Bologna-Prozess

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Als Bologna-Prozess wird eine auf europaweite Vereinheitlichung von Studiengängen und -abschlüssen sowie auf internationale Mobilität der Studenten zielende transnationale Hochschulreform bezeichnet, die auf die Schaffung eines einheitlichen Europäischen Hochschulraums gerichtet ist. Der Begriff geht auf eine 1999 von 29 europäischen Bildungsministern im italienischen Bologna unterzeichnete politisch-programmatische Erklärung zurück.

Wesentliche Elemente des gemeinten Konvergenzprozesses sind:

Von Beobachtern des Bologna-Prozesses wird mitunter angemerkt, dass die supranationale Ebene politisch instrumentalisiert worden sei, um Reformziele, die man allein auf nationaler Ebene nicht habe realisieren können, mit dem Hinweis auf europäische Harmonisierungsbestrebungen und globale Anpassungszwänge zu verwirklichen.

Die Kritik an der mit dem Bologna-Prozess verbundenen, z.T. durchgreifenden Umstellung des Hochschulsystems ist sowohl auf die praktischen Auswirkungen für Hochschullehre und Studierende gerichtet (unter anderem unzureichende Vorbereitung und Ressourcenausstattung der Hochschulen, eine allzu kleinteilige Prüfungspraxis) als auch auf die für das Universitätswesen daraus resultierenden möglichen oder tatsächlichen Folgen (darunter zunehmende Trennung von Forschung und Lehre; Verschulung der höheren Bildung auf Kosten individueller akademischer Freiheit und Ausreifung; marktorientierte Hochschulstrukturen unter Vernachlässigung der Grundlagenforschung).

Entstehungszusammenhang[Bearbeiten]

Anlässlich des 900. Gründungsjahres der Universität Bologna, der ältesten europäischen Universität, unterzeichneten 388 Universitätspräsidenten aus aller Welt 1988 in Bologna eine Magna Charta Universitatum, in der den Universitäten als autonomen gesellschaftlichen Kerninstitutionen eine bedeutende Rolle für die auszubauenden engen Beziehungen zwischen allen Nationen Europas zugesprochen wird. Die unaufgebbare Einheit und Freiheit von Forschung und Lehre sowie die schutzwürdigen Bildungsinteressen der Studierenden werden darin ebenso betont wie die notwendige intensive Förderung sowohl des forschungsbezogenen Informationsaustausches der europäischen Universitäten untereinander als auch der transnationalen Mobilität von Lehrenden und Studierenden.

Ein erstes völkerrechtliches Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Studienabschlüssen erarbeitete der Europarat zusammen mit der UNESCO am 11.04.1997 in der Lissabon-Konvention. Darin wurde die prinzipielle Anerkennung aller Studienabschlüsse der Unterzeichnerstaaten untereinander vereinbart. Im Gegenzug sollte jedes Land zusätzliche Bedingungen zur Fortsetzung eines bereits im Ausland begonnenen Studiums in seinen Grenzen definieren dürfen, wobei die Transparenz des Verfahrens gegeben sein sollte.

Die Initiative zur Vereinheitlichung des bestehenden europäischen Hochschulbetriebs geht auf eine gemeinsame Erklärung der Bildungsminister Frankreichs, Deutschlands, Italiens und des Vereinigten Königreichs im Jahr 1998 zurück. Anlass waren Feiern zum 800-jährigen Bestehen der Sorbonne. Aufgrund ihres Unterzeichnungsortes wurde diese Gemeinsame Erklärung zur Harmonisierung der Architektur der europäischen Hochschulbildung vom 25.96.1998 als Sorbonne-Erklärung bekannt. In ihr war bereits ein zweistufiges System berufsqualifizierender Studienabschlüsse vorgesehen. Ein Auslandssemester von Studierenden sollte gezielt gefördert werden; im Ausland erbrachte Leistungen wollte man in einem offenen europäischen Raum für Hochschulbildung auf Grundlage des ECTS-Kreditpunktesystems künftig anerkennen lassen. Als wichtige allgemeine Qualifikationsmerkmale gefördert werden sollten Fremdsprachenkenntnisse und die Anwendung neuer Informationstechnologien.

Am 19.06.1999 unterzeichneten die Vertreter der beteiligten Länder in der Aula Magna der Universität Bologna die Bologna-Erklärung. Dadurch wurden die in der Sorbonne-Erklärung festgehaltenen Absichten auf eine breitere Grundlage gestellt und teils konkretisiert. In Aussicht genommen wurden auch Mechanismen zu einer nachhaltigen Qualitätssicherung in Verbindung mit der Entwicklung geeigneter Vergleichsmaßstäbe. Die unterzeichnenden Bildungsminister von 29 europäischen Nationen beschlossen zudem regelmäßige Folgekonferenzen im Abstand von zwei Jahren und eine Umsetzungsfrist bis zum Jahr 2010. Mit Blick auf die Stellung Europas in der Welt hieß es: „We need to ensure that the European higher education system acquires a world-wide degree of attraction equal to our extraordinary cultural and scientific traditions.“ („Wir müssen sicherstellen, daß die europäischen Hochschulen weltweit ebenso attraktiv werden wie unsere außergewöhnlichen kulturellen und wissenschaftlichen Traditionen.“)

Als Begründung für die Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland trotz großer Skepsis seitens der Bundesländer, die um die Bildungshoheit fürchteten, wird häufig die Theorie der Neuen Staatsräson herangezogen: Durch den Bologna-Prozess habe die Bundesregierung die Verantwortung für Reformen im Hochschulbereich weitgehend an die europäische Ebene abgegeben, hoffte dadurch den Reformstau zu überwinden und musste sich selbst nicht mehr für Reformen rechtfertigen.