Belarus

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Belarus), im deutschen Sprachraum auch Weißrussland, ist ein 1991 gegründeter osteuropäischer Binnenstaat. Politisches und wirtschaftliches Zentrum ist die Millionenstadt Minsk. Belarus grenzt an Litauen, Lettland, Russland, die Ukraine und Polen. Das Land entstand aus der Weißrussischen Sozialistischen Sowjetrepublik, die durch die Auflösung der Sowjetunion unabhängig wurde.

Seit 1994 ist Aljaksandr Lukaschenka (im deutschen Sprachraum nach der russischen Transkription meist Alexander Lukaschenko der autoritär und repressiv regierende Präsident von Belarus, weshalb das Land häufig als „letzte Diktatur Europas“ bezeichnet wurde. Den mutmaßlichen Ergebnisfälschungen der Präsidentschaftswahl in Belarus 2020 im August folgten wochenlange landesweite Proteste und Streiks gegen Lukaschenkas Regierung. Die Demonstrationen wurden mit äußerster Brutalität niedergeschlagen. Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte sprach im September 2020 davon, dass man Berichte von über 450 dokumentierten Fällen von Folter und Misshandlungen erhalten habe.

Belarus ist Vollmitglied in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten.

Landesname[Bearbeiten]

Grundsätzliches[Bearbeiten]

Der Landesname Belarus setzt sich aus den Bestandteilen bela- (slawisch für „weiß“) und Rus (Name des mittelalterlichen ostslawischen Herrschaftsgebiets) zusammen. Zur Etymologie des Wortes Rus sowie zur historischen Bedeutung von bela- in diesem Zusammenhang gibt es unterschiedliche Theorien. Vorherrschend ist die folgende Ansicht: Demnach lässt sich Rus aus dem altfinnischen rūōtsi („die Ruderer“) herleiten und bezeichnet die skandinavischen Waräger. Bela- wird als Bestandteil eines Systems zur Bezeichnung von Himmelsrichtungen mit Hilfe von Farben angesehen, wobei sich die Farbe Weiß auf den Westen der ehemaligen Kiewer Rus bezieht.

Der Name Belaja Rus lässt sich in den Quellen seit dem 13. Jahrhundert nachweisen. Rus war der ostslawische Name für skandinavisch-slawische Herrschaftsgebiete wie das der Kiewer Rus, zu der das Gebiet seit dem 9. Jahrhundert gehörte.

Die historischen deutschen Bezeichnungen für die Rus waren Russland, Reußen oder Ruthenien, jedoch wurde ab der Mitte des 20. Jahrhunderts unmittelbar aus den ostslawischen Sprachen die Form Rus übernommen. Der Begriff Alba Russia (Weiße Rus) wurde in mittelalterlichen Quellen lange Zeit verschiedenen Teilen der Rus zugeordnet: der Republik Nowgorod, dem Großfürstentum Moskau oder dem östlichen Teil des heutigen Staatsgebiets von Belarus, im Gegensatz zur Schwarzen Rus für die Gegend rund um Grodno. Das farbliche Begriffspaar wurde darüber hinaus oft für verschiedene Gebiete und in verschiedenen Bedeutungen verwendet, bis der Begriff Weißrussland im 19. Jahrhundert einen festen Bezug zum ethnischen Siedlungsraum jenes Teils der Ostslawen entwickelte, die sich bis zu den Teilungen Polen-Litauens als kulturell und sprachlich unterschiedliche Gruppe im Machtbereich Litauens ausprägten.

Früher wurde das Land auch Weißruthenien und im Sprachgebrauch in der DDR Belorußland genannt. Die Historikerin Diana Siebert meint, die „eigentlich beste Bezeichnung Weißruthenien“ sei historisch zu belastet und nicht mehr zur Verwendung geeignet. Während des Zweiten Weltkriegs wurde in der NS-Sprache der Begriff „Weißruthenien“ verwendet, was das Bemühen des Reichsministers für die besetzten Ostgebiete, Alfred Rosenberg, widerspiegelte, die Weißrussen möglichst stark von den Großrussen zu unterscheiden.

„Weißrussland“ und „Belarus“[Bearbeiten]

Die deutschsprachigen traditionellen Benennungen „Weißrussland“, „Weißrussen“, „weißrussisch“ stehen in jüngerer Zeit in der Kritik: So wird argumentiert, dass Weißrussland eine politische, kulturelle und sprachliche Abhängigkeit von Russland bzw. Großrussland suggeriere. Anhänger dieser Position plädieren für die Bezeichnung Belarus und versuchen, auch das Adjektiv belarusisch (mit einem „s“) zu popularisieren.

Gegner dieser Sichtweise argumentieren, dass „Weiß-“ lediglich eine Übersetzung von bela- darstelle, und Schreibungen wie „Belarusen“ anstelle von „-russen“ zudem auch eine Änderung der Aussprache von stimmlosem zu stimmhaftem „s“ erfordere. Außerdem müsse dann auch Russland mit seiner etymologischen Anknüpfung an die Rus hinterfragt werden, da diese Bezeichnung das heutige Russland als einzigen semantisch „unmarkierten“ Nachfolger der mittelalterlichen Rus erscheinen lasse.

Ähnliche Kontroversen um die Benennung bzw. Schreibung des Landes, seiner Bewohner und der Nationalsprache sind auch in anderen Sprachen, darunter Russisch, Englisch und Schwedisch, ausgetragen worden.

Eine Ende Januar 2020 gegründete Belarusisch-Deutsche Geschichtskommission empfiehlt, als Landesname Belarus mit Betonung auf -rus und als Adjektiv belarusisch (statt belarussisch) in deutschsprachigen Texten zu verwenden; damit werde deutlich, dass es sich bei der Republik Belarus um einen souveränen Staat handelt, der nicht Teil Russlands ist. Zahlreiche deutschsprachige Nachrichten- und Presseagenturen sowie Medien übernahmen dies und verwenden seither insbesondere als Landesnamen zunehmend Belarus, wenngleich sie das Adjektiv oft belarussisch schreiben.

Die offiziellen belarusischen Stellen sowie die österreichische und schweizerische Diplomatie verwenden in offiziellen deutschsprachigen Texten den Namen Belarus. In Deutschland hingegen galt auf offizieller Ebene die Regelung, dass im zwischenstaatlichen Verkehr Belarus, im innerstaatlichen Verkehr und auf Landkarten hingegen die Bezeichnung Weißrussland verwendet wird. Die Regelung zum innerstaatlichen Verkehr wurde Anfang Oktober 2021 gestrichen. Seither wird in Deutschland im amtlichen Gebrauch ausschließlich Belarus verwendet.