Zweites Kaiserreich

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Der Ausdruck Zweites Kaiserreich (frz. Second Empire) steht für die Periode von 1852 bis 1870 in der Geschichte Frankreichs. Der offizielle Staatsname war Französisches Kaiserreich (Empire français). In dieser Zeit war Napoleon III. der Kaiser der Franzosen. In den ersten Jahren bis etwa 1860 regierte Napoleon autoritär. Auch als Folge der wachsenden Opposition sah er sich zu schrittweisen Reformen veranlasst, die 1870 in ein parlamentarisches Regierungssystem mündeten. Außenpolitisch gelang es zunächst, das internationale Ansehen Frankreichs zu stärken, ehe in den 1860er Jahren die Erfolge weitgehend ausblieben. In wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht spielte die industrielle Entwicklung und damit neue Bevölkerungsgruppen wie die Industriellen oder die Arbeiter eine wichtige Rolle. Frankreich stieg zu einer der stärksten Wirtschaftsmächte auf. Der Glanz des Empire spiegelte sich unter anderem im Umbau von Paris zu einer modernen Metropole wider. Das Ende kam mit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Nach der Gefangennahme des Kaisers nach der Schlacht bei Sedan wurde in Paris die Dritte Republik ausgerufen.

Der Weg zum Kaisertum[Bearbeiten]

Das Königtum der Julimonarchie wurde durch die Februarrevolution von 1848 gestürzt und durch die zweite Republik ersetzt. Louis Napoleon Bonaparte nutzte bei den Präsidentenwahlen von 1848 den Nachruhm seines Onkels Napoleons I. aus und gewann die Wahl. Die revolutionären Kräfte wurden zurückgedrängt und bei den Wahlen zur gesetzgebenden Versammlung setzten sich die eher konservativen Kräfte durch. Louis Napoleon baute seine Position in der Folge aus. Im Oktober 1849 wurde das bisherige Kabinett unter Odilon Barrot entlassen. Das neugebildete Kabinett stand unter seiner eigenen Leitung. Ein Aspekt für den Regierungswechsel war, dass das alte Kabinett mit Hilfe des französischen Militärs die Macht des Papstes im Kirchenstaat gestützt hatte, was Louis Napoleon wegen der extrem antiliberalen Politik Pius’ IX. missbilligte.

Das Parlament verfolgte einen noch rechteren Kurs als der Präsident. Die Universitäten wurden der Aufsicht eines Gremiums unterstellt, das aus Vertretern des Staates und der Kirche bestand. Die Volksschullehrer wurden stärker kontrolliert und das Wahlrecht wurde 1850 eingeschränkt. Das allgemeine Wahlrecht wurde abgeschafft, nur noch Steuerzahler, die drei Jahre an einem Ort gewohnt hatten, durften wählen. Die Zahl der Wähler sank so um etwa ein Drittel. Diese Einschränkung des Wahlrechts war eine Initiative des Parlaments. Der Präsident unterschrieb das Gesetz, konnte aber zu einem späteren Zeitpunkt fordern, das allgemeine Wahlrecht wieder einzuführen. Damit konnte er das Parlament in die Defensive drängen und sich der Linken als Partner empfehlen.

Problematisch für Louis Napoleon war, dass er nach Ablauf seiner Amtszeit laut Verfassung nicht wieder gewählt werden konnte. Er war also um eine Verfassungsänderung bemüht. Er reiste durch die Provinz und vergrößerte dabei seine Anhängerschaft. Die Bonapartisten richteten eine entsprechende Petition an die Nationalversammlung. Diese stimmte zwar am 19. Juli 1851 mit großer Mehrheit zu. Der Antrag verfehlte aber durch die Ablehnung der Legitimisten und der linken Republikaner die nötige Zweidrittelmehrheit. Louis Napoleon blieb daher nur der Weg über einen Staatsstreich mit Unterstützung durch die Armee. Zuvor beantragte er im Parlament die Rückkehr zum allgemeinen Wahlrecht. Der Antrag wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Die populäre Forderung nach dem allgemeinen Wahlrecht konnte Napoleon für sich ausnutzen.

Bei der Organisation des Staatsstreichs spielte sein Halbbruder Charles de Morny eine wichtige Rolle. Dieser wurde von Louis Napoleon zum neuen Innenminister ernannt. Am Jahrestag des Sieges von Austerlitz und der Krönung Napoleons I. führte er den Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 aus. Große Truppenverbände wurden rund um Paris zusammengezogen und strategisch wichtige Punkte in der Stadt von zuverlässigen Polizeikräften besetzt. Die Nationalversammlung wurde aufgelöst, das alte Wahlrecht eingeführt und eine neue Verfassung angekündigt. Bekannte politische Gegner ließ Louis Napoleon verhaften. Unerwartet kam es zu teilweise gewalttätigen Widerständen in Paris und der Provinz gegen das Vorgehen. Dagegen ging das Militär gewaltsam vor. Zehntausende dabei Verhaftete warteten teils monatelang auf einen Prozess. Insgesamt wurden 30.000 Personen verhaftet. Davon wurden 3000 zu Gefängnisstrafen verurteilt und weitere 10.000 deportiert.

Den Staatsstreich ließ Louis Napoleon durch ein am 21. und 22.12.1851 durchgeführtes Plebiszit legitimieren. Dabei stimmten fast 7,5 Millionen Wähler zu und nur 650.000 verweigerten Louis Napoleon ihre Stimme. Weitere 1,5 Millionen enthielten sich. Danach wurde die Amtszeit des Präsidenten auf zehn Jahre verlängert und seine Kompetenzen derart erweitert, dass die Republik nur noch auf dem Papier stand. Louis Napoleon nannte sich fortan „Prince-Président“. Damit kündigte sich bereits der Anspruch auf den Kaisertitel an.

Am 7. November 1852 ließ er sich durch einen Beschluss des Senates den Kaisertitel zusprechen. Seither nannte er sich Napoleon III. Dieser Schritt wurde von einer weiteren Volksabstimmung legitimiert. Dabei stimmten 7,8 Millionen dafür und nur 200.000 dagegen. Ungültig waren 65000 Stimmen. Die Kaiserwürde war erblich, der Kaiser hatte bei eigener Kinderlosigkeit das Recht, aus der Familie einen Nachfolger zu adoptieren. Im Hinblick auf die Staatssymbole griff das Zweite Kaiserreich auf das Erste Kaiserreich zurück. Die Funktion einer Nationalhymne erfüllte ein Lied, das die Ägyptische Expedition von 1798 besang: Partant pour la Syrie.

Quellen[Bearbeiten]

  • Antoine Olivesi, André Nouschi: La France de 1848 à 1914. L’évolution politique et sociale de la Deuxième République à la Première Guerre Mondiale. Neuausg. Nathan, Paris 2005, ISBN 2-200-34259-4 (EA 1997).