Chemische Bindung

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Die Chemische Bindung ist eine der wichtigsten Grundlagen der Chemie, denn die Bildung von Bindungen ist die Grundlage dafür, dass sich Moleküle und damit chemische Verbindungen bilden können. Chemische Bindungen liegen vor, wenn zwei oder mehrere Atome oder Ionen stark miteinander verbunden sind und dadurch chemischen Verbindungen bilden. Dass es überhaupt zur Ausbildung von chemischen Bindungen kommt, beruht darauf, dass es für die betroffenen Atome oder Ionen energetisch günstiger ist, mit geeigneten Bindungspartnern verbunden zu sein, als separat in Form von einzelnen, ungebundenen Teilchen vorzuliegen. Grundlage der Ausbildung von Bindungen sind elektrostatische Wechselwirkungen oder Wechselwirkungen der Elektronen zwischen zwei oder mehreren Atomen. In vielen Fällen spielen beide Arten von Wechselwirkungen eine Rolle.

Zur Beschreibung einer Bindung sind zwei Parameter wichtig, die sich experimentell bestimmen und untersuchen lassen, die Bindungslänge als Maß für den Abstand zweier Atomkerne und die Bindungsenergie, als Maß für die Stärke einer Bindung.

Bei chemischen Bindungen werden verschiedene Arten unterschieden. Bei Verbindungen vom Typ der Salze werden Ionenkristalle durch die auf elektrostatischen Wechselwirkungen beruhenden ionischen Bindungen gebildet. In Metallen liegen metallische Bindungen vor, die sich dadurch auszeichnen, dass die beteiligten Elektronen in einem Gitter, gebildet aus Metallkationen, frei beweglich sind. Dagegen beruht die Bildung von Molekülen und Komplexen auf lokalisierbaren kovalenten Bindungen zwischen Atomen, die auf der Bildung von Elektronenpaaren basieren. Dabei kann man bei den lokalisierbaren Elektronenpaarbindungen zusätzlich unterscheiden zwischen der kovalenten Bindung, bei der beide Atome jeweils ein Elektron zur Bindung beitragen, und der koordinativen Bindung in Komplexen, bei der das eine Elektronenpaar des Liganden mit einem leeren Orbital des Zentralatoms wechselwirkt. In speziellen Fällen können Mehrzentrenbindungen auftreten. Metallische, ionische und kovalente Bindungen sind Idealisierungen der chemischen Bindungen.

Mitunter werden auch schwache Wechselwirkungen, wie die Van-der-Waals-Wechselwirkungen, Dipol-Wechselwirkungen und Wasserstoffbrückenbindungen zu den chemischen Bindungen gezählt. Jedoch sind diese Bindungen keine stabilen chemischen Bindungen, sondern schwache Anziehungskräfte, die zwischen einzelnen Molekülen wirken.

Für die Beschreibung der Bindungen in Molekülen wurden in der theoretischen Chemie verschiedene Theorien aufgestellt, die jedoch alle nur möglichst exakte Näherungen der tatsächlichen Bindungssituation sind. Zu ihnen zählen die Valenzstruktur- und die Molekülorbitaltheorie.

Bindungen lassen sich durch die Zuführung von Energie, etwa in Form von Wärme oder Licht, spalten. Die dadurch entstehenden einzelnen Atome oder Moleküle haben häufig eine hohe Neigung, sich erneut zu binden. Die Neubindung kann an der vorher gespaltenen Stelle stattfinden, oder sie erfolgt an anderen Atomen oder Molekülen. Dies ist eine der Grundlagen für chemische Reaktionen.

Geschichte[Bearbeiten]

Die Entwicklung von verschiedenen Theorien zur chemischen Bindung ist eng mit der Entwicklung von Theorien und Experimenten zur Gestalt des einzelnen Atoms verbunden. Die ersten konkreten Theorien wurden nach der Entdeckung des Elektrons durch Joseph John Thomson 1897 aufgestellt. In seinem Atommodell stellte Thomson sich vor, dass die chemischen Bindungen auf elektrostatischen Kräften beruhen, die durch den Transfer von einem zum anderen Atom entstehen. Dadurch ergab sich zunächst die Annahme, dass chemische Bindungen immer polar aufgebaut sein müssen.

Auf Grund der Eigenschaften organischer Verbindungen, die nicht mit polaren Bindungen zu erklären waren, und Versuchen mit Kanalstrahlen wurde bald klar, dass es auch eine unpolare Bindung geben muss. Gilbert Lewis vermutete erstmals 1916, dass die unpolare Bindung auf gepaarten Elektronen beruht. Diese Theorie war auch mit den Atommodellen von Rutherford und Bohr vereinbar, die inzwischen das Thomson'sche Modell abgelöst hatten.

Mit der Entwicklung der Quantenmechanik und vor allem der Aufstellung der Schrödingergleichung durch Erwin Schrödinger 1926 konnten genauere Theorien der Bindung aufgestellt werden. Die erste quantenmechanische Theorie wurde mit der Valenzstrukturtheorie 1927 durch Walter Heitler und Fritz London entwickelt. Die ursprüngliche Theorie war zunächst nur für das einfachste Molekül, das H2+-Ion aus zwei Protonen und einem Elektron gültig. Linus Pauling erweiterte die Theorie durch die Einführung des Orbitals und der Hybridisierung umfangreich, so dass die Theorie auf kompliziertere Moleküle angewendet werden konnte.

Ebenfalls im Jahr 1927 wurde von Friedrich Hund und Robert Mulliken die genauere Molekülorbitaltheorie aufgestellt. Auch diese war zunächst nur für einfache Moleküle anwendbar, wurde jedoch nach und nach erweitert, beispielsweise 1930 von Erich Hückel durch eine genauere Erklärung von Mehrfachbindungen mit der Erklärung der π-Bindung.

Nachdem die grundlegenden quantenmechanischen Theorien aufgestellt waren, versuchten verschiedene Forscher, über diese Theorien beobachtete Phänomene der organischen oder anorganischen Chemie zu erklären. Wichtige Beispiele sind die Ligandenfeldtheorie für Komplexe, die 1951 von Hermann Hartmann und F. E. Ilse veröffentlicht wurde und die 1968 von Robert B. Woodward und Roald Hoffmann aufgestellten Woodward-Hoffmann-Regeln, mit denen eine bestimmte Art organischer Reaktionen, die pericyclischen Reaktionen auf Basis der Molekülorbitaltheorie verstanden werden konnte.

Mit der Entwicklung des Computers ab etwa 1950 wurden auch kompliziertere theoretische Berechnungen zur chemischen Bindung möglich. Eine wichtige Entwicklung dafür waren unter anderem die der Roothaan-Hall-Gleichungen durch Clemens C. J. Roothaan und George G. Hall im Jahr 1951, die in der Hartree-Fock-Methode wichtig sind. Ab 1964 wurde von Walter Kohn schließlich mit der Dichtefunktionaltheorie eine weitere Möglichkeit zur theoretischen Berechnung der chemischen Bindung entwickelt. Er erhielt dafür den Chemie-Nobelpreis 1998.