Erster Punischer Krieg

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Der Erste Punische Krieg (lateinisch bellum Punicum primum), auch Erster Römisch-Punischer Krieg, wurde zwischen Karthago und Rom von 264 bis 241 v. Chr. ausgetragen und war im Wesentlichen ein Kampf um Sizilien. Er war der erste von drei Kriegen zwischen beiden Reichen und der längste Krieg, den Rom bis dahin geführt hatte. Rom stieg durch die Eroberung Siziliens von einer regionalen Macht auf der Italischen Halbinsel zu einer Großmacht im Mittelmeerraum auf. Die von den Römern als Punier (Puni oder Poeni) bezeichneten Karthager konnten sich trotz großer Verluste als politischer Akteur im westlichen Mittelmeerraum zunächst behaupten.

Der Krieg begann, als Rom 264 v. Chr. den Mamertinern von Messana zur Hilfe kam und auf Sizilien intervenierte. Der Westen der Insel wurde von Karthago beherrscht. Syrakus schloss im Folgejahr Frieden mit Rom und wurde im weiteren Kriegsverlauf zu einem wichtigen Verbündeten. Nach dem Sieg in der Schlacht um Agrigent 262 v. Chr. plante Rom, die Karthager vollständig von Sizilien zu vertreiben. Dazu wurde eine eigene Flotte gebaut. Die neue Waffe der Enterbrücken glich die römischen Defizite im Manövrieren aus. Der Sieg in der Seeschlacht von Mylae war die Konsequenz und vor allem psychologisch wichtig. Zug um Zug dehnte Rom seine Aktivitäten in die Straße von Sizilien aus. Die Überfahrt nach Nordafrika 256 v. Chr. war der logische nächste Schritt. Nach ersten Erfolgen erlitten die Invasoren in der Schlacht bei Tynes eine schwere Niederlage (255 v. Chr.).

Die Überlebenden wurden von der römischen Flotte evakuiert, die nach ihrem Seesieg bei Kap Hermaion um zahlreiche gekaperte karthagische Schiffe vergrößert war. Auf der Rückfahrt nach Rom sank der Großteil dieser Flotte in der Schiffskatastrophe vor Kamarina. Nach weiteren Verlusten wurde der Schiffsbau staatlicherseits eingestellt, aber ein privater römischer Kaperkrieg weitergeführt. Im Jahr 242 wurde eine neue römische Flotte privat finanziert und mit Freiwilligen bemannt, die Erfahrungen aus dem Kaperkrieg mitbrachten. Dem Konsul Gaius Lutatius Catulus gelang im Frühjahr 241 mit dieser Flotte der entscheidende Sieg bei den Ägadischen Inseln, indem er einen großen karthagischen Versorgungskonvoi bei schwerem Seegang angriff. Danach bat Karthago um Frieden, verzichtete auf Sizilien und leistete hohe, von Rom zusätzlich verschärfte Reparationszahlungen.

Situation vor Kriegsbeginn[Bearbeiten]

Das Reich von Karthago war ein Zusammenschluss phönizischer Städte und Handelsniederlassungen gegen die griechische Expansion in den westlichen Mittelmeerraum. Besonders umkämpft war die Insel Sizilien, deren Westteil Karthago gegen alle griechischen Angriffe halten konnte. Am Vorabend der Auseinandersetzung mit Rom umfasste das Kerngebiet der Karthager die Nordküste Afrikas im Bereich der heutigen Staaten Tunesien, Libyen, Algerien und Marokko, außerdem den Westen Siziliens, die Inseln Sardinien und Korsika und die Südostküste des heutigen Spanien. Kennzeichnend war die starke Ausrichtung aufs Meer bei schwacher Kontrolle über das Hinterland. Karthagos Elite bezeichnet Jochen Bleicken mit der älteren Forschung als „Kaufmannsaristokratie“; das Heer habe zu einem erheblichen Teil aus Söldnern (Libyern, Iberern, Kelten, Griechen) bestanden. Walter Ameling stellt diese These in Frage: vor allem als Ruderer in der Flotte, aber auch als adlige Fußsoldaten-Elitetruppe und als Streitwagenkämpfer seien zahlreiche Karthager in den Kriegen, die ihr Reich führte, selbst involviert gewesen. Das impliziert militärisches Training auch in Friedenszeiten und ein militärisches Ethos der karthagischen Gesellschaft.

Die Frage, welche Verträge zwischen Rom und Karthago vor dem Beginn des Ersten Punischen Krieges bestanden, wird in der Forschung kontrovers diskutiert und ist auch durch das Gesamtbild beeinflusst, das der jeweilige Historiker von der karthagischen bzw. römischen Elite entwirft: War der karthagische Adel als „Kaufmannsaristokratie“ hauptsächlich auf die Erschließung neuer Märkte und Handelsvorteile aus, oder hatte er ein militärisches Selbstverständnis? War die römische Nobilität eine Meritokratie, in der Konsuln sich durch militärische Erfolge legitimieren mussten, und daher zu Abenteuern geneigt? Welche Rolle spielten demgegenüber juristische Erwägungen bei den Beschlüssen des Senats?

