Sprache

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Unter Sprache versteht man im allgemeinen Sinn alle komplexen Systeme der Kommunikation. Darunter fallen insbesondere die menschlichen natürlichen Sprachen (die in einem ungesteuerten Prozess erworben werden) sowie auch konstruierte Sprachen. Aber auch im Tierreich existieren Systeme von kommunikativen Verhaltensweisen, die landläufig als Sprache bezeichnet werden, etwa die Tanzsprache der Bienen. In einem noch weiteren Sinn werden auch Symbolsysteme, die nur zur Repräsentation und Verarbeitung von Information dienen, als Sprache bezeichnet, etwa Programmiersprachen oder formale Sprachen in Mathematik und Logik.

Unter den menschlichen natürlichen Sprachen ist eine wesentliche Unterteilung die zwischen Lautsprache und Gebärdensprache. Die geschriebene Sprache zielt oft auf die Abbildung einer Lautsprache (z.B. bei Alphabetschriften), kann aber zu verschiedenen Graden eigenständig sein (am vollständigsten bei logografischen Schriften).

Die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der menschlichen Sprache allgemein beschäftigt (vor allem mit natürlicher Sprache), ist die Linguistik oder Allgemeine Sprachwissenschaft. Sprache und Sprachverwendung erscheinen auch als Themen in anderen Wissenschaften wie Psychologie, Neurologie, Kognitionswissenschaft, Kommunikationswissenschaft, Rhetorik, Sprechwissenschaft, Philosophie (Sprachphilosophie), Medienwissenschaft, Informatik, Semiotik, Literaturwissenschaft, Religionswissenschaft, Anthropologie und Ethnologie.

Die Zahl der menschlichen Sprachen beläuft sich weltweit gegenwärtig auf etwa 7.000, wobei Schätzungen zufolge ungefähr 90% davon am Ende dieses Jahrhunderts verdrängt sein werden. Im Weltatlas der gefährdeten Sprachen listet die UNESCO alle weltweit vom Aussterben bedrohten Sprachen auf. Mit dem Erlöschen einer Sprache geht auch ein kulturelles Gedächtnis verloren. Heute wird versucht, mit politischen und rechtlichen Initiativen diesem drohenden Verlust entgegenzuwirken. Jede Sprache gilt als Immaterielles Kulturerbe und unterliegt damit internationalem Schutz.

Sprache als Zeichensystem[Bearbeiten]

Einzelsprachen[Bearbeiten]

Im speziellen Sinn bezeichnet das Wort Sprache eine bestimmte Einzelsprache wie Deutsch, Japanisch oder Swahili, oder auch eine der Gebärdensprachen. Die Unterscheidung zwischen Gebärdensprachen und Lautsprachen („gesprochenen“ Sprachen) bildet die Hauptunterscheidung im Bereich menschlicher Sprachen, und sie werden von der Sprachwissenschaft beide als gleichwertig angesehen. Gebärdensprachen sind allerdings weniger verbreitet und zwar in sehr vielen, aber nicht allen Aspekten mit Lautsprachen direkt vergleichbar.

Sprachen werden gemäß ihrer genetischen Verwandtschaft in Sprachfamilien gegliedert. Dies ist vor allem bei den gesprochenen Sprachen ein sehr großes Forschungsgebiet, da diese nicht nur viel verbreiteter sind, sondern auch historisch weit zurückreichen. Aufschlüsse über frühere Sprachstadien erhält man durch Schriftzeugnisse oder indirekt, durch Methoden der Rekonstruktion in der Vergleichenden Sprachwissenschaft. So lassen sich auch Rückschlüsse auf die vorgeschichtliche Ausbreitung von Sprachen und die Ausbreitung der Menschheit ziehen.

Jede einzelne Sprache wird anhand der sogenannten Language Codes nach den ISO-639-Teilnormen international eindeutig klassifiziert. Die Zahl der gegenwärtig verwendeten menschlichen Sprachen liegt in der Größenordnung von etwa 7000. Bei etwa 200 Staaten auf der Welt ergibt das also einen rechnerischen Durchschnittswert von 35 Sprachen pro Staat. Die Verteilung ist aber sehr ungleich: Auf ganz Europa (ca. 50 Staaten) entfallen höchstens 280 Sprachen, aber alleine auf den Staat Papua-Neuguinea 830 Sprachen und auf Indonesien etwa 700. Mehr als die Hälfte aller Sprachen sind vom Sprachtod bedroht, da sie kaum noch gesprochen und häufig auch nicht mehr an Kinder weitergegeben werden. Man vermutet, dass daher in den nächsten 100 Jahren ein großer Teil der heute noch vorhandenen Sprachen verschwinden wird. Die häufigsten 200 Sprachen decken derzeit etwa 88% der Menschheit ab (als Muttersprache oder Zweitsprache).

Die Abgrenzung von Sprache und Dialekt war lange Zeit sehr umstritten, sei jedoch heute nach den Theorien von Heinz Kloss aufgrund von wissenschaftlichen Kriterien fast immer möglich (siehe hierzu auch den Artikel Dialekt).

