Ostfriesland zur Zeit des Nationalsozialismus

Aus Twilight-Line Medien

Die Zeit des Nationalsozialismus in Ostfriesland umfasst die Geschichte der Region vom 30.01.1933 bis zum 08.05.1945.

Ostfriesland im Nationalsozialismus[Bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten]

Ostfriesland als vorwiegend ländlich geprägte Region hatte nach dem Ersten Weltkrieg eine wirtschaftlich relativ günstige Phase erlebt. Mit ihren Überschüssen bedienten die Bauern einen Markt, der schnell wuchs. Während industrialisiertere Regionen und Städte erst später von der Weltwirtschaftskrise getroffen wurden, ergriff diese die Region jedoch früh. Ab 1924 kam es zu einem starken Preisverfall bei Agrarprodukten um bis zu 40%. Dies führte beispielsweise in der stark von der Landwirtschaft abhängigen Stadt Aurich zu einer fatalen Kettenreaktion. Der Wert der Höfe halbierte sich, die Landbevölkerung verarmte. Dadurch kam es häufig zu Zwangsversteigerungen unter Wert, was mit einer gewissen Verzögerung die Banken in eine Krise führte und schließlich Handwerk und Handel mit sich riss. Maßnahmen der Bezirksregierung, um die Konjunktur wieder anzukurbeln, wie Investitionen in Deichbau- und Landgewinnungsprojekte, die Moorkultivierung und den Bau mehrerer Schöpfwerke, blieben zumeist wirkungslos, was den direkten wirtschaftlichen Erfolg betraf. Der Landesausbau insgesamt profitierte jedoch.

Längerer Erfolg war vor allem zwei Maßnahmen beschieden: Seit 1925 errichteten die Nordwestdeutschen Kraftwerke, die 1921 den Torfabbau in Wiesmoor von der staatlichen Domänenverwaltung übernommen hatten, die mit 30 Morgen (rund 75.000 Quadratmeter) damals größten Treibhausanlagen Europas, die die Abwärme des Torfkraftwerks nutzten. In Leer wurde ab 1923 auf Initiative des Bürgermeisters Erich vom Bruch die bis dahin landwirtschaftlich genutzte Nesse-Halbinsel am Hafen überplant. Mehrere Industriebetriebe siedelten sich an, darunter eine Fabrik der Deutschen Libby GmbH. Auch entstand dort 1927 der modernste und größte Viehmarkt im Deutschen Reich.

Die Stadt Emden war zudem durch die Ruhrbesetzung durch Frankreich von ihrem Hauptmarkt, dem Ruhrgebiet, abgeschnitten. Die Ein- und Ausfuhr von Erz und Kohle nahmen deutlich ab. Dadurch kam die heimische Industrie, namentlich der Schiffbau zum Erliegen. Die folgenden Jahre waren geprägt durch eine hohe Arbeitslosigkeit, Streiks und Rezession. In dieser Zeit breitete sich der bis dato unbedeutende Antisemitismus in Ostfriesland aus, der sich unter anderem gegen den jüdischen Viehhandel richtete, dem manche in der Zeit der damaligen Agrarkrise mit Vorurteilen und Misstrauen begegneten. Vor allem der evangelische Pastor Ludwig Münchmeyer aus Borkum stachelte mit antisemitischen Hasstiraden das Publikum auf und die aus der Arbeiterschaft beziehungsweise dem Handwerk stammenden Agitatoren fanden aufgrund ihrer beruflichen wie sozialen Nähe zum Proletariat vor allem in den größeren Orten gute Resonanz. Dies führte auch in Ostfriesland zur Bildung zionistischer Gruppen, die ihre Zukunft in Palästina sahen. Die überwältigende Mehrheit der Juden blieb jedoch in Ostfriesland und war ab 1933 der Verfolgung durch die Nationalsozialisten schutzlos ausgeliefert.

1932 wurde in Ostfriesland eine Kreisreform durchgeführt. Der Kreis Weener wurde aufgelöst und in den Landkreis Leer integriert. Der Kreis Emden wurde ebenfalls aufgelöst, nachdem die kreisfreie Stadt Emden bereits vier Jahre zuvor einige Gebiete des Kreises eingemeindet hatte. Der Großteil des Kreises Emden, darunter das Gebiet der heutigen Gemeinden Krummhörn, Hinte und Wirdum, kam zum Landkreis Norden, ein kleinerer Teil (Oldersum, Tergast) zum Landkreis Leer, der dadurch nahezu seine heutige Größe erreichte.

Bei den Reichstagswahlen von 1932 wählten 44,2 % der Stimmberechtigten im Regierungsbezirk Aurich die NSDAP. Die Wahl von 1933 besiegelte schließlich das Ende der Demokratie auch in Ostfriesland.