Nordanatolische Verwerfung

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Die Nordanatolische Verwerfung (auch Nordanatolische Verwerfungszone, Nordanatolische Störung oder Nordanatolische Störungszone) ist eine rechtssinnige (dextrale) Transformstörung, die die Anatolische Kleinplatte nach Norden gegen die Eurasische Platte begrenzt. Sie erstreckt sich über ca. 1.200 km quer durch den Norden der Anatolischen Halbinsel über das Marmarameer bis in die nördliche Ägäis. Entlang ihres Verlaufs kommt es immer wieder zu Erdbeben mit Erdbebenherden in geringer Tiefe. Das letzte große Erdbeben war 1999 das Erdbeben von Gölcük bei İzmit mit rund 18.000 Toten.

Geologischer Hintergrund[Bearbeiten]

Schwere Erdbeben insbesondere im östlichen Mittelmeerraum sind eine Begleiterscheinung der nunmehr rund 50 Millionen Jahre andauernden Kollision der Kontinentalblöcke Afrika-Arabiens und des nördlichen Eurasiens. Doch anders als in vielen anderen Abschnitten der Kollisionszone, schieben sich im Norden der Türkei die Lithosphärenplatten nicht übereinander, sondern aneinander vorbei (Transformstörung). Die mittlere relative Bewegungsrate an der Nordanatolischen Verwerfung beträgt 23 bis 25 Millimeter pro Jahr, der Gesamtversatz bis heute beträgt 80 bis 90 km. Während die Nordanatolische Verwerfungszone im Osten mit kaum mehr als 10 km sehr schmal ist, wird sie gegen Westen immer breiter und geht in eine Scherzone über, die im Bereich des Marmarameers einige hundert Kilometer breit ist.

Die Nordanatolische Verwerfung ist ein Resultat sogenannter Extrusions- oder Fluchttektonik: Infolge des Kollisionsdruckes bildete sich ein Kontinentalfragment, das der annähernd nord-südlich gerichteten Kompression nach Westen ausweicht – die Anatolische Platte (entsprechend seiner Form auch Anatolischer Keil genannt). Dabei können die Platten wegen der hohen Reibung nicht kontinuierlich aneinander vorbeigleiten. Stattdessen bauen sich über Tage bis Jahrzehnte hinweg mechanische Spannungen an den Plattengrenzen auf, die sich ruckartig dort in Form von Erdbeben entladen, wo die Spannung lokal größer als die Reibungskraft oder größer als die Festigkeit des Gesteins der entlang der Verwerfung mitunter faktisch ineinander verhakten Krustenschollen geworden ist. Das Gegenstück zur Nordanatolischen Verwerfung ist die Ostanatolische Verwerfung, die die Plattengrenze zur Arabischen Platte bildet.