Sojus (Raumschiff)

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Sojus als Anspielung auf die Sowjetunion) ist der Name einer Reihe von bemannten sowjetischen, später dann russischen Raumschiffen für Besatzungen von bis zu drei Personen. Das während der 1960er-Jahre im Experimental-Konstruktionsbüro-1 (OKB-1) unter Leitung von Sergei Koroljow bzw. seit 1966 in der Nachfolgeorganisation, dem Zentralen Konstruktionsbüro für Experimentalen Maschinenbau (heute RKK Energija) unter Wassili Mischin entwickelte und anschließend mehrfach modifizierte Sojus-Raumschiff wurde zu einer bemannten Fähre für die Raumstationen der Saljut-Reihe, später für die Mir und derzeit für die Internationale Raumstation (ISS). Das Sojus-Raumschiff ist seit 1967 im Einsatz und inzwischen eines der sichersten Transportsysteme in der Raumfahrt. Als Träger dient die Sojus-Rakete, die in der russischen Tradition, Raketen in der Öffentlichkeit nach ihrer ersten Nutzlast zu benennen, ihren Namen erhielt.

Entwicklungsgeschichte[Bearbeiten]

Frühe Projekte[Bearbeiten]

1962 entstanden im OKB-1 unter Leitung Sergei Koroljows (heute RKK Energija), einem der Experimental-Konstruktionsbüros der Sowjetunion, die Pläne zu einem Weltraumkomplex mit dem Ziel einer bemannten Mondumkreisung, welches die Bezeichnung Sojus erhielt. Der Komplex bestand aus drei verschiedenen Typen von Raumfahrzeugen mit den Bezeichnungen 7K, 9K und 11K. Das 7K (ursprünglich auch als Sojus-A bezeichnet) war ein Raumschiff für zwei Mann Besatzung, 9K (Sojus-B) eine Beschleunigungsstufe zum Einschuss in die Mondtransferbahn und 11K (Sojus-W) ein Tanker, der Treibstoff für die 9K-Stufe anliefern sollte. Die einzelnen Raumfahrzeuge sollten mit Trägerraketen auf der Basis der R-7 gestartet werden. 1964 wurden die Pläne aufgegeben. Man entschied, die Mondumkreisung mit einem Raumschiff-Oberstufe-Gespann durchzuführen, das von einer einzelnen Proton-Rakete gestartet werden sollte. Für das bemannte Mondprogramm entstanden später auf der Grundlage des 7K zwei Raumschiffe: 7K-L1 für bemannte Mondumrundung (erprobt im Rahmen des Zond-Programms) sowie 7K-LOK für den Eintritt in die Mondumlaufbahn.

Sojus[Bearbeiten]

7K-OK[Bearbeiten]

Auf der Basis des frühen Entwurfes 7K entwickelte das OKB-1 bzw. ZKBEM das dreisitzige Raumschiff für orbitale Einsätze 7K-OK, zu Deutsch ‚orbitales Schiff‘; GRAU-Index 11F615, das vom Mondflugprojekt den Namen Sojus erhielt. Zu den Aufgaben des Raumschiffes gehörten unter anderem das Erproben orbitaler Manöver und Andockvorgänge. Das Kopplungssystem von 7K-OK bestand aus dem Annäherungssystem Igla und zwei Typen von Kopplungsadaptern: einem aktiven und einem passiven. Abhängig vom Typ des Kopplungsadapters wurde zwischen den aktiven und passiven Raumschiffmodellen 7K-OK(A) und 7K-OK(P) unterschieden. Die Kopplungsadapter verfügten über keine Luken und dienten nur der mechanischen Verbindung beider Raumschiffe, der Umstieg der Kosmonauten von einem Schiff zum anderen erfolgte durch einen Weltraumausstieg.

