Dialektologie

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Die Dialektologie ist ein Teilgebiet der Sprachwissenschaft, das sich mit der Erforschung von Dialekten beschäftigt. Die modernere Dialektologie wird manchmal zur Soziolinguistik bzw. Varietätenlinguistik gerechnet.

Geschichte[Bearbeiten]

Die Mundartforschung im deutschen Sprachraum setzte im 18. Jahrhundert ein. Diese frühe Beschäftigung mit den Dialekten resultierte vor allem in einer Vielzahl von Idiotika. Als erster Dialektologe im modernen Sinne gilt Johann Andreas Schmeller. Auch die Brüder Grimm, bedeutende deutsche Sprachforscher, schätzen den Wert der deutschen Dialekte hoch ein und gingen im Deutschen Wörterbuch auch auf Mundartwörter und mundartliche Varianten von Wörtern ein. Das schweizerische Pendant zum Deutschen Wörterbuch, das Schweizerische Idiotikon, entwickelte sich unter Albert Bachmann zum umfassendsten Wörterbuch einer deutschsprachigen Region. Einen zentralen Beitrag zur Dialektologie leisten überdies die Dialektwörterbücher und die Ortsgrammatiken, die den dialektalen Wortschatz bzw. die dialektale Grammatik (meist die Laut- und Formenlehre) des jeweiligen Bearbeitungsgebietes aufführen.

Georg Wenker erfasste ab 1875 als Erster systematisch mit Hilfe von Fragebögen alle Dialekte innerhalb des deutschen Sprachgebietes. Wenker, der zu den Junggrammatikern zählte, wollte mit seiner Befragung die Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze beweisen (worin er gescheitert ist) und hierdurch zeigen, dass die Sprachwissenschaft der Naturwissenschaft ebenbürtig sei. Von 1926 bis 1956 entstand daraus der Deutsche Sprachatlas (DSA) auf der Basis von über 52.000 Fragebögen; der Deutsche Wortatlas (DWA) ist das Ergebnis von Forschungen des Wissenschaftlers Walther Mitzka. Richtungsweisend für alle modernen Sprachatlanten wurde insbesondere der von Rudolf Hotzenköcherle und Heinrich Baumgartner initiierte und von Rudolf Trüb vollendete Sprachatlas der deutschen Schweiz. Dessen Inhalt war zum einen die sprachgeographische Erschließung der Dialekte und zum andern der Einbezug der damals gängigen Forschungsrichtung „Wörter und Sachen“.

Die Mundarten bewahren einerseits ältere Sprachformen in einem größeren Maß als die Hochsprache, die einer stärkeren überregionalen Normierung unterworfen ist, zeigen aber anderseits auch Neuerungen, denen sich die Schriftsprache aus demselben Grund der Normativität verschließt. Daher zielte die ältere Dialektologie und die damit verbundene Analyse der Dialekte auch auf die Rekonstruktion von früheren Sprachformen und war auch Gegenstand der Volkskunde. Ein Zweck der im 19. Jahrhundert verfassten historischen Regionalwörterbücher wie beispielsweise desjenigen von Franz Joseph Stalder war es, anhand der Geschichtlichkeit der Mundarten aufzuzeigen, dass diese und die Schriftsprache gleichwertig seien.

Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, nach dem Krieg, wandte sich die Dialektologie – unter dem Einfluss der amerikanischen und englischen Ausrichtung der Disziplin – verstärkt mit modernen linguistischen Methoden der Erforschung der Dialekte in ihrem sozialen und pragmatischen Kontext zu sowie der Beschreibung von sprachlich komplexen Zuständen in städtischen Zentren und Agglomerationen. Entsprechend kann sich die aktuelle dialektologische Forschung kaum mehr nur mit den Dialekten als standardfernster Varietät beschäftigen, sondern muss den Dialekt immer auch in Bezug zu den anderen lokal gebrauchten Varietäten sowie Registern setzen. Als zentraler außersprachlicher Aspekt der Dialektologie gilt jedoch bis heute der Bezug von Sprache und geographischem Raum bzw. den Sprechern/Sprecherinnen im Raum.