Internationale Organisation (Völkerrecht)

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Eine Internationale Organisation oder zwischenstaatliche Organisation (intergovernmental organization, IGO) im völkerrechtlichen Sinne ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Staaten oder anderen Völkerrechtssubjekten, der auf Dauer angelegt ist, sich in der Regel über nationale Grenzen hinweg betätigt und überstaatliche Aufgaben erfüllt. Wesentliches Merkmal einer solchen Organisation ist, dass sie mindestens ein Organ hat, durch das sie handelt. Im Jahr 2006 waren weltweit etwa 38.000 Organisationen tätig, jährlich kommen ca. 1.200 neue hinzu. Prominente Beispiele sind die Vereinten Nationen und die Europäische Union.

Von den internationalen bzw. zwischenstaatlichen Organisationen im Sinne des Völkerrechts sind die internationalen Nichtregierungsorganisationen (INGO) abzugrenzen, die in den Sozialwissenschaften ebenfalls als Internationale Organisationen bezeichnet werden. Im Unterschied zu den IGOs besteht hier nur ein Zusammenschluss nationaler Vereine, nicht von Staaten.

Geschichte[Bearbeiten]

Das Konzept der Internationalen Organisationen in ihrer heutigen Gestalt hat sich insbesondere nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entwickelt. Mit dem rasanten zivilisatorischen Fortschritt in den Folgejahren stieg das zwingende Bedürfnis der Staaten zu einer immer engeren und komplexeren Zusammenarbeit auf nahezu allen Gebieten menschlichen Wirkens. Internationale Organisationen übernehmen hierbei fundamentale und vielfältige Aufgaben.

Die Anfänge dieser Zusammenarbeit reichen bis auf den Wiener Kongress von 1815 zurück. Die restaurativen Bestrebungen der teilnehmenden Staaten fanden ihren Ausdruck auch und insbesondere in der Erkenntnis, gemeinsame Interessen nur durch gemeinsames Handeln effizient durchsetzen zu können. Eines der bedeutendsten Ergebnisse des Kongresses in dieser Hinsicht war die Gründung der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, die – wenn auch mit mehrfacher Änderung ihrer Rechtsgrundlage – bis heute arbeitet. Sie ist damit nicht nur die erste, sondern auch die älteste Internationale Organisation der Geschichte.

Eine erste Blütezeit erfuhren Internationale Organisationen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Gründung zahlreicher Verwaltungsunionen. Zu den bedeutendsten dieser sog. Internationalen Ämter zählen die Internationale Fernmeldeunion von 1865 und der Weltpostverein von 1874. Auch diese beiden Organisationen existieren bis heute weitgehend unverändert fort.

Bis zum Ersten Weltkrieg beschränkten sich die Internationalen Organisationen in der Regel auf eine Überwachung der vertraglichen Verpflichtungen ihrer Mitgliedstaaten sowie eine Koordination der Zusammenarbeit der jeweiligen nationalen Verwaltungen. Mit dem 1919 gegründeten Völkerbund gingen die Staaten einen entscheidenden Schritt weiter, indem sie eine Organisation schufen, die über Zuständigkeiten verfügte, die weit umfassender waren als bei jeder anderen damaligen Einrichtung. Diese beschränkten sich nicht auf schlichte Verwaltungsaufgaben der Staaten, sondern beinhalteten insbesondere Mechanismen zur Friedenssicherung und Konfliktlösung. Auch wenn diese Mechanismen nach heutigen Maßstäben vergleichsweise schwach ausgeprägt waren und auch schon damals Organisationen existierten, die sich mit Einzelaspekten der Friedenssicherung beschäftigten – wie zum Beispiel der Ständige Schiedshof (PCA) von 1899, so war die Kumulation der Zuständigkeiten in einer einzigen Organisation ein Novum.

Die 1945 gegründeten Vereinten Nationen (UN) setzten den Gedanken des Völkerbunds fort. Ihre Gründungsstaaten vertraten den Anspruch, den Schwächen des Völkerbunds in Struktur und Befugnissen – die nach vielfach geäußerter Sicht nicht geeignet waren, den Zweiten Weltkrieg zu verhindern – Rechnung getragen zu haben. Ob diese Einschätzung zutrifft, wird sich wohl kaum jemals abschließend beurteilen lassen. Heute stellen die Vereinten Nationen den Prototyp einer jeden Internationalen Organisation dar.

Gründung[Bearbeiten]

Internationale Organisationen werden durch mindestens zwei Völkerrechtssubjekte ins Leben gerufen. Diese sind überwiegend Staaten, können aber auch z. B. andere Organisationen sein.

Regelmäßig beruhen sie auf völkerrechtlichen Verträgen. Diese Gründungsverträge – häufig als Charta oder Satzung bezeichnet – werden in der überwiegenden Zahl der Fälle auf Staatenkonferenzen erarbeitet, an denen eigens hierfür berufene Staatenvertreter teilnehmen. Sie legen insbesondere Namen und Sitz der Organisationen, ihre Aufgaben, die ihr zu ihrer Aufgabenerfüllung zustehenden Kompetenzen, ihre inneren Organstrukturen, die Arbeitsweise, die Finanzierung, die Vorrechte und Immunitäten ihrer Mitarbeiter, das Inkrafttreten der Gründungsverträge sowie die Möglichkeiten des Austritts der Mitglieder, der Änderung der Verträge und der Auflösung der Organisationen fest.

Neben dem Vertragsschluss existieren noch andere Formen der Gründung einer Internationalen Organisation. So können sie sich auch aus einer Staatenpraxis heraus entwickeln. Als Beispiel ist hier insbesondere die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu nennen. Und auch die Europäische Union (EU) wurde bereits vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon von einem Teil des Schrifttums als Internationale Organisation anerkannt.

Als eine weitere Variante der Gründungsmöglichkeiten ist Interpol zu nennen. Diese Organisation wurde 1956 durch eine Änderung der Statuten ihrer Vorgängerorganisation – der Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission – gegründet. Beschließende Mitglieder waren hierbei die Polizeidienststellen ihrer Heimatstaaten. Schließlich ist noch auf den Nordischen Rat hinzuweisen, der 1952 durch Beschlüsse der Parlamente seiner Mitgliedstaaten entstanden ist.

Gemeinsames Moment aller Gründungsakte ist eine übereinstimmende Willensäußerung von Völkerrechtssubjekten, also insbesondere von Staaten. Welches staatliche Organ diesen Willen nach außen betätigt, ist unerheblich, solange sich der Wille auf ein völkerrechtlich vertretungsbefugtes Organ zurückführen lässt. Sowohl spezielle Staatenvertreter als auch Parlamente und Polizeidienststellen sind insoweit geeignet, als entsprechend bevollmächtigte Organe aufzutreten.

Da an der Entstehung der Internationalen Organisationen immer auch Völkerrechtssubjekte beteiligt sind, handelt es sich bei dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) um keine solche Organisation. Das IKRK wurde von Privatpersonen als Verein nach Schweizer Recht gegründet. Es gilt allerdings als ein nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt; insoweit ist es den meisten Internationalen Organisationen zumindest ähnlich, wenngleich sein diesbezüglicher Status ganz ausnahmsweise originärer und nicht gekorener Natur ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Malteserorden, der ebenfalls als Völkerrechtssubjekt gilt, ohne von Völkerrechtssubjekten gegründet worden zu sein; sein diesbezüglicher Status ist allein historisch bedingt.