Der erste karthagisch-römische Vertrag (ungefähr 508/507 v. Chr.) und der zweite Vertrag zwischen beiden Reichen (348 v. Chr.) waren keine Vereinbarungen auf Augenhöhe; vielmehr war Karthago in der eindeutig stärkeren Position. Im ersten Vertrag akzeptierte Rom ein Fahrverbot für seine Kriegsschiffe vor der nordafrikanischen Küste, während karthagische Schiffe frei vor der Küste von Latium operieren durften und nur latinische Städte unter römischer Oberhoheit vor ihren Piratenaktionen geschützt wurden. Der von Karthago kontrollierte Westen Siziliens erscheint als eine Art Freihandelszone; Karthago förderte hier den römischen Handel. Der zweite Vertrag kam, so Klaus Zimmermann, auf römischen Wunsch zustande. Er spiegle die Situation Roms, das in Kämpfen um die Vorherrschaft in Mittelitalien gebunden war. Man wünschte anscheinend, dass Karthago als auswärtige Macht in Latium in einer Weise aktiv wurde, die Roms Gegnern Schaden zufügte. Rom gab Latium, so weit es nicht direkt unter römischer Kontrolle stand, karthagischen Angriffen preis und schwächte so die unabhängigen Städte Latiums, die nicht einmal durch einen Friedensvertrag mit Rom vor karthagischer Piraterie sicher waren. Karthago andererseits öffnete nur noch die eigene Metropole und Westsizilien für den römischen Handel, schloss also jede Art römischer Präsenz in einem Großteil seines Herrschaftsgebiets aus. Rom musste daran interessiert sein, die Bestimmungen dieses Vertrages durch ein besseres Abkommen zu ersetzen, sobald es sich aus seiner militärischen Bedrängnis befreit hatte. Dies geschah offenbar im späten 4. Jahrhundert. Titus Livius schrieb, dass das Bündnis mit Karthago 306 v. Chr. zum dritten Mal erneuert worden sei, doch scheint er den Vertrag von 348 als ersten Vertrag zu zählen, so dass zwischen 348 und 306 ein weiterer Vertragsabschluss anzunehmen wäre, über dessen Inhalt nichts bekannt ist.

Seit dem Ende des 4. Jahrhunderts gab es zwischen Rom und Karthago wahrscheinlich ein Abkommen, das die Straße von Messina als Grenze beider Einflussbereiche definierte. Sizilien gehörte demnach zu Karthago. Die Existenz dieses sogenannten Philinos-Vertrags (306 v. Chr.) wurde von dem grundsätzlich pro-römischen antiken Historiker Polybios bestritten mit dem Argument, er habe einen solchen Vertrag im römischen Archiv (Aerarium) nicht gesehen; Polybios erwähnte allerdings auch, dass er im Archiv nicht selbständig recherchierte, sondern dass ihm Dokumente vorgelegt wurden. Es erscheint naheliegend, dass ein Vertrag, der die römische Intervention in Messana so eklatant ins Unrecht setzte, später aus dem Archiv verschwunden sein könnte. Für die Historiker, die die Existenz des Philinos-Vertrags bezweifeln (und damit der Darstellung des Polybios folgen), sei eine vertragliche Festsetzung der Einflussbereiche von Rom und Karthago dagegen „zu gut, um wahr zu sein“ (Dexter Hoyos).

279/78 kam es zu einem weiteren Vertrag zwischen Rom, mittlerweile eine Regionalmacht in Mittelitalien, und Karthago. Pyrrhos von Epirus hatte zwei römische Heere in Unteritalien besiegt; nun wurde er von Syrakus um eine Intervention auf Sizilien gebeten. Ein Pakt zwischen Pyrrhos und Rom hätte Pyrrhos freie Hand gegeben, um auf Sizilien zugunsten der Griechen einzugreifen. Um Rom von einem solchen Separatfrieden abzubringen, bot Karthago Rom die Unterstützung seiner Flotte an. Rom stimmte zu und vermied auf diese Weise, nach zwei eigenen Niederlagen Frieden zu den Bedingungen des Pyrrhos schließen zu müssen. Bemerkenswert an dem Pyrrhos-Vertrag ist, dass er die Bestimmungen eines vorherigen Vertrages bekräftigte. Wenn der Vertrag von 306 eine Fiktion des Philinos gewesen wäre, hätte Rom 279/78 den Bestimmungen von 348 zugestimmt – angesichts der mittlerweile gewachsenen Bedeutung Roms schwer vorstellbar. Der Vertrag von 279/78 setzt voraus, dass Rom und Karthago sich bereits über eine Grenze zwischen ihren Interessensphären verständigt hatten, auch dies ein Indiz für die Historizität des Philinos-Vertrages.

Das Römische Reich beherrschte seit dem Sieg über Pyrrhos 275 v. Chr. Unteritalien. Zunächst bestand für die Landmacht Rom kein Interessenkonflikt mit der Seemacht Karthago, mit der man gegen die Griechen mehrfach verbündet gewesen war, so auch im Pyrrhoskrieg. Die Oberherrschaft Roms über die griechischen Städte Unteritaliens führte aber tendenziell dazu, dass Rom die Interessen dieser Städte und damit die Gegnerschaft zu Karthago übernahm.

Quellen[Bearbeiten]

  • Nigel Bagnall: Rom und Karthago. Der Kampf ums Mittelmeer. Siedler, Berlin 1995, ISBN 3-88680-489-5.