städten mit mehreren Postämtern wurde das aufgegebene Telegramm zuvor per Boten (später telefonisch), in Großstädten mit der Rohrpost zu zentralen Telegrafenämtern befördert. Bei Telegrafenleitungen gab es keine Vermittlung wie im Telefonnetz, sondern nur Verbindungen zwischen Ämtern und Städten. Daher mussten Telegramme von und zu kleineren Orten, die nur über eine oder wenige Leitungen in Städte der Umgebung verfügten, in den Telegrafenämtern der nächstgrößeren Stadt umtelegrafiert, d.h. neu eingegeben werden. Gleiches gilt für Telegramme nach Übersee, die an den Küstenstellen der Unterseekabel jeweils neu eingegeben und an der Landungsstelle des Kabels erneut in das Telegrafennetz des Empfängerlandes eingegeben werden mussten.
  3. Telegramm zustellen: Im Empfängeramt wurde der Text vom Morseschreiber per Hand in ein Formular übertragen. Bei Hörempfang wurde die Nachricht vom Telegrafenbeamten direkt in das Formular eingetragen. Typendrucktelegrafen und Fernschreiber druckten den Text auf schmale gummierte Papierstreifen, die auf das DIN A5 große Telegrammformular oder (falls gewünscht) in ein ausgewähltes Schmuckblatt geklebt wurden. Die Zustellung erfolgte durch Telegrammboten meist innerhalb von zwei bis vier Stunden nach Aufgabe des Telegramms, anfangs zu Fuß, später per Fahrrad und ab den 1920er Jahren per Motorrad.