Lebensraum

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In den biologischen Wissenschaften entspricht der Begriff Lebensraum den Begriffen „Biom“ (Großlebensraum, in erster Linie nach typischen Vegetationsformen unterschieden – etwa „Laubwald“, „Steppe“, „Tundra“ oder „Wüste“), „Biotop“ (kleinste Lebensgemeinschaft verschiedener Arten) sowie „Habitat/Standort“ (Lebensraum bestimmter Tier- oder Pflanzenarten in einem Biotop) oder auch „Biosphäre“ (gesamter Lebensraum aller Lebewesen).

In den Humanwissenschaften bezeichnet der Begriff den (bewohnten oder beanspruchten) Raum einer sozialen Gruppe. Karriere machte der Begriff in der Geopolitik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus, was seine Verwendung seither erheblich beeinträchtigt.

„Lebensraum“ als politischer Begriff[Bearbeiten]

Hintergrund: der Kolonialismus[Bearbeiten]

Die Diskussion über den Lebensraum von Völkern entwickelte sich im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit dem imperialistischen Kolonialismus. Sie erhielt ihre wesentlichen Impulse aus der im 19. Jahrhundert massenhaft werdenden europäischen Auswanderung nach Übersee, vor allem in die USA. Sie war gebunden an den Aufschwung nationalen Selbstbewusstseins in den europäischen Nationalstaaten, deren zwischenstaatliche Grenzen zum ersten Mal ein Gefühl für die territoriale Nationaldimension bildeten. Die Auswanderung ließ die Frage aufkommen, was denn geschehen müsse, damit die fortstrebende Arbeitskraft nicht fremde Volkswirtschaften bereicherte, sondern dem eigenen Land erhalten und verbunden blieb. Der Erwerb von Kolonien galt als Ausweg nach dem Vorbild des Britischen Weltreichs, das sich seit dem Siebenjährigen Krieg konkurrenzlos ausbreitete, nachdem Frankreich besiegt war und seine wichtigsten überseeischen Besitzungen an England abtreten musste.

In Frankreich setzte die Diskussion in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, und zwar nach der Eroberung von Algier 1830, worin eine Ausgangsbasis für die Bildung von Siedlungskolonien gesehen wurde. Von ihnen ausgehend sollte Französisch-Algerien auch mit Siedlern aus anderen europäischen Ländern erschlossen und vereinnahmt werden. Nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg waren es jedoch vor allem Bewohner aus Elsaß-Lothringen, die sich weiterhin Frankreich zugehörig fühlten und nach Algerien strebten.