Glockenbecherkultur

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Als Glockenbecherkultur (Bell Beaker culture) wird eine kupfersteinzeitliche Kultur des mitteleuropäischen Endneolithikums bezeichnet, die in Süd-, West- und Mitteleuropa (im Osten bis nach Ungarn) ab 2600 v. Chr. aufkam, etwa bis 2200 v. Chr. andauerte und nur in Großbritannien bis ca. 1800 v. Chr. bestand. Sie stellte in diesen Regionen eine Kultur am Übergang von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit dar.

Forschungsgeschichte[Bearbeiten]

Als „Glockenbecher“ werden keramische Gefäße mit flachem Standboden und S-förmigem Profil bezeichnet, die meist flächendeckend verziert sind. Im Jahr 1900 verwendete der damals in Mainz arbeitende Prähistoriker Paul Reinecke diesen Ausdruck, den zuvor schon italienisch- und tschechischsprachige Prähistoriker benutzt hatten, und führte ihn in die deutsche Terminologie ein.

Die Einstufung der Glockenbecherkultur (GBK) als eigenständige archäologische Kultur ist strittig. Gordon Childe sah die Glockenbecherleute als Missionare, die sich, von Spanien kommend, über den atlantischen Rand Europas ausbreiteten und die Kenntnis der Kupfermetallurgie mit sich brachten. Die Ansicht, dass es sich bei der typischen Glockenbecherausstattung um die Prestigegüter einer neuen Oberschicht handelt, vertritt vor allem Stephen Shennan (UCL). Christian Strahm (Freiburg) prägte den Begriff Glockenbecherphänomen, um den Ausdruck Kultur zu vermeiden.

Edward Sangmeister kennzeichnet 1972 die Träger der Glockenbecherkultur als bewegliche, in Kleingruppen aufgegliederte Gesellschaft, geschätzt wegen ihrer Fähigkeiten im Aufsuchen, Verarbeiten und Verhandeln begehrter Werkstoffe. Der Mangel an Siedlungsfunden unterstützt die frühe Hypothese der hochmobilen „Glockenbecherleute“.

Die Glockenbecherkultur ist in Europa nicht flächig verbreitet, sondern bildete inselartige Fundkonzentrationen (zum Beispiel Südbayern). Zumindest für die frühen Phasen kann man kaum von einer „Kultur“ im engeren Sinne sprechen, da Elemente wie zum Beispiel gemeinsame Gebrauchskeramik, Haustypen oder einheitliche Bestattungssitten fehlen. Letzteres trifft jedoch für die jüngeren Phasen der Glockenbecherkultur zu. Heute wird aus archäologischer Sicht das Modell einer sozialen Schichtung vorgezogen, nach dem die zunehmende gesellschaftliche Differenzierung im ausgehenden Neolithikum zur Herausbildung privilegierter Gruppen geführt habe, welche die Möglichkeit zum Handel/Tausch von Prestigegütern über größere Entfernung hatten und wahrnahmen. In der angelsäschischen Literatur wird die Glockenbecherkultur als Bell Beaker culture bezeichnet.