Reichsgraf
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Reichsgraf war eine Standesbezeichnung im Heiligen Römischen Reich. Es handelt sich jedoch eher um einen historisch definierten Rechtsbegriff von mehrschichtiger Bedeutung als um einen namensrelevanten Adelstitel. Ein solcher war hingegen der Titel Graf, von dem der Reichsgraf eine Unterkategorie mit besonderer Bedeutung darstellt.
Begriffsentwicklung[Bearbeiten]
Die komplizierten Verfassungsstrukturen des Alten Reiches führten dazu, dass es zwei grundsätzlich zu unterscheidende Gruppen von „Reichsgrafen“ gibt:
- Die ursprünglich so bezeichneten gräflichen Inhaber reichsunmittelbarer Territorien, die Sitz und Stimme im Reichstag des Heiligen Römischen Reiches hatten und dadurch zu den sogenannten Reichsständen gehörten. Sie werden zum Hohen Adel gezählt. Nach 1803 verloren sie ihre halbsouveräne Stellung durch Mediatisierung (meist infolge des Reichsdeputationshauptschlusses), also durch Angliederung an benachbarte größere Territorien, und wurden danach als „Standesherren“ bezeichnet. Sie wurden also ihren früheren „Nachbarn“ (als neuen Landesherren) unterstellt. Allerdings behielten sie die Ebenbürtigkeit mit den weiter regierenden Fürstenhäusern und durften weiterhin über ihren Wappen einen Fürstenhut führen. Im Alten Reich führten sie teilweise die Erlauchtkrone, denn es stand ihnen die Anrede Erlaucht zu. Im Gothaischen Genealogischen Hofkalender (heute im Gothaischen Genealogischen Handbuch) werden sie in der (roten) Bandreihe Fürstliche Häuser in der Zweiten Abteilung: Genealogie der deutschen Standesherren geführt; es bestand demnach nur ein geringer Rangunterschied zwischen Standesherren fürstlichen und reichsgräflichen Ranges.
- Die bloßen Titulargrafen, die ihren Grafentitel „vom Reich“ (das heißt vom Reichsoberhaupt, dem römisch-deutschen Kaiser oder vertretungsweise einem Reichsvikar) als Rangerhöhung erhalten haben, aber keine Territorien mit Sitz und Stimme im Reichstag regierten, wurden im Lauf der Zeit ebenfalls als Reichsgrafen bezeichnet. Sie zählen aber zum Niederen Adel und standen im Rang auch nicht über solchen Grafen, die ihre Titel von anderen Monarchen erhalten haben. Im Gotha werden sie in der (grünen) Bandreihe Gräfliche Häuser geführt, ebenso wie die von anderen Souveränen erhobenen Grafen. Ihnen stand die Anrede Hochgeboren zu und über ihren Wappen führen sie die neunzackige Grafenkrone.
Quellen[Bearbeiten]
- August Wilhelm Heffter: Die Sonderrechte der souveränen und der mediatisierten vormals reichsständischen Häuser Deutschlands. 1871, S. 10, zum Thema der Reichsstandschaft.