Ammoniak

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Ammoniak (von lat. ammoniacum; Aussprache: Betonung in den nördlichen Varianten des Standarddeutschen auf der letzten Silbe; in den südlichen Varianten hingegen meist auf der ersten) ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff mit der Summenformel NH3. Es ist ein stark stechend riechendes, farbloses, wasserlösliches giftiges Gas, das zu Tränen reizt und erstickend wirkt. Ammoniak ist ein amphoterer Stoff: Unter wässrigen Bedingungen wirkt es als Base. Es bildet mehrere Reihen von Salzen: die kationischen Ammoniumsalze sowie die anionischen Amide, Imide und Nitride, bei denen ein (Amide), zwei (Imide) oder alle (Nitride) Protonen (Wasserstoffionen) durch Metallionen ersetzt sind.

Ammoniak ist eine der meistproduzierten Chemikalien und Grundstoff für die Produktion aller weiteren Stickstoffverbindungen. Der größte Teil des Ammoniaks wird zu Düngemitteln, insbesondere Harnstoff und Ammoniumsalzen, weiterverarbeitet. Die Herstellung erfolgt bislang (2022) fast ausschließlich über das Haber-Bosch-Verfahren aus den Elementen Wasserstoff und Stickstoff.

Biologisch hat Ammoniak eine wichtige Funktion als Zwischenprodukt beim Auf- und Abbau von Aminosäuren. Aufgrund der Giftigkeit größerer Ammoniakmengen wird es zur Ausscheidung im Körper in den ungiftigen Harnstoff oder, beispielsweise bei Vögeln, in Harnsäure umgewandelt. Bei Hyperammonämie ist der Ammoniakgehalt im Blut stark gesteigert, da es nicht mehr im ausreichenden Ausmaß im Körper zu Harnstoff metabolisiert (verstoffwechselt) werden kann. Ursache dafür sind oft ein Enzymdefekt im Harnstoffzyklus oder einer Beeinträchtigung der Leber. Dies kann bspw. zu Enzephaolopathie-Schüben (kurzzeitige Beeinträchtigung "Rausch-Zustand" des Gehirns) bis hin zu bleibenden Beeinträchtigungen des Körpers führen.

Ammoniak kann laut Forschung des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik zukünftig eine Schlüsselrolle als grünem Treibstoff zukommen, da niedrigere Herstellungs- und Transportkosten als bei Flüssig-Wasserstoff, Methanol und anderen Energieträgern erwartet werden.

Geschichte[Bearbeiten]

Natürlich vorkommende Ammoniumverbindungen sind schon seit langer Zeit bekannt. So wurde Ammoniumchlorid (Salmiak) schon in der Antike in Ägypten durch Erhitzen von Kamelmist gewonnen. Beim Erhitzen bildet sich Ammoniak, das durch Reaktion mit Chlorwasserstoff Ammoniumchlorid als weißen Rauch bildet. Sowohl Salmiak als auch Ammoniak leiten sich vom lateinischen sal ammoniacum ab, das wiederum auf den antiken Namen der Oase Siwa (Oase des Ammon oder Amun) zurückgeht. In der Nähe der Oase befanden sich große Salzvorkommen, allerdings handelte es sich dabei wohl um Natriumchlorid und nicht um natürlich vorkommendes Ammoniumchlorid.

Gasförmiges Ammoniak wurde erstmals 1716 von Johannes Kunckel erwähnt, der Gärvorgänge beobachtete. Isoliert wurde das Gas erstmals 1774 von Joseph Priestley. Weitere Forschungen erfolgten durch Carl Wilhelm Scheele und Claude-Louis Berthollet, die die Zusammensetzung des Ammoniaks aus Stickstoff und Wasserstoff erkannten, sowie William Henry, der das exakte Verhältnis der beiden Elemente von 1:3 und damit die chemische Formel NH3 bestimmte. Erste, jedoch erfolglose Versuche zur Synthese des Ammoniaks aus den Elementen führte Georg Friedrich Hildebrandt um 1795 durch, indem er Stickstoff und Wasserstoff in verschiedenen Mischungsverhältnissen über Wasser stehen ließ.