Sprachen werden hinsichtlich ihrer Entstehung in natürlich entstandene Sprachen wie Englisch oder Spanisch und in bewusst ausgearbeitete konstruierte Sprachen wie Esperanto oder Klingonisch unterteilt.

Auch die natürliche Sprache kann von bewusster Planung beeinflusst werden, so etwa im Falle des Deutschen in der Bibelübersetzung von Martin Luther. Diese Varietät war eine konstruierte Form, die allerorten verstanden werden sollte. In der Folge wurde sie letztlich zur Verkehrssprache. Varianten von ethnischen Sprachen werden im Zuge von sprachpolitischen Maßnahmen manchmal zu einer Varietät nach Plan vereinheitlicht, wie etwa im Falle des Ladinischen in Südtirol/Norditalien. Es gibt jedoch Grenzen der Regelbarkeit von natürlicher Sprache, da es sich bei sprachlichem Wissen um unbewusstes Wissen handelt, das auch sehr früh im Leben erworben wird. Jede natürliche Sprache zeigt in diesem Kontext historische Veränderung, die über Normierungsversuche oft hinweggeht.

Konstruierte und formale Sprachen[Bearbeiten]

Konstruierte Sprachen, auch Kunstsprachen oder künstliche Sprachen, sind Sprachen, die von einer Person oder einer Gruppe aus verschiedenen Gründen und zu verschiedenen Zwecken neu entwickelt wurden. Sie stehen im Gegensatz zu den Natürliche Sprachen.

Anders als die natürlichen Einzelsprachen gehen formale Sprachen aus den Systemen von Logik und Mengenlehre hervor. Sie werden über eine aufzählbare Menge von Basisausdrücken, ausformulierte Regeln der Komposition und Kriterien für wohlgeformte Ausdrücke präzise und vollständig erfasst. Formale Sprachen finden z.B. in der theoretischen Informatik, vor allem bei der Berechenbarkeitstheorie und dem Compilerbau Anwendung. Programmiersprachen wie ALGOL, APL, Fortran, COBOL, BASIC, C, C++, Ada, Lisp, Prolog, Python, Java oder Perl sind für bestimmte Zwecke konstruiert und beruhen auf theoretischen sowie pragmatischen Überlegungen.

Beschreibungsprinzipien formaler Sprachen werden heute in der Linguistik auch auf die natürliche Sprache angewendet; Pionierarbeit haben dazu der amerikanische Logiker Richard Montague und der Linguist Noam Chomsky geleistet.

Der Mathematiker Paul Lorenzen verfolgte mit seinem Projekt des Orthosprachenprogramms die Konstruktion einer eindeutigen und methodisch aufgebauten Wissenschaftssprache nach dem Idealbild formaler Sprachen, was aber selbst „in der methodischen Philosophie höchst umstritten“ war.

Einordnung in die allgemeine Semiotik[Bearbeiten]

Auch die menschliche gesprochene Sprache kann als Zeichensystem im Sinne der allgemeinen Semiotik eingeordnet werden. Sie wird dann gegliedert in ein Inventar von einzelnen Zeichen und in grammatikalische Regeln (Syntaktik), durch die sie verknüpft werden können. Ferdinand de Saussure konzipierte das Sprachzeichen als eine willkürliche, nicht zwingende Verbindung von Lautbild (signifiant = das Bezeichnende) und mentaler Vorstellung (signifié = das Bezeichnete). Eine Bedeutung (Semantik) haben sowohl Einzelzeichen als auch syntaktisch zusammengesetzte Zeichen; die wesentlichen Aspekte in der Bedeutung zusammengesetzter Zeichen müssen im Normalfall nach der Bedeutung der Einzelzeichen und der Art ihrer Verknüpfung regelhaft ermittelt werden können (Kompositionalitätsprinzip).

Evolution der Sprachfähigkeit[Bearbeiten]

Sprache als „Instinkt zu lernen“[Bearbeiten]

Bereits Darwin unterschied zwischen der biologischen Fähigkeit des Menschen, die ihm ermöglicht, Sprache zu erwerben, und bestimmten Sprachen als solchen. Diese theoretische Unterscheidung wird von der modernen Kognitionsbiologie übernommen. Babys haben einen Instinkt zu brabbeln, müssen aber Sprache lernen. Für den Ethologen Peter Marler war daher Sprache wie für Darwin kein Instinkt, sondern „Sprache ist ein Instinkt zu lernen, deren Ausdruck beinhaltet, dass sowohl biologische als auch externe Voraussetzungen erfüllt sind“. Auf diesen „Instinkt“, Sprache zu lernen, ist die biologisch evolutionäre Erforschung der Sprachfähigkeit gerichtet. Ein wichtiges sprachbezogenes Gen, das in diesem Umfeld entdeckt wurde, ist FOXP2, ein phylogenetisch alter Transkriptionsfaktor, der für die flexibel oral-motorische Stimmkontrolle eine Rolle spielt. FOXP2 erfuhr bei der Gattung Mensch vor mindestens 400.000 Jahren eine entscheidende Mutation, was man daraus schließt, dass der Neandertaler dasselbe Allel besitzt. Für simple Aspekte der Syntax wurde ein Satz von vier charakteristischen Genen identifiziert.