Kultur
Kultur bezeichnet im weitesten Sinne alle Erscheinungsformen menschlichen Daseins, die auf bestimmten Wertvorstellungen und erlernten Verhaltensweisen beruhen und die sich wiederum in der dauerhaften Erzeugung und Erhaltung von Werten ausdrücken, als Gegenbegriff zu der nicht vom Menschen geschaffenen und nicht veränderten Natur. Wichtige Vordenker dieses Kulturbegriffs sind etwa Arthur Schopenhauer, Harald Höffding und Joseph Petzoldt.
Es gibt, je nach Wissenschaft, Weltanschauung oder fachlichem Zusammenhang, eine Vielzahl enger gefasster Definitionen von Kultur.
Über den wissenschaftlichen Diskurs hinaus wird die Bezeichnung Kultur in der Kulturpolitik synonym auf die „Schönen Künste“ (Bildende Kunst, Musik, Literatur) beschränkt.
Gemeinsprachlich steht die Bezeichnung häufig entweder für Kultiviertheit (Umgangsformen, Sittlichkeit, Wohnkultur, Esskultur u. ä.) oder in Abgrenzung der (als typisch angenommenen) Ausdrucks- und Verhaltensweisen, den Kulturstandards, der eigenen ethnischen Gruppe (z. B. Bayern, Deutsche, Europäer) im Vergleich mit sogenannten anderen Kulturen (etwa Chinesen, Lateinamerikaner, Indigene Völker).
Kulturen im Plural wird nicht nur im öffentlich-politischen Diskurs, sondern auch in der Ethnologie (Völkerkunde), für archäologische Kulturen sowie in der kulturvergleichenden Sozialforschung benutzt, um Menschengruppen nach kulturellen Merkmalen voneinander abzugrenzen. Für Varianten innerhalb einer Kulturgruppe wird häufig die Bezeichnung Subkulturen verwendet. In der Ethnologie wird das Konzept der unterscheidbaren Kulturen aufgrund seines konstruierten Charakters (Festlegung von Grenzen, wo in der Realität fließende Übergänge sind) heute zunehmend problematisch gesehen.
Der Begriff der Kultur ist im Lauf der Geschichte immer wieder von unterschiedlichen Seiten einer Bestimmung unterzogen worden. Je nachdem drückt sich in der Bezeichnung Kultur das jeweils lebendige Selbstverständnis und der Zeitgeist einer Epoche aus, der Herrschaftsstatus oder -anspruch bestimmter gesellschaftlicher Klassen oder auch wissenschaftliche und philosophisch-anthropologische Anschauungen. Die Bandbreite der Bedeutungsinhalte ist entsprechend groß und reicht von einer rein beschreibenden (deskriptiven) Verwendung („die Kultur jener Zeit“) bis zu einer vorschreibenden (normativen), wenn bei letzterem mit dem Begriff der Kultur zu erfüllende Ansprüche verbunden werden.
Hinsichtlich des Schutzes von Kulturgütern gibt es eine Reihe von Abkommen und Gesetzen. Die UNESCO und ihre Partnerorganisationen koordinieren einen internationalen Schutz und lokale Umsetzungen.
Begriffsvielfalt[Bearbeiten]
Einige Beispiele für die verschiedenen Blickwinkel, nach denen Kultur definiert wird:
- „Formende Umgestaltung des Gegebenen durch die Verwirklichung von Ideen“
- Fokus auf den Produkten – den Kulturleistungen –, die ganz verschiedenen Kulturbereichen angehören (Werkzeugkultur in Technik, Subsistenz- und Wirtschaftsweisen, Handel und Verkehr; Sozialkultur in Sitten und Gebräuchen, Gesellschaftsstrukturen, Bildung; Symbolkultur in Sprache, Schrift, Mythologie und Religion, Wissenschaft und Philosophie, Kunst und Weltanschauung)
- „Das Überindividuelle, welches das Denken und Handeln der einzelnen Menschen bestimmt“
- Erhebung der Kultur zum bestimmenden Prinzip aller menschlicher Entwicklung; das Individuum wird zum bloßen „Gefäß“ der Kultur.
- „Ordnung menschlicher Gesellschaften und Lebensformen unter einem System von Richtlinien“
- Fokus auf den Wertvorstellungen und Gesellschaftsstrukturen – den Ideologien – als Voraussetzung aller „Hervorbringungen“ (zum Beispiel Humanismus, Kapitalismus, Kommunismus, verschiedene Herrschaftsformen, Sozialdarwinismus, Islamismus u. v. m.)
- „Entstehung gemeinschaftlicher Kulturgüter durch die Transformation angeborener Verhaltensweisen und Motivationen der Einzelnen“
- Fokus auf der Geisteskultur, die aus den Handlungsmotiven folgt (etwa vom Forschungsdrang zur Wissenschaft, aus Angst und Hoffnung zur Religion, vom täglichen Miteinander zu Moral und Gesetz, vom Staunen und Nachdenken zur Philosophie von der Inspiration zur Kunst)
- „Entwicklung von primitiven zu immer komplexeren Ausdrucks- und Lebensformen des Menschen“
- Annahme einer „Höherentwicklung“ vom Naturmenschen zum Kulturmenschen, Grundlage des weitgehend überholten Evolutionismus