Die erste unbemannte Mission eines 7K-OK am 28.11.1966 unter der Bezeichnung Kosmos 133 (Seriennummer 2) schlug fehl. Das Raumschiff konnte in der Erdumlaufbahn nicht stabilisiert werden. Während der Rückkehr zur Erde drohte es in China niederzugehen, woraufhin ein Selbstzerstörungsmechanismus die Landekapsel zerstörte. Beim zweiten Startversuch mit dem ersten produzierten Raumschiff (Seriennummer 1) am 14.12.1966 explodierte die Trägerrakete auf der Startrampe. Unter der Bezeichnung Kosmos 140 wurde am 7. Februar 1967 das Raumschiff mit der Seriennummer 3 gestartet. Auch hier gab es wesentliche Fehlfunktionen bei der Orientierung des Raumschiffes in der Umlaufbahn und es kam während der Rückkehr zur Dekompression der Kabine, da der Hitzeschutzschild auf Grund eines Fertigungsfehlers durchbrannte. Eine Besatzung wäre bei diesem Flug ums Leben gekommen. Der neue Raumschifftyp wies also noch gravierende Mängel auf und war nach den Fehlschlägen noch nicht flugqualifiziert.

Für mehrere Monate standen nach den erfolglosen unbemannten Missionen nur noch zwei flugfähige Raumschiffe (Seriennummern 4 und 5) aus dem ersten Produktionslos zur Verfügung. Trotz der Fehlschläge hofften die Ingenieure, alle Fehlerquellen erkannt zu haben und plädierten dafür, das nächste Raumschiff bemannt zu starten. Der Start der Sojus 1 genannten Mission erfolgte am 23.04.1967 mit Wladimir Komarow. Zunächst war geplant, einen Tag später Sojus 2 starten zu lassen, um die beiden Raumschiffe ein Rendezvous ausführen und zwei Kosmonauten von Sojus 2 in Sojus 1 umsteigen zu lassen. Da sich allerdings nach dem Start von Sojus 1 ein Solarmodul nicht wie geplant öffnete und somit nicht genügend Strom für ein erfolgreiches Andockmanöver vorhanden war, wurde der zweite Start abgesagt und das Missionsziel von Sojus 1 auf einen „erfolgreichen Erstflug des Sojus-Raumschiffs im Erdorbit“ verringert. Der Flug endete jedoch in einem tödlichen Unglück, da sich der Hauptfallschirm nicht öffnete und das Raumschiff aus sieben Kilometern Höhe praktisch ungebremst zur Erde stürzte. Wie sich herausstellte, waren Bindemittel vom Aufbringen des ablativen Hitzeschutzes auf die Innenwand des Fallschirmcontainers geraten, so dass die Energie des Hilfsschirms nicht ausreichte, den Hauptschirm aus dem Container zu ziehen. Da der Hilfsschirm nicht einzeln abwerfbar war, geriet der Reserveschirm in seinen Windschatten, so dass die aerodynamischen Kräfte nicht ausreichten, ihn zu entfalten. Das Raumschiff schlug mit ca. 40 m/s hart auf, dabei zündeten die für eine weiche Landung gedachten Bremsraketen an der Unterseite der Kapsel. Die verbliebenen Reste brannten völlig aus.

Der Absturz von Sojus 1 und der Tod von Komarow waren ein harter Schlag für die sowjetische bemannte Raumfahrt. Bei der Untersuchung des Unglücks wurden mehrere Entwicklungsmängel aufgedeckt. Unter anderem wurde ein Konstruktionsfehler bei den Fallschirmen entdeckt. Durch Verzögerungen bei den Konstruktionsänderungen konnte der nächste unbemannte Start erst im Oktober 1967 mit Kosmos 186 und Kosmos 188 durchgeführt werden, deren Rendezvous im Weltraum erfolgreich verlief. Der nächste bemannte Start erfolgte mit Sojus 3 im Oktober 1968. Das geplante Umsteigen von Kosmonauten von einem Raumschiff in das andere wurde im Januar 1969 mit Sojus 4 und Sojus 5 durchgeführt. Weitere Höhepunkte waren die Verbundmission von Sojus 6, Sojus 7 und Sojus 8 sowie der Langzeitflug von Sojus 9 (18 Tage).

