Ozeanbodenspreizung

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Ozeanbodenspreizung (seafloor spreading) ist das langsame seitliche Auseinanderweichen (spreading) des Ozeanbodens (seafloor) an divergenten Plattengrenzen als Teilprozess der Plattentektonik und damit der Mantelkonvektion.

Grundlagen und Begriffe[Bearbeiten]

Die äußere starre Hülle der Erde, die Lithosphäre, besteht aus Platten von mitunter vielen Millionen Quadratkilometern Fläche, die auf der weicheren Asthenosphäre „schwimmen“ und sich relativ zueinander bewegen. Dabei bewegen sich einige unmittelbar aneinander grenzende Platten voneinander weg (Plattendivergenz). Die Nahtstelle zwischen zwei solchen Platten liegt typischerweise mitten im Ozean und wird Spreizungszone, in geometrischem Zusammenhang auch Spreizungsachse, genannt. Die dortigen Plattengrenzen zeichnen sich durch dünne, neu gebildete ozeanische Erdkruste aus, die sich über einer flachen Magmakammer befindet. Die Spreizungszone mit den noch warmen Plattenrändern erhebt sich durch Auftrieb (Isostasie) zu einem unter Wasser gelegenen Gebirgszug. Diese sogenannten mittelozeanischen Rücken bilden ein weltumspannendes, zehntausende Kilometer langes Netz mit vielfältiger vulkanischer Aktivität.

Das Magma schmilzt unter der Spreizungszone durch Druckentlastung aus dem heißen Gestein des Erdmantels aus. Die Schmelze sammelt sich in der Magmakammer unterhalb der Spreizungszone. Von dort steigt sie in regelmäßigen Schüben in Richtung Meeresboden auf und bildet an der Oberfläche eine Schicht basaltischer Kissenlava. Jener Teil der Lava, die nicht den Meeresboden erreicht, verbleibt in den zentimeterbreiten Spalten, die durch die Spreizung entstanden sind, erkaltet dort und bildet die mittlere Schicht der frischen Erdkruste. Die untere Schicht entsteht aus Material, das mehr oder weniger kontinuierlich an den Rändern der Magmakammer auskristallisiert. Das entsprechende Tiefengestein wird Gabbro genannt.

Die Spreizungsrate ist die Differenz der Driftgeschwindigkeiten beider Platten quer zur Spreizungsachse. Zum Beispiel verbreitert sich der Atlantische Ozean im Durchschnitt um rund 2,5 cm im Jahr⁠ und seine älteste ozeanische Kruste, nahe der Kontinentalränder, ist etwa 130 Millionen Jahre alt. Die weltweit höchste Spreizungsrate weist mit 14,5 cm pro Jahr der südliche Ostpazifische Rücken auf.

Ursachen[Bearbeiten]

Als wichtigster Antrieb der Spreizung gilt das Abtauchen ozeanischer Lithosphäre in den tieferen Erdmantel (Subduktion), nachdem sie sich (oft über viele 10 Millionen Jahre hinweg) langsam von der Spreizungszone entfernt hat, abgekühlt ist und ihre Dichte zugenommen hat. Im Erdmantel wächst die Dichte der abgetauchten Kruste durch die Umwandlung von Basalt in Eklogit soweit an, dass eine fortwährende Zugwirkung, englisch slab pull genannt, entsteht. Ein weiterer Antrieb wird im Eigengewicht der aufgewölbten, jungen ozeanischen Kruste der Mittelozeanischen Rücken vermutet, welche eine von der Spreizungszone weg gerichtete Hangabtriebskraft, englisch ridge push genannt, erzeugt, die die Platten zusätzlich auseinandertreibt. Eine eher geringe Bedeutung für die Plattenbewegungen wird heute der Reibung der Konvektionsströme an der Grenzfläche zwischen Asthenosphäre und Lithosphäre zugesprochen.