Codex Hammurapi

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Als Codex Hammurapi (auch in den Schreibweisen Kodex bzw. Hammurabi und Ḫammurapi) bezeichnet man eine babylonische Sammlung von Rechtssprüchen aus dem 18. Jahrhundert v. Chr. Sie gilt zugleich als eines der wichtigsten und bekanntesten literarischen Werke des antiken Mesopotamiens und als bedeutende Quelle keilschriftlich überlieferter Rechtsordnungen (Keilschriftrechte). Der Text geht zurück auf Hammurapi, den sechsten König der 1. Dynastie von Babylon. Er ist auf einer nahezu komplett erhaltenen 2,25 m hohen Dioritstele, auf mehreren Basaltstelenbruchstücken anderer Stelen sowie in über 30 Tontafelabschriften aus dem zweiten und ersten Jahrtausend v. Chr. überliefert. Auch diese Stele selbst wird häufig als „Codex Hammurapi“ bezeichnet. Sie ist heute im Louvre in Paris ausgestellt und wurde, wie auch die Bruchstücke der Basaltstelen, von französischen Archäologen in Susa gefunden, wohin sie im 12. Jahrhundert v. Chr. aus Babylonien verschleppt wurde. Aufgrund dieser guten Quellenlage ist der Text heute vollständig bekannt.

Der Text besteht aus rund 8000 Wörtern, die auf der erhaltenen Stele in 51 Kolumnen mit je rund 80 Zeilen in altbabylonischer Monumental-Keilschrift niedergeschrieben wurden. Er lässt sich grob in drei Abschnitte gliedern: einen Prolog von rund 300 Zeilen Umfang, der die göttliche Legitimation des Königs darlegt, einen Hauptteil, mit nach moderner Einteilung 282 Rechtssätzen, und einen rund 400 Zeilen umfassenden Epilog, der die Rechtschaffenheit des Königs lobt und nachfolgende Herrscher zur Befolgung der Rechtssätze auffordert. Die enthaltenen Rechtssätze, die rund achtzig Prozent des Gesamttextes einnehmen, betreffen Staatsrecht, Liegenschaftsrecht, Schuldrecht, Eherecht, Erbrecht, Strafrecht, Mietrecht und Viehzucht- sowie Sklavenrecht.

Seit seiner Publikation 1902 beschäftigen sich vornehmlich Assyriologen und Juristen mit dem Text, dessen Entstehungssituation bzw. Funktion (Sitz im Leben) bis heute nicht geklärt werden konnte. Der ursprünglichen Annahme, es handele sich um eine systematische Zusammenfassung geltenden Rechts (Gesetzeskodifikation), wurde schon früh widersprochen. Seitdem wurde diskutiert, ob es sich um eine private Rechtsaufzeichnung (Rechtsbuch), um Musterentscheidungen, Reformgesetze, einen Lehrtext oder schlicht ein sprachliches Kunstwerk handele. Diese Diskussionen konnten bis heute nicht abgeschlossen werden und hängen in erheblichem Maße mit dem fachlichen und kulturellen Hintergrund der jeweiligen Autoren zusammen. Auch die Theologie zeigte ein starkes Interesse am Codex Hammurapi, wobei vor allem eine mögliche Rezeption desselben in der Bibel kontrovers diskutiert wurde.

Immer wieder wird der Codex Hammurapi als ältestes „Gesetz“ der Menschheit bezeichnet, eine Formulierung, die sich seit der Entdeckung der älteren Kodizes von Ur-Nammu und Lipit-Ištar – unabhängig von den genannten Kontroversen – heute nicht mehr halten lässt.

Quellen[Bearbeiten]

  • Guido Pfeifer: Die Gesetze des Königs Hammu-rapi von Babylon. In: Mathias Schmoeckel, Stefan Stolte (Hrsg.): Examinatorium Rechtsgeschichte (= Academia Iuris – Examenstraining). Carl Heymanns, Köln 2008, ISBN 978-3-452-26309-4, S. 1–4 (Kurzer Überblick).