Evolutionsbiologie

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Die Evolutionsbiologie ist ein Teilbereich der Biowissenschaften. Sie untersucht das Evolutionsgeschehen im Laufe der Erdgeschichte bis heute sowie die Evolutionsfaktoren. Zentrale Problemstellungen moderner Evolutionsbiologie sind

  • die Rekonstruktion der stammesgeschichtlichen Abläufe der Organismen,
  • das Zusammenspiel der Evolutionsfaktoren untereinander und mit der Umwelt
  • sowie die Evolution der Genomsysteme, die in enger Wechselbeziehung zu den jeweiligen Trägerorganismen stehen.

Die Evolutionsbiologie ist eng mit anderen Wissenschaftsdisziplinen verknüpft, z. B. Geologie, Paläontologie, Ökologie, Biogeographie, Anatomie/Morphologie, Physiologie, Biochemie, Verhaltensbiologie, Molekularbiologie und Genetik.

Evolutionsbiologie als wissenschaftliches Theoriensystem[Bearbeiten]

Die erstmalige textliche Erwähnung der Bezeichnung „Evolutionsbiologie“ findet sich wohl 1942 auf Englisch als evolutionary biology in Julian Huxleys bekannt gewordenem Buch Evolution: The Modern Synthesis. Im deutschen Sprachraum hat der Begriff Evolutionsbiologie erst in den 1980er Jahren voll Einzug gehalten, zuvor sprach man eher nur von der Evolution oder Evolutionstheorie, ehemals auch von der Abstammungslehre oder Deszendenztheorie.

Während Charles Darwin die Evolution, d.h. das Andersartigwerden der zu variablen Populationen zusammengeschlossenen Organismen im Verlaufe zahlreicher Generationenabfolgen, noch als Hypothese betrachtete, war für den 14 Jahre jüngeren Wallace die „Deszendenz mit Modifikation“ bereits eine Tatsache. Am Faktum der biologischen (organismischen) Evolution hat seit August Weismann (1834–1914) kein sachkundiger Biologe mehr gezweifelt, wobei Evolutionsvorgänge im Mikro- wie im Makromaßstab realhistorische Naturvorgänge darstellen. Die grundlegenden Prinzipien können teilweise experimentell und analytisch überprüft und vielfach mit altersdatierten Fossilabfolgen (einigermaßen korrekt, nie vollständig) rekonstruiert werden.

Früher sprachen Biologen von „der Evolutionstheorie“; seit der Etablierung der modernen Evolutionsbiologie ist aber deutlich, dass es keine einheitliche und alle Teilaspekte der Evolution erklärende „Generaltheorie“ gibt, sondern dass unterschiedliche Ansätze und Forschungszweige gemeinsam die wissenschaftlichen Bausteine für die komplexen Einzelprozesse erarbeiten müssen. Die Evolutionsbiologie ist somit ein vielgestaltiges Theoriensystem, das Konzepte, Erkenntnisse und Methoden von der Paläontologie bis zur Molekularbiologie integriert. Mit dem Problem des Lebensbeginns auf der Erde beschäftigt sich die chemische Evolution.

Die biologische Evolution kann zu wesentlichen Teilen als eine „Systemeigenschaft von Populationen“ gesehen werden, da mit jeder Nachkommenschaft neue Variabilität entsteht, wobei die genetisch festgelegten Informationen von denjenigen Individuen weiter gegeben werden, die sich am erfolgreichsten fortpflanzen. Häufig ist eine gute Anpassung an die jeweiligen Umweltbedingungen im weitesten Sinne eine Voraussetzung, doch gibt es auch erhebliche Zufallskomponenten bei der differenziellen Genweitergaben, speziell bei kleinen Populationsgrößen. Vielfach wird in der Analyse und Diskussion zwischen den Genotypen (dem „Erbbild“) eines Organismus und den Phänotypen (dem „Erscheinungsbild“) eines Organismus unterschieden. Für viele Fragestellungen, auch z.B. für die Auswirkungen evolutionsbiologischer Prozesse auf medizinische Befunde (im Rahmen einer Evolutionsmedizin), wird das genomische System, seine Dynamik und Evolution selber untersucht.

Evolutionsbiologische Analysemethoden umfassen somit ein großes Spektrum naturwissenschaftlicher Verfahrenstechniken. Hierzu können im Einzelfall physikalische Altersdatierungen zählen, chemische Analysen organischer Reste in den Gesteinen, zell-, entwicklungs- und molekularbiologische Studien zum Verständnis der Entstehung der vielfältigen Tier- und Pflanzengestalten, DNA-Sequenzanalysen und Stammbaum-Rekonstruktionen zum Erkennen der Verwandtschaftsverhältnisse und der Abzweigungen verschiedener Stammeslinien voneinander (z.B. Menschen- und Schimpansen-Linie) oder auch geologisch-tektonische sowie paläoklimatologische Untersuchungen zur Rekonstruktion früherer Umwelten der damaligen Organismen.