Titan (U-Boot): Unterschied zwischen den Versionen

Aus Twilight-Line Medien
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 16: Zeile 16:


Die ''Titan'' war nicht von einer unabhängigen [[Klassifikationsgesellschaft|Prüfstelle]] zertifiziert. Das auf [[Internationale Gewässer|internationalen Gewässern]] geltende [[Seerecht]] schreibt eine derartige Prüfung nicht vor.
Die ''Titan'' war nicht von einer unabhängigen [[Klassifikationsgesellschaft|Prüfstelle]] zertifiziert. Das auf [[Internationale Gewässer|internationalen Gewässern]] geltende [[Seerecht]] schreibt eine derartige Prüfung nicht vor.
==Geschichte==
Der Hersteller von [[Faserverbundwerkstoff|Faserverbundbauteilen]] Spencer Composites hatte bereits die Spezifikationen für den ''[[DeepFlight|DeepFlight Challenger]]'' entwickelt und erhielt von ''OceanGate'' den Auftrag, ein U-Boot für eine maximale [[Wassertiefe|Tauchtiefe]] von 4.000 m zu entwickeln. In dieser Wassertiefe herrscht ein hydrostatischer Druck von rund 400 bar, der als [[Außendruck]] auf das Boot wirkt, da im Inneren des Boots lediglich ungefähr [[Atmosphärendruck]] herrscht. Für einen [[Sicherheitsfaktor]] von 2,25 wurde eine [[Wanddicke]] von 114 mm als ausreichend errechnet. Die Titan hatte eine 127 mm dicke Außenhülle.
Der Rumpf wurde dementsprechend aus 480 Lagen von [[Unidirektional|unidirektionalen]] [[Prepreg]]-[[Kohlenstofffaser]]/[[Epoxidharz]]-[[Gelege (Textiltechnik)|Gelegen]] in axialer Richtung und nass in Epoxidharz gewickelten Kohlenstofffasern in Reifenrichtung hergestellt.
Anschließend wurde der Zylinder in [[Folie]] verpackt und 7 Tage lang in einem [[Ofen]] bei 137 °C [[Vernetzung (Chemie)|ausgehärtet]]. Der Rumpfzylinder hatte keinerlei Durchbrüche.
2016 wurde ein [[Modell]] des Tauchbootes im [[Maßstab (Verhältnis)|Maßstab]] 1:3 gebaut, das vier Drucktests unterzogen wurde. Basierend auf den Ergebnissen dieser Tests wurde die ''Titan'' konstruiert und gebaut. Erste bemannte Tauchfahrten fanden 2018 im [[Puget Sound]], einer Bucht an der Nordwestküste des US-Bundesstaats [[Washington (Bundesstaat)|Washington]], statt. Im Juni 2018 folgte dann eine Reihe von unbemannten Tauchgängen in bis zu 4000 m Tiefe, um die Festigkeit des Druckkörpers zu testen. Von Juli bis Dezember wurden vor den [[Bahamas]] bemannte Testtauchgänge in sukzessive größeren Tiefen absolviert, und am 10. Dezember 2018 erfolgte der erste bemannte Tauchgang auf 4.000 m Tiefe, bei dem das Tauchboot von Unternehmensgründer Stockton Rush gesteuert wurde.
===Einsätze===
Die ''Titan'' wurde laut Betreiber für wissenschaftliche Erkundungen, [[Erhebung (Empirie)|Datenerhebung]], [[Medienproduktion]]en und Tiefseetests, aber auch für [[Tourismus|touristische]] Zwecke wie Tauchgänge zur ''Titanic'' eingesetzt. So wurden von OceanGate seit dem Jahr 2021 etwa 60 Privatkunden und 15 bis 20 Wissenschaftler zur Titanic gebracht.
===Verschwinden===
Die ''Titan'' traf am frühen Sonntagmorgen des 18.06.2023 mit dem Mutterschiff ''Polar Prince'', einem ehemaligen Eisbrecher der [[Kanadische Küstenwache|kanadischen Küstenwache]] (CCG), an der Unglücksstelle der ''Titanic'' ein. Sie begann ihren Tauchgang zum Wrack gegen 4 Uhr morgens Ortszeit UTC−3:30, dabei wurde sie vom OceanGate-CEO Stockton Rush gesteuert. Der Kontakt zum U-Boot sei nach etwa einer Stunde und 45 Minuten abgebrochen. Die Signale zur Lokalisierung und die Kommunikation rissen gleichzeitig ab. Normalerweise brauchte die ''Titan'' für den Abstieg zur '''Titanic''', die in einer Tiefe von etwa 3.800 m liegt, rund 3 Stunden. Für einen Tauchgang (Abstieg, Erkundung, Aufstieg) waren in der Regel 8 Stunden eingeplant.
An Bord der Titan befanden sich fünf Insassen, darunter drei Touristen, die von der Firma als „mission specialists“ bezeichnet wurden und jeweils 250.000 US-Dollar für die Expedition zum Wrack bezahlt hatten. Die ''Titan'' sollte über Sauerstoffreserven für 92 bis 96 Stunden verfügen. Die Atemluft an Bord der Titan wäre demnach am 22.06.2023 gegen Mittag UTC aufgebraucht gewesen.
====Personen an Bord====
*[[Stockton Rush]] (* 1962), US-amerikanischer Gründer des Unternehmens ''OceanGate''
*[[Paul-Henry Nargeolet]] (* 1946), französischer Tiefseeforscher und ''Titanic''-Experte
*[[Hamish Harding]] (* 1964), britischer Luftfahrtunternehmer und Milliardär
*[[Shahzada Dawood]] (* 1975), pakistanisch-britischer Geschäftsmann, Sohn von [[Hussain Dawood]] und Inhaber der [[Dawood Hercules Corporation]]
*[[Suleman Dawood]] (* 2004), Sohn von Shahzada Dawood und der Deutschen Christine Dawood


