Volkskunde

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Volkskunde ist eine Kultur- und Sozialwissenschaft, die sich vorwiegend mit der Geschichte und Gegenwart von Erscheinungen der menschlichen Alltags- und Populärkultur beschäftigt. An deutschsprachigen Hochschulen wird das Fach auch geführt als Europäische Ethnologie, Vergleichende Kulturwissenschaft, als Empirische Kulturwissenschaft, Populäre Kulturen oder als Kulturanthropologie (was ihm die scherzhafte Bezeichnung „Vielnamenfach“ eingetragen hat), wobei die Umbenennungen auch einen Neuorientierungsprozess weg von der traditionellen Volkskunde bedeuteten. Der Schwerpunkt liegt dabei im europäischen Milieu, wobei Prozesse wie Globalisierung oder Transnationalisierung den Blick über die Grenzen Europas hinaus notwendig machen. Dabei ergeben sich Überschneidungen mit den weltweit forschenden Fachrichtungen, beispielsweise der Ethnologie (Völkerkunde) und der Sozialanthropologie.

Gegenstandsbereich[Bearbeiten]

Die Volkskunde untersucht kulturelle Phänomene der materiellen Kultur (etwa Arbeitsgeräte, Bräuche, Volkslieder) sowie die subjektiven Einstellungen der Menschen zu diesen. Die Arbeitsfelder des so genannten traditionellen Kanons (etwa Brauch, Volkslied, Sage, Hausforschung) mit ihrem Fokus auf ländliche Bevölkerungsschichten standen lange im Mittelpunkt volkskundlicher Forschung. Seit ihrer Neuorientierung in den 1960er- und 1970er-Jahren versteht sich die Volkskunde als eine Kulturwissenschaft, die Kultur in einem weiten und dynamischen Sinn als den gesamten Lebenszusammenhang einer bestimmten (sozialen, religiösen oder ethnischen) Gesellschaft oder gesellschaftlichen Gruppe versteht. Durch ihre Quellenvielfalt (empirische Methoden, Bildanalyse, Objektanalyse, schriftliche Quellen) kann so der räumliche, soziale und historische Kontext stets mit berücksichtigt werden.

Aufgrund der Fülle an Kulturphänomenen gibt es eine große Anzahl volkskundlicher Arbeitsfelder: Arbeiter-, Bild-, Brauchforschung, Erzähl-, Familien-, Gemeinde- und Stadt(teil-)forschung, Geräte-, Geschlechter- (oder Frauenforschung), Interethnische Forschung, Kleidungs- (ursprünglich Trachtenforschung), Leser- und Lesestoff-Forschung, Lied- und Musikforschung, Medien-, Medialkultur-, Nahrungsforschung, Reise- und Tourismusforschung, Volksfrömmigkeits- sowie Volksschauspielforschung. Weitere Schwerpunkte sind u. a. Bodylore, Interkulturelle Kommunikation, Rechtliche Volkskunde, Wohnen und Wirtschaften sowie Museologie und Sachkulturforschung.

Museen stellen nach wie vor eines der wichtigsten volkskundlichen Arbeitsfelder dar. Die Forschungsergebnisse werden dabei in einigen Museumsarten entweder als Schwerpunkte präsentiert u. a. in Volkskundemuseen, Freilichtmuseen, Heimatmuseen, Bauernhofmuseen oder bilden einen wichtigen Bestandteil beispielsweise in vielen Regional-, Landes- und Nationalmuseen.

Meist von Problemen der Gegenwart ausgehend, ohne sich jedoch auf solche zu beschränken, thematisiert sie Kulturkontakte, -entwicklungen oder -strömungen und geht dabei sowohl empirisch als auch hermeneutisch vor. Die Beschäftigung mit Fragen des beschleunigten Wissenstransfers, der gesellschaftlichen Mobilität, der Multikulturalität und des Kulturtransfer sowie der Migration, Integration und Ausgrenzung sind einige Beispiele für moderne Forschungsthemen.

Wichtige Nachbardisziplinen der Volkskunde sind im gegenständlichen Bereich Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaft; bezüglich der Betrachtungsweise Kultur-, Alltags-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Geographie, Kultursoziologie und Sozialpsychologie; hinsichtlich des Forschungsziels Ethnologie, Kulturanthropologie sowie, teilweise, die Politikwissenschaft. Im Schnittbereich zur Rechtsgeschichte ist die Rechtliche Volkskunde angesiedelt.