Sein

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Sein (gr. eĩnai, lat. esse – beides Infinitive), Dasein, Gegebensein bezeichnet den Grundbegriff der Philosophie und Metaphysik. Das Verb sein, zu dem Sein den substantivierten Infinitiv bildet, kann nicht eindeutig definiert werden und erfordert einen zugrunde gelegten Seinsbegriff. In der Tradition gibt es dabei zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze:

  1. Das univoke (eindeutige) Seinsverständnis: Sein ist das Merkmal, was allen Seienden nach Abzug der jeweils individuellen Eigenschaften immer noch gemeinsam ist (Entität).
  2. Das analoge Seinsverständnis: Sein ist das, was „allem“ zukommt, der Gegenbegriff zum Sein ist das Nichts, da nichts außerhalb des Seins stehen kann.

Dagegen beschreibt der Begriff des Seienden (gr. to ón, mittellateinisch ens – Partizip) einzelne Gegenstände oder Tatsachen. Seiendes kann auch die Gesamtheit des Existierenden, also „die ganze Welt“, bezeichnen, solange dies räumlich und zeitlich bestimmbar ist. Sein ist hingegen das unveränderliche, zeitlose, umfassende Wesen (griechisch ousia, lateinisch essentia) sowohl einzelner Gegenstände als auch der Welt als Ganzes.

Die Begriffe „Seiendes“ und „Sein“ stehen in einem Spannungsverhältnis, da jedem Seienden in irgendeiner Weise ein Sein zukommt. Seiendes ist im Werden vergänglich und gewordenes Mögliches. Die Untersuchung des Wesens von allem Seienden ist Hauptgegenstand der Ontologie. Ein weiteres Thema ist die Abgrenzung des Seienden zum Nichtseienden. So betont jede Form des Realismus, dass es sich vor allem beim sinnlich Gegebenen um Seiendes handelt, dagegen bei bloß Gedachtem eher um Nichtseiendes. Seiendes setzt eine existierende Welt von Gegenständen, Eigenschaften oder Beziehungen voraus. Im Gegensatz dazu sehen die verschiedenen Formen des Idealismus das eigentlich Seiende in der Innenwelt des rein gedanklich Vorgestellten, während gerade die Realität einer Außenwelt bestritten und für bloßen Schein gehalten wird.

Der Begriff des Seins hat den weitesten möglichen Bedeutungsumfang (Extension) überhaupt, weil er sich auf alles, was denkbar ist, beziehen kann. Alles, was denkbar ist, bedeutet dabei alles, was nicht „nicht ist“. Für Sein und Nichts gilt der Satz vom ausgeschlossenen Dritten. Erst durch den Begriff des Seins wird die Vorstellung von Negation und Differenz möglich. Differenz ist der Übergang vom Sein zum Seienden. Das Sein und das Seiende stehen in einem dialektischen Verhältnis zueinander. Aus dem Sein (These) und dem Nichts (Antithese) ergibt sich durch die Unterscheidbarkeit das Seiende (Synthese). Der Unterschied von Sein und Existenz besteht darin, dass man mit Existenz ein Sein in der Realität mit einer örtlichen und zeitlichen Bestimmung meint. Demgegenüber kann man auch solchen Gegenständen ohne bewiesene Existenz durchaus Eigenschaften zuschreiben: Atlantis ist ein untergegangenes Weltreich.

Der Begriff des Seins wird in der allgemeinen Metaphysik diskutiert. Sie fragt nach den allgemeinsten Kategorien des Seins und heißt deshalb auch Fundamentalphilosophie. Sofern sie das Sein als Seiendes untersucht, spricht man von Ontologie (Seinslehre).

Der Begriff des Seins[Bearbeiten]

Ein erster Zugang zum Thema ist der sprachliche Gebrauch des Ausdrucks sein. Im umgangssprachlichen Deutsch und in den indogermanischen Sprachen überhaupt wird „sein“ als sprachliche Verknüpfung, als Kopula, zur Verbindung von Subjekt und Prädikat in Sätzen grammatisch oder in Aussagen der Logik verwendet. Ob diese grammatische Funktion als bloße Kopula einer semantischen Bedeutungslosigkeit des Wortes „Sein“ entspricht, wird spätestens seit Aristoteles kontrovers diskutiert.

Zitat
"Auch das Sein oder Nichtsein ist kein bedeutungshaltiges Zeichen der Sache [von der es gesagt wird], auch dann nicht, wenn man das ‚seiend‘ an sich selbst nackt sagen würde, denn es selbst ist gar nichts, sondern bezeichnet eine gewisse Verbindung [zu etwas] hinzu, welche ohne das Verbundene nicht zu denken ist" - Aristoteles

Dabei kommt es, so eine Beobachtung von Aristoteles, die auch heute noch viele Philosophen für zutreffend halten, je nach Aussagekonstellation zu verschiedenen Bedeutungen des Wortes „ist“. "Da aber das Seiende, schlechthin ausgesprochen, in vielfachen Bedeutungen gebraucht wird.

Man kann die verschiedenen Bedeutungen des Wortes „ist“ im Deutschen schematisch wie folgt unterscheiden

  1. Existenz. Beispiel: Sokrates ist.
  2. Relation
    1. Identität
      1. mathematische Gleichheit. Beispiel: Zweimal zwei ist vier.
      2. Kennzeichnung. Beispiel: Aristoteles ist der Lehrer von Alexander.
      3. Definition. Beispiel: Ontologie ist die Lehre vom Seienden.
    2. Prädikation von Eigenschaften. Beispiel: Sokrates ist sterblich.
    3. Klassifizierung. Beispiel: Ein Elefant ist ein Säugetier.

Die Verwendung des „ist“ zur Kennzeichnung von Existenz kann sich auf die Existenz von Gegenständen, aber auch von Sachverhalten (es ist der Fall, dass …) beziehen. Die anderen Verwendungen von „ist“, also Identität, Prädikation oder Klassifizierung kennzeichnen Relationen oder Eigenschaften, wobei sie jeweils die Existenz des Subjektes implizit unterstellen (sog. Existenzpräsupposition).