7K-T[Bearbeiten]

Nachdem die NASA den Wettlauf zum Mond für sich entschieden hatte, konzentrierte man sich in der Sowjetunion ab 1969 auf den Aufbau einer Raumstation mit ständiger Besatzung und der Durchführung von Langzeitflügen. Zu Transportzwecken wurde das 7K-OK-Raumschiff von ZKBEM (früher OKB-1) binnen kürzester Zeit modifiziert und erhielt einen mit einer internen Luke ausgestatteten Kopplungsmechanismus. Von nun an konnten die Kosmonauten von einem Raumfahrzeug in das andere wechseln, ohne dafür Raumanzüge zu tragen. Das neue Raumschiff erhielt die Bezeichnung 7K-T (T steht für Транспортный, zu deutsch für Transportzwecke; GRAU-Index 11F615A8, russisch 11Ф615А8). 7K-T war weiterhin für drei Raumfahrer ausgelegt, die, wie schon bei 7K-OK, während der Start- und Landephasen keine schützenden Druckanzüge trugen. Das Raumschiff verfügte wie der Vorläufer über eigene Solarzellenflächen zur Energieversorgung und war auf einen autonomen Flug von drei Tagen ausgelegt. Angekoppelt an eine Raumstation konnte 7K-T sich bis zu 60 Tage im Weltraum aufhalten.

Der erste Start von 7K-T am 23.04.1971 als Sojus 10 erfolgte bemannt. Das Raumschiff koppelte an die Raumstation Saljut 1, die Kosmonauten konnten jedoch die Station nicht betreten, da keine hermetische Verbindung zwischen beiden Objekten hergestellt werden konnte. Die wenige Wochen später stattfindende Mission – Sojus 11 – endete mit einem tragischen Unglück: Während der Rückkehr von einem neuen Langzeitrekord kam es zu einem plötzlichen Druckabfall in der Kabine, bei dem alle drei Kosmonauten ums Leben kamen.

Das Sojus-Raumschiff wurde nach diesem Unfall wesentlich überarbeitet, um die Sicherheit der Kosmonauten zu erhöhen. Während kritischer Flugphasen (Start, Kopplungsmanöver und Landung) trugen die Raumfahrer nun schützende Sokol-Raumanzüge. Durch die neuen Sicherheitsmaßnahmen stieg das Gewicht der Sojus und das verfügbare habitable Volumen verringerte sich, während der Platzbedarf der Kosmonauten durch die Raumanzüge größer wurde. Die neue Raumschiffversion konnte daher nur noch zwei Personen aufnehmen. Um das Gewicht dennoch in Grenzen zu halten, wurden die Solarzellenflächen entfernt, so dass das Schiff auf Batterien mit einer maximalen Energiereserve für ungefähr zwei Tage angewiesen war. Trotz der umfangreichen Modifikationen behielt das Raumschiff weiterhin die Bezeichnung 7K-T (einige Quellen sprechen von der Bezeichnung 7K-OKS für die Sojus-10- und Sojus-11-Raumschiffe und 7K-T erst für die nachfolgenden Schiffe). Nach weiteren unbemannten Testflügen wurde das bemannte Programm wieder aufgenommen. In der Einsatzzeit von 1971 bis 1981 starteten 29 bemannte Missionen auf 7K-T-Raumschiffen. Darunter waren auch einige Flüge zu den militärisch genutzten Almaz-Stationen Saljut 3 und Saljut 5. Die dafür eingesetzten Schiffe trugen den GRAU-Index 11F615A9 und unterschieden sich von den zivilen 11F615A8-Schiffen durch ein Fernkontrollsystem für Almaz-Stationen und ein verbessertes Fallschirmsystem Der erste Start eines derart modifizierten Raumschiffs fand am 03.07.1974 mit Sojus 14 statt.

Im Rahmen des Interkosmos-Programmes ermöglichte die Sowjetunion ab 1978 den Mitflug von Raumfahrern aus Ostblockstaaten, später auch aus westlichen Ländern (darunter Frankreich, Indien, Japan, Großbritannien, Österreich, der BRD und Afghanistan). Mit Sojus 31 startete am 26.08.1978 Sigmund Jähn als erster Deutscher ins All.