[[Kategorie:U-Boot]][[Kategorie:USA]]
[[Kategorie:U-Boot]][[Kategorie:USA]]

Version vom 30. Juni 2023, 20:26 Uhr

Die Titan war ein Tiefsee-U-Boot des US-amerikanischen Unternehmens OceanGate. Seit 2021 wurde es unter anderem für Tauchfahrten zum Wrack des 1912 gesunkenen Passagierdampfers Titanic eingesetzt. Während einer Fahrt zum Wrack implodierte die Titan vermutlich am 18.06.2023 in etwa 3.300 m Tiefe. Dabei starben alle 5 Personen an Bord des U-Boots.

Beschreibung

Der Mittelteil des Druckkörpers des Tauchboots bestand aus einem zylindrischen Rohr aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff, dessen Wanddicke 127 mm betrug und aus 800 Faserlagen gefertigt wurde. Zwei Halbkugeln aus Titan schlossen über Passringe, ebenfalls aus Titan, das Rohr. In die vordere Halbkugel war axial ein Bullauge eingebaut, die hintere war mit einer nach hinten/oben spitz zulaufenden Stromlinienverkleidung versehen, unter der sich auch ein Sauerstofftank und Elektronik befanden. Das Plexiglas des Bullauges mit 381 mm Durchmesser war in ein trichterförmiges Metallteil gefasst. Dieser Rahmen war mit 16 Schrauben frontal an eine kreisringförmige Passfläche geschraubt. Dieses Bullauge war das einzige Beobachtungsfenster. Zum Ein- und Ausstieg wurde die an einem Scharniergelenk befestigte vordere Halbkugel weggeschwenkt.

Vier [[Kortdüse|ummantelte[[ Propeller trieben das Boot an. Sie waren direkt an je einem schlanken Elektromotor montiert. Zwei davon waren, feststehend, längs der Bootsachse orientiert und vorne seitlich unten am Zylinder des Druckkörpers montiert, zwei waren seitlich oben etwas hinter der halben Länge des Zylinders montiert und ungefähr vertikal orientiert.

Für den Aufstieg gab es drei unabhängige Auftriebsarten: Die Elektromotoren, das Ausblasen von Ballasttanks und das Ausklinken von Abtriebsgewichten, was auch bei völligem Stromausfall eingeleitet werden konnte.

Samt dem seitlich überstehenden Antrieb hatte das Tauchboot eine Länge von 6,70 m, war etwa 2,80 m breit (Innendurchmesser 1,42 m, 2,50 m hoch und hatte eine Masse von 9.525 kg. Das Tauchboot musste von einem Mutterschiff zum Ort des Tauchgangs transportiert werden. Laut Hersteller erreichte es eine Geschwindigkeit von 3 Knoten. Das speziell für die Tiefsee konzipierte Tauchboot konnte Tiefen von bis zu 4.000 m erreichen und bot Platz für maximal 5 Personen.