In größerer Menge wurde Ammoniak ab 1840 benötigt, nachdem Justus von Liebig die Stickstoffdüngung zur Verbesserung der Erträge in der Landwirtschaft entwickelt hatte. Zunächst wurde Ammoniak als Nebenprodukt bei der Destillation von Kohle gewonnen, dies war jedoch nach kurzer Zeit nicht mehr ausreichend, um die Nachfrage nach Düngemittel zu decken. Ein erstes technisches Verfahren, um größere Mengen Ammoniak zu gewinnen, war 1898 das Frank-Caro-Verfahren, bei dem Calciumcarbid und Stickstoff zu Calciumcyanamid und dieses anschließend mit Wasser zu Ammoniak umgesetzt wurden.

Ab etwa 1900 begannen Fritz Haber und Walther Nernst, mit der Erforschung der direkten Reaktion von Stickstoff und Wasserstoff zu Ammoniak. Sie erkannten bald, dass diese Reaktion bei Normalbedingungen nur in sehr geringem Umfang stattfindet und dass für hohe Ausbeuten hohe Temperaturen, ein hoher Druck sowie ein geeigneter Katalysator nötig sind. 1909 gelang es Haber erstmals, mit Hilfe eines Osmiumkatalysators Ammoniak im Labormaßstab durch Direktsynthese herzustellen. Bei BASF wurden damals von Carl Bosch andere mögliche Synthesewege bearbeitet. Die Ergebnisse Habers führten zur Entscheidung, sein Verfahrenskonzept, das spätere Haber-Bosch-Verfahren, für die Produktion im industriellen Maß auszuarbeiten. Dies gelang nach Überwindung der durch das Arbeiten unter hohem Druck verursachten technischen Probleme 1910 im Versuchsbetrieb. 1913 wurde bei BASF in Ludwigshafen die erste kommerzielle Fabrik zur Ammoniaksynthese in Betrieb genommen. Dabei wurde ein inzwischen von Alwin Mittasch entwickelter Eisen-Mischkatalysator anstatt des teuren Osmiums genutzt. Produktionsanlagen nach diesem Verfahren wurden nach kurzer Zeit in großem Maßstab gebaut (Oppau, Leuna). Die Ammoniakproduktion beruht auch heute noch auf den Prinzipien diese Verfahrens. 1918 erhielt Fritz Haber für die Entwicklung der Ammoniaksynthese den Chemie-Nobelpreis, 1931 zusammen mit Friedrich Bergius auch Carl Bosch für die Entwicklung von Hochdruckverfahren in der Chemie.

Über die genauen Abläufe der Reaktion am Katalysator war dagegen lange Zeit nichts Genaues bekannt. Da es sich hierbei um Oberflächenreaktionen handelt, konnten sie erst nach der Entwicklung geeigneter Techniken wie dem Ultrahochvakuum oder dem Rastertunnelmikroskop untersucht werden. Die einzelnen Teilreaktionen der Ammoniaksynthese wurden dabei von Gerhard Ertl identifiziert, der hierfür auch den Nobelpreis für Chemie 2007 erhielt.

Die Reaktion von Ammoniak zu Salpetersäure wurde erstmals ab 1825 von Frédéric Kuhlmann untersucht. Ein technisch anwendbares Verfahren für die Salpetersäuresynthese aus Ammoniak wurde mit dem heutigen Ostwald-Verfahren Anfang des 20. Jahrhunderts von Wilhelm Ostwald entwickelt. Dieses wurde nach Einführung des Haber-Bosch-Verfahrens technisch wichtig und konnte die Herstellung aus dem natürlich vorkommenden Chilesalpeter (Natriumnitrat) ablösen, was die Versorgung der Rüstungsindustrie Deutschlands im Ersten Weltkrieg sicherstellte.

Quellen[Bearbeiten]

  • H. R. Christen, G. Meyer: Grundlagen der allgemeinen und anorganischen Chemie. Diesterweg, 1997