Freie und Reichsstädte

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Als Freie Städte und Reichsstädte wurden seit dem 15. Jahrhundert jene weitgehend autonomen Stadtgemeinden des Heiligen Römischen Reiches bezeichnet, die im Städtekollegium des Reichstags vertreten waren. Die eigentlichen Reichsstädte unterstanden keinem Reichsfürsten, sondern direkt dem Kaiser, waren also reichsunmittelbar. Dagegen hatten die Freien Städte zwar noch einen Bischof als nominellen Landesherrn, besaßen aber Selbstverwaltungsrechte und Privilegien, die sie den Reichsstädten de facto gleichstellten. Daher entstand im Laufe der Zeit die unkorrekte, volkstümliche Sammelbezeichnung „freie Reichsstadt“, obwohl nur wenige Städte gleichzeitig freie Stadt und Reichsstadt waren.

Reichsunmittelbarkeit und Freiheit[Bearbeiten]

Aus dem Status der Reichsunmittelbarkeit ergab sich für die Reichsstädte eine Reihe von Freiheiten und Privilegien. Sie waren im Inneren weitgehend autonom und besaßen im Allgemeinen eine eigene niedere und hohe Gerichtsbarkeit. Insbesondere die Hochgerichtsbarkeit stellte sie den Fürsten gleich und unterschied sie von den landständischen Städten, die einem Landesherrn untertan waren. Als Reichsstände hatten die Reichsstädte aber auch besondere Pflichten gegenüber dem Kaiser. So hatten sie ihre Steuern direkt an ihn abzuführen und auf Verlangen Heerfolge zu leisten.

Zu den freien Städten zählten die Bischofsstädte Basel, Straßburg, Speyer, Worms, Mainz, Köln und Regensburg. Sie hatten ihren Status durch kaiserliche oder bischöfliche Privilegien erlangt, die denen der Reichsstädte ähnlich waren. Unterschiede bestanden beispielsweise darin, dass sie dem Kaiser außer auf Kreuzzügen keine Heerfolge leisten und keine Steuern an ihn entrichten mussten.

Eine Zwischenstufe stellten die Reichsvogteistädte, wie Augsburg, dar. Diese hatten formal den Bischof als Stadtherrn. Ursprünglich waren aber die Bischöfe als Geistliche daran gehindert, bestimmte weltliche Herrschaftsrechte wie die Blutgerichtsbarkeit in Person auszuüben. Sie waren daher gezwungen, diese Tätigkeiten an Vögte zu delegieren. Als einige dieser Vogteien in die Hand des Kaisers übergingen und damit zu Reichsgut wurden, gerieten die bischöflichen Herrschaftsrechte gleichsam in die Zange. Denn der Vogt, dessen Rechte sich formal vom Bischof herleiteten, war nun zugleich dessen Lehensherr.

Die Freiheiten hatten die Bürger ihren jeweiligen Stadtherren mitunter abgetrotzt, sei es mit Gewalt oder mit Geld, etwa wenn sie durch Verpfändung oder gegen Darlehen einzelne Herrschaftsrechte wie das Münzregal oder die Hochgerichtsbarkeit erwarben. Während aber die weltlichen Landesherren ihre Herrschaftsrechte über die Städte ab dem Spätmittelalter zurückerlangten, hatten Kaiser und Bischöfe dazu weniger Mittel und Anlass, weil sie durch Wahl zu ihrem Amt kamen und die Rechte nicht vererben konnten.

Geschichte[Bearbeiten]

Anfänge[Bearbeiten]

Reichsstädte lagen auf Reichs- oder Königsgut und wurden daher zeitgenössisch als königliche Städte bezeichnet. Sie hatten also von Beginn an nur den römisch-deutschen König bzw. Kaiser als Herrn und waren damit reichsunmittelbar. Sie wurden ursprünglich von den freien Städten unterschieden, die zunächst einen Bischof als Stadtherrn hatten, dessen Regiment sie aber im 13. und 14. Jahrhundert abwerfen konnten. Anders als die Reichsstädte, waren die freien Städte nicht zur Steuerzahlung an den Kaiser verpflichtet und unterlagen ihm gegenüber nicht dem Gefolgszwang. Zu ihnen gehörten unter anderem Lübeck, Utrecht, Köln, Augsburg, Mainz (bis 1462), Worms, Speyer, Straßburg, Basel und Regensburg. Bei einigen blieb der Bischof jedoch formal weiterhin Stadtoberhaupt.

Reichsstädte verdanken ihre Freiheit oft dem Aussterben oder dem Machtverlust des Geschlechts des jeweiligen Landesherrn, so dass ihr Territorium ans Reich fiel. So wurde beispielsweise Zürich 1218 nach dem Erlöschen der Hauptlinie der Zähringer Reichsstadt, und Schaffhausen wurde von König Sigismund nach der Ächtung Friedrichs IV. von Österreich zur Reichsstadt erhoben, um dessen Machtbasis zu schmälern. Häufig entstanden Reichsstädte aus den Stadtgründungen, welche die 1245 entmachteten Staufer im 12. und 13. Jahrhundert auf Reichsgut vorgenommen hatten, oder sie waren schon zuvor im Besitz der Könige und Kaiser. Daher war die Zahl der Reichsstädte im deutschen Südwesten (dem Herrschaftsgebiet der Staufer) einschließlich des Elsasses und der heutigen Schweiz überdurchschnittlich groß. Dort bestand eine beträchtliche Zahl relativ kleiner Landstädte, die dennoch den Status einer Reichsstadt erwerben konnten (wie zum Beispiel Memmingen, Kaufbeuren, Ravensburg, Wangen im Allgäu, Pfullendorf, Buchau, Wimpfen, Bopfingen, Dinkelsbühl, Feuchtwangen, Rothenburg ob der Tauber, Schwäbisch Hall, Weil der Stadt, Mülhausen, Colmar, Weißenburg, Windsheim, Hagenau, Schlettstadt, Annweiler): Einerseits war das 12. und 13. Jahrhundert die Zeit der Städtegründungen, und andererseits ist es nach dem Untergang der Staufer keiner Territorialmacht mehr gelungen, deren früheren Besitz ihrer vollständigen Landeshoheit zu unterwerfen. Eine Hoheit gegenüber den ehemals staufischen Städten zu erzwingen, die von den Kaisern schon viele Freiheiten erhalten hatten, war nur in wenigen Fällen möglich. Da sich diese Städte nur noch dem gewählten römischen König oder Kaiser unterstellten, erwarben die meisten in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nach dem Interregnum den Status als Reichsstadt.

Überdies konnten sich im Laufe der Zeit viele freie Städte vom Rest ihrer geistlichen Stadtherrschaft emanzipieren. Anderen, beispielsweise Mainz, ging der Status der freien Stadt wieder verloren. Später nahmen die freien Städte zusammen mit den Reichsstädten an den Reichstagen teil. Die teilnehmenden Städte wurden unter dem Begriff „Freie und Reichsstädte“ zusammengefasst. Aus dieser Formel entstand durch Verkürzung der Begriff freie Reichsstadt.