Memel

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Die Memel, auch Njemen, (lat. Nemunas, russ. Neman, poln. Niemen) ist ein 937 km langer Strom, der von Belarus über Litauen in das Kurische Haff und die Ostsee fließt. In einem kurzen Abschnitt von ca. 15 km markiert sie die litauische Grenze zu Belarus, am Unterlauf die Grenze zur russischen Oblast Kaliningrad.

Etymologie[Bearbeiten]

Der Name „Memel“ leitet sich eventuell vom Kurisch-Litauischen ab: memelis, mimelis (stiller, langsamer, schweigender) litauisch mēms (stumm, sprachlos).

Der Name Memel war früher vor allem für den durch Preußisch Litauen fließenden Unterlauf des Flusses zwischen Smalininkai (Schmalleningken) bis zum Abzweig des Gilgestroms bei Tilsit gebräuchlich (64 km). Der Hauptstrom wurde von dort an als Ruß-Strom (35 km), ab der Ortschaft Ruß, wo dieser sich dann erneut in ein ausgeprägtes Mündungsdelta verzweigt, als Atmath (13 km) bezeichnet – heute ist hingegen für den gesamten Abschnitt die Bezeichnung Memel bzw. die litauische Entsprechung Nemunas gebräuchlich. Für den Flussabschnitt in Belarus und Litauen wurde auch im deutschen Sprachgebrauch eher die Bezeichnung Njemen oder Niemen gebraucht.

In antiken Schriften, so in der Geographike Hyphegesis des Claudius Ptolemäus, wird ein Fluss namens Rhubon (auch Rhudon) erwähnt, der in der Geschichtsforschung gelegentlich mit der Memel, von anderen Autoren allerdings auch mit der Düna gleichgesetzt wird.

Ein ähnlich benannter Fluss (Mēmele, beziehungsweise Nemunėlis in Litauen) entspringt in Nordlitauen und fließt durch Lettland in Richtung Rigaer Bucht. Eventuell gehört der Flussname zur Sprachfamilien übergreifenden sogenannten alteuropäischen Hydronymie; eine Namensparallele wäre dann auch der kleine linke Nebenfluss des Mains Mümling im Odenwald, dessen römisch-lateinischer Erstbeleg Nemaninga lautet.

Der Fluss war in antiker Zeit Teil des Handelswegs Bernsteinstraße von der Ostsee zum Mittelmeer.

In Litauischen wird die Memel (bzw. der Nemunas) auch als „Vater der Litauischen Flüsse“ bezeichnet, was neben der Mächtigkeit des Stroms u.a. auch darin begründet ist, dass sich fast das gesamte Staatsgebiet (abgesehen von einem Landstreifen an der nördlichen Grenze sowie im äußersten Nordwesten) im Memel-Becken befindet, somit über die Memel bzw. deren Zuflüsse entwässert wird – was mithin bedeutet, dass nahezu jedes litauische Fließgewässer letztlich in den Nemunas mündet.

Verlauf[Bearbeiten]

Die Memel entspringt in Belarus auf dem Belarussischen Höhenrücken etwas südwestlich von Minsk.

Von dort fließt sie anfangs in westlicher Richtung nach Hrodna. Danach wendet sie sich in überwiegend nördlicher Richtung nach Litauen, wobei sie den Baltischen Landrücken durchbricht und dann ab Kaunas wieder westlich fließt. Direkt vor Kaunas wird sie für ein Wasserkraftwerk zum Kaunasser Meer aufgestaut. Die Altstadt von Kaunas liegt an der Mündung des größten Nebenflusses Neris. Kurz nach Jurbarkas wird die Memel ab Smalininkai zum Grenzfluss zwischen Litauen und dem Kaliningrader Gebiet. Das Memel-Becken hat eine Größe von 97.928 km².

Die Memel bildet ein Mündungsdelta aus. Nachdem bereits bei Sowjetsk/Tilsit südwestlich ein Mündungsarm (Matrossowka, dt. Gilge, prußisch gilus, gilin, gillis (tief), litauisch Gilgė oder Gilija) abzweigt, markiert der Hauptstrom – ab diesem Punkt im Deutschen Ruß genannt – bis Rusnė den weiteren Grenzverlauf, wo er sich dann erneut mehrfach aufzweigt und das eigentliche, heute als Schutzgebiet ausgewiesene Memeldelta beginnt. Die Atmata (dt. Atmath, prußisch at, von, aus, her, prußisch mat schwenken), der nördlichste Mündungsarm gilt als Hauptstrom und offizielle Wasserstraße, der südlichste Arm, die Skirvytė (dt. Skirwieth oder Skirwiet, prußisch skirti teilen, trennen, scheiden, absondern, kennzeichnen, prußisch wistit, wirbeln) bildet den weiteren Grenzverlauf. Alle Arme münden in das zur Ostsee gehörende Kurische Haff.

An einer Landzunge gegenüber der Mündung der Atmata, auf dem Ventės Ragas, liegt Litauens bedeutendste Vogelwarte.

Quellen[Bearbeiten]

  • Kurt Forstreuter: Die Memel als Handelsstraße Preußens nach Osten. Gräfe & Unzer, Königsberg/Pr. 1931.