Gesellschaft (Soziologie)

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Gesellschaft bezeichnet in der Soziologie eine durch unterschiedliche Merkmale zusammengefasste und abgegrenzte Anzahl von Personen, die als sozial Handelnde (Akteure) miteinander verknüpft leben und direkt oder indirekt sozial interagieren. Gesellschaft bezieht sich sowohl auf die Menschheit als ganze (gegenüber Tieren und Pflanzen) als auch auf bestimmte Gruppen von Menschen, beispielsweise auf ein Volk oder eine Nation. Gesellschaft kann sich aber auch auf einen räumlich abgegrenzten und strukturierten Zusammenhang zwischen Menschen beziehen, auf Kollektive oder auch auf ein Knäuel (cluster) im sozialen Netzwerk der Menschheit, das sich durch die Netzwerkdichte und Multiplexität der Interaktionen abgrenzen lässt. In den aktuellen Sozialwissenschaften wird die Bezeichnung oft mit ungenauer Bedeutung verwendet.

Der Gesellschaftsbegriff in der Ethnologie bzw. Anthropologie sowie im Staatsrecht wird jeweils anders definiert und verwendet als in der Soziologie. Theoretisch befasst sich die Gesellschaftstheorie mit dem soziologischen Begriff der Gesellschaft.

Begriffsgeschichte[Bearbeiten]

„Gesellschaft bedeutet wörtlich den Inbegriff räumlich vereint lebender oder vorübergehend auf einem Raum vereinter Personen. So ergibt es sich aus der etymologischen Herleitung des Wortes von ahd. sal = Raum, ahd. selida = Wohnung; heute noch erhalten in: nhd. ‚Saal‘, skand. = Stockwerk, russ. ssjelo = Hof, Landsitz (vielleicht zusammenhängend mit lat. solum = Grund und Boden). Geselle, ahd. gisellio, ist also der ‚Saalgenoss‘.“

Der Begriff ist unmittelbar wahrscheinlich von Geselle bzw. von Gesellenschaft abgeleitet. Gesellenschaft war der Zusammenschluss von Gesellen zur Durchsetzung von Forderungen zur Änderung der von den Zunftmeistern (der „Meisterschaft“) bestimmten Arbeitsbedingungen. Im heutigen Sprachgebrauch deuten Wendungen, wie „sich gesellen“ (vgl. „Gleich und gleich gesellt sich gern.“) oder „gesellig“ (Geselligkeit) auf einen räumlich und zeitlich offenen Zusammenhang von Personen. Der Konflikt zwischen Gesellenschaft und Meisterschaft der mittelalterlichen Zunft ist beiden Begriffen im heutigen Sprachgebrauch fremd. In der neuzeitlichen Rechtsentwicklung hat sich die Rechtssprache als wertungsfreier Gruppenbegriff durchgesetzt. In Schleiermachers Unterscheidung von Gesellschaft und Gemeinschaft klingt dieses Rechtsdenken an.

Die Ideen der Aufklärung von einer vernunftgemäßen Regierung wurden durch die Französische Revolution der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Im 19. Jahrhundert wurde dann „Gesellschaft“ zur Übersetzung von engl. society und frz. société eingesetzt. Der Begriff der civil society oder „bürgerlichen Gesellschaft“ diente dem aufkommenden Bürgertum als Gegenbegriff zum absolutistischen Fürstenstaat. Fortan wurde der Dualismus der Begriffe Staat und Gesellschaft grundlegend für die politische Philosophie des Liberalismus.

Biosoziologisch gesehen ist der Mensch von Natur aus in Gesellschaft. Mit (bereits) Aristoteles’ Worten ist er ein ζώον πολιτικόν (zóon politikón), ein auf „Staaten-(Gemeinden-, Poleis-)Bildung angelegtes Wesen“.