Groß-Hamburg-Gesetz

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Das Gesetz über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen (Groß-Hamburg-Gesetz) war ein von der Reichsregierung Hitler am 26.01.1937 mit Wirkung vom 01.04.1937 erlassenes Gesetz, durch das das bisherige Staatsgebiet Hamburgs um volkswirtschaftlich wichtige Gebiete aus den benachbarten preußischen Landkreisen und kreisfreien Städten erweitert wurde. Dazu gehörten die Städte Altona und Wandsbek in der Provinz Schleswig-Holstein sowie Harburg-Wilhelmsburg in der Provinz Hannover, die zum 01.04.1938 Teil der Einheitsgemeinde Hamburg wurden und zusammen mit der hamburgischen Stadt Bergedorf ihre Selbstständigkeit verloren. Im Gegenzug trat Hamburg vor allem das Gebiet der ehemaligen Landherrenschaft Ritzebüttel mit seinen Inseln Scharhörn und Neuwerk sowie den Gebieten rund um Cuxhaven und weitere kleinere hamburgische Exklaven an Preußen ab. Insgesamt vergrößerte sich die Fläche Hamburgs dadurch von 415 auf 745 Quadratkilometer, die Einwohnerzahl erhöhte sich von 1,19 auf 1,68 Millionen. Im Folgeschritt wurde mit dem „Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Hansestadt Hamburg“ vom 09.12.1937 (HVVG) die Hamburgische Verfassung außer Kraft gesetzt und im Gau Hamburg die Unabhängigkeit der Hansestadt den Reichsinteressen völlig untergeordnet.

Das Gesetz regelte ebenfalls eine Reihe von weiteren Gebietsänderungen vor allem in Norddeutschland. Lübeck verlor seine 711 Jahre alte territoriale Eigenständigkeit und wurde Teil der Provinz Schleswig-Holstein. Eine Reihe von Exklaven im Grenzbereich zwischen Mecklenburg und Preußen wurden beseitigt, darunter der Domhof Ratzeburg. Der Freistaat Oldenburg trat seinen Landesteil Lübeck als Landkreis Eutin an die Provinz Schleswig-Holstein ab. Die preußische Stadt Wilhelmshaven kam zu Oldenburg. Der oldenburgische Landesteil Birkenfeld wurde zum Landkreis Birkenfeld in der Rheinprovinz.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Bemühungen, einzelne Regelungen des Gesetzes zu revidieren, die jedoch mehrheitlich nicht umgesetzt wurden. Lediglich im Cuxhaven-Vertrag von 1961 kam es zwischen Hamburg und Niedersachsen zu einem kleineren Flächenrücktausch, seitdem gehören die Inseln Neuwerk und Scharhörn in der Elbmündung wieder zu Hamburg.

Zustandekommen des Gesetzes[Bearbeiten]

Im Zuge der Industrialisierung bildete sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine ausgeprägte Konkurrenz zwischen der Hansestadt Hamburg und den angrenzenden preußischen Städten Altona, Wandsbek und Harburg heraus. Erste Gespräche zwischen Hamburg und Preußen gab es bereits seit 1922, nachdem der Hamburger Senat in den Jahren 1915 und 1921 „Denkschriften über die Erweiterung des Hamburgischen Gebiets“ an die Reichsregierung in Berlin gerichtet hatte und auch die Oberbürgermeister von Altona (Schnackenburg) und Wandsbek (Rodig) sich mehrfach für einen Anschluss an Hamburg aussprachen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen betrieb Preußen am 01.07.1927 die Stärkung von Altona und Wandsbek durch Eingemeindungen. Zugleich fusionierten Harburg und Wilhelmsburg zur Großstadt Harburg-Wilhelmsburg, und es entstanden die Großgemeinden Lokstedt, Rahlstedt und Billstedt.

Der Preußisch-Hamburgische Hafenvertrag vom 22. Dezember 1928 erleichterte die Frachtabwicklung in den Häfen Altona, Hamburg und Harburg-Wilhelmsburg deutlich.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde Carl Wilhelm Petersen am 5. März zum Rücktritt gezwungen. Die regionale Zusammenfassung von Wirtschaftszentren im NS-Staat wurde sogleich in einem Vierjahresplan verwirklicht, allerdings auf Kosten der Autonomie der beteiligten Städte.

Auf Grundlage des zweiten Gleichschaltungsgesetzes vom 07.04.1933 wurden Hermann Göring am 10.04.1933 zum Ministerpräsidenten von Preußen und Karl Kaufmann am 16.05.1933 zum Reichsstatthalter von Hamburg ernannt. Den Hamburgischen Senat repräsentierte ab 18.05.1933 Carl Vincent Krogmann als Regierender Bürgermeister unter der Aufsicht des Reichsstatthalters.

Auf Grundlage des zweiten Reichsstatthaltergesetzes vom 30.01.1935 war der Senat funktionslos geworden, und am 29.07.1936 übertrug Adolf Hitler die alleinige Führung der nun bürgermeisterlosen hamburgischen Landesregierung dem Reichsstatthalter Karl Kaufmann. Dieser wiederum degradierte Krogmann am 30.07.1936 zum Leiter der Gemeindeverwaltung. Bereits im November 1936 kam es zu einem Treffen zwischen Göring, Kaufmann und Krogmann wegen verwaltungsrechtlicher Grenzprobleme zwischen Preußen und Hamburg. Hermann Göring, der gleichzeitig Beauftragter für den Vierjahresplan war, erteilte Kaufmann gewisse Weisungsbefugnisse gegenüber seinen preußischen Dienststellen, um an Hamburg angrenzende preußische Gebiete für ein künftiges Groß-Hamburg zu beanspruchen.

Am 26.01.1937 wurde das Groß-Hamburg-Gesetz erlassen. Durch dieses Gesetz wurde Hamburg mit Wirkung zum 01.04.1937 um die bis dahin preußischen Städte Altona, Harburg-Wilhelmsburg und Wandsbek sowie 27 Gemeinden und zwei Gemeindeteile aus den Landkreisen Stormarn, Pinneberg, Herzogtum Lauenburg, Harburg und Stade erweitert.

Nach einer zwölfmonatigen Übergangsphase, während der die einzelnen Städte und Gemeinden fortbestanden, wurde zum 1. April 1938 durch das in Artikel 1 des Groß-Hamburg-Gesetzes bereits angekündigte Reichsgesetz über die Verfassung und Verwaltung der Hansestadt Hamburg aus dem gesamten Land Hamburg die Einheitsgemeinde Hansestadt Hamburg gebildet. Gleichzeitig setzte dieses Gesetz die Hamburgische Verfassung außer Kraft. Beide Gesetze wurden von Hermann Göring als preußischem Ministerpräsidenten mitunterzeichnet.

Zur Umsetzung des Groß-Hamburg-Gesetzes wurden im Zeitraum vom 15.02.1937 bis 24.05.1939 acht Durchführungsverordnungen erlassen.

In der vierten sicherte sich Hamburg in Cuxhaven weitreichende Rechte an den Hafenanlagen (Amerikahafen, Steubenhöft) und weiteren Flächen in Ufernähe zur möglichen Errichtung eines Hamburger Vorhafens in der Elbmündung.

Quellen[Bearbeiten]

  • Hartmut Hohlbein (Hrsg.): Vom Vier-Städte-Gebiet zur Einheitsgemeinde. Altona, Harburg-Wilhelmsburg, Wandsbek gehen in Groß-Hamburg auf. Landeszentrale für Politische Bildung, Hamburg 1988.