Die Titan hatte kein eigenes Navigationssystem, sondern war für die Fahrt zum Ziel auf das Begleitschiff angewiesen, das den Kurs der Titan überwachte und Kurskorrekturen mitteilte. Dazu war das Boot mit einem Transponder ausgestattet, der dem Begleitschiff die Lokalisierung ermöglichte. Da Radiowellen durch das im Meerwasser befindliche Salz gestört werden, lief die Kommunikation und Koordination zwischen Begleitschiff und Titan über akustische Unterwassertelefonie, das heißt, kurze Textnachrichten wurden in akustische Signale umgewandelt und nach Übertragung zurückübersetzt.[3] Für die Steuerung der Titan wurde eine modifizierte Version eines handelsüblichen Logitech G F710 (kabelloser Gamecontroller) eingesetzt.

Im Bug des Boots befand sich eine einfache Bordtoilette.

Die Titan war nicht von einer unabhängigen Prüfstelle zertifiziert. Das auf internationalen Gewässern geltende Seerecht schreibt eine derartige Prüfung nicht vor.

Geschichte

Der Hersteller von Faserverbundbauteilen Spencer Composites hatte bereits die Spezifikationen für den DeepFlight Challenger entwickelt und erhielt von OceanGate den Auftrag, ein U-Boot für eine maximale Tauchtiefe von 4.000 m zu entwickeln. In dieser Wassertiefe herrscht ein hydrostatischer Druck von rund 400 bar, der als Außendruck auf das Boot wirkt, da im Inneren des Boots lediglich ungefähr Atmosphärendruck herrscht. Für einen Sicherheitsfaktor von 2,25 wurde eine Wanddicke von 114 mm als ausreichend errechnet. Die Titan hatte eine 127 mm dicke Außenhülle.

Der Rumpf wurde dementsprechend aus 480 Lagen von unidirektionalen Prepreg-Kohlenstofffaser/Epoxidharz-Gelegen in axialer Richtung und nass in Epoxidharz gewickelten Kohlenstofffasern in Reifenrichtung hergestellt.

Anschließend wurde der Zylinder in Folie verpackt und 7 Tage lang in einem Ofen bei 137 °C ausgehärtet. Der Rumpfzylinder hatte keinerlei Durchbrüche.

2016 wurde ein Modell des Tauchbootes im Maßstab 1:3 gebaut, das vier Drucktests unterzogen wurde. Basierend auf den Ergebnissen dieser Tests wurde die Titan konstruiert und gebaut. Erste bemannte Tauchfahrten fanden 2018 im Puget Sound, einer Bucht an der Nordwestküste des US-Bundesstaats Washington, statt. Im Juni 2018 folgte dann eine Reihe von unbemannten Tauchgängen in bis zu 4000 m Tiefe, um die Festigkeit des Druckkörpers zu testen. Von Juli bis Dezember wurden vor den Bahamas bemannte Testtauchgänge in sukzessive größeren Tiefen absolviert, und am 10. Dezember 2018 erfolgte der erste bemannte Tauchgang auf 4.000 m Tiefe, bei dem das Tauchboot von Unternehmensgründer Stockton Rush gesteuert wurde.

Einsätze

Die Titan wurde laut Betreiber für wissenschaftliche Erkundungen, Datenerhebung, Medienproduktionen und Tiefseetests, aber auch für touristische Zwecke wie Tauchgänge zur Titanic eingesetzt. So wurden von OceanGate seit dem Jahr 2021 etwa 60 Privatkunden und 15 bis 20 Wissenschaftler zur Titanic gebracht.

Verschwinden

Die Titan traf am frühen Sonntagmorgen des 18.06.2023 mit dem Mutterschiff Polar Prince, einem ehemaligen Eisbrecher der kanadischen Küstenwache (CCG), an der Unglücksstelle der Titanic ein. Sie begann ihren Tauchgang zum Wrack gegen 4 Uhr morgens Ortszeit UTC−3:30, dabei wurde sie vom OceanGate-CEO Stockton Rush gesteuert. Der Kontakt zum U-Boot sei nach etwa einer Stunde und 45 Minuten abgebrochen. Die Signale zur Lokalisierung und die Kommunikation rissen gleichzeitig ab. Normalerweise brauchte die Titan für den Abstieg zur Titanic, die in einer Tiefe von etwa 3.800 m liegt, rund 3 Stunden. Für einen Tauchgang (Abstieg, Erkundung, Aufstieg) waren in der Regel 8 Stunden eingeplant.

An Bord der Titan befanden sich fünf Insassen, darunter drei Touristen, die von der Firma als „mission specialists“ bezeichnet wurden und jeweils 250.000 US-Dollar für die Expedition zum Wrack bezahlt hatten. Die Titan sollte über Sauerstoffreserven für 92 bis 96 Stunden verfügen. Die Atemluft an Bord der Titan wäre demnach am 22.06.2023 gegen Mittag UTC aufgebraucht gewesen.

Personen an Bord