Protektorat Böhmen und Mähren: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Protektorat Böhmen und Mähren''' (tschech. ''Protektorát Čechy a Morava'') war eine formal [[Autonomie (Politikwissenschaft)|autonome]] [[Verwaltungseinheit]] auf [[Tschechoslowakei|tschechoslowakischem]] Gebiet unter [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischer]] deutscher Herrschaft, die von 1939 bis 1945 bestand. Sie umfasste das Territorium der [[Zweite Tschechoslowakische Republik|Tschecho-Slowakischen Republik]], das nach der erzwungenen [[Abtretung (Völkerrecht)|Abtretung]] des [[Sudetenland]]s ans [[Deutsches Reich|Reich]], des [[Olsagebiet]]s an [[Zweite Polnische Republik|Polen]] und slowakischer Landesteile an [[Königreich Ungarn|Ungarn]] infolge des [[Erster Wiener Schiedsspruch|Ersten Wiener Schiedsspruchs]] im Herbst 1938 sowie nach der [[Sezession]] der [[Erste Slowakische Republik|Slowakei]] am 14. März 1939 verblieben war. Nach der slowakischen Unabhängigkeitserklärung unterzeichneten der tschechoslowakische Staatspräsident [[Emil Hácha]] und Außenminister [[František Chvalkovský]] in der Nacht vom 14. auf den 15. März 1939 unter massivem deutschen Druck einen Protektoratsvertrag. Die [[Wehrmacht]] marschierte in den frühen Morgenstunden des 15. März ein (die so genannte „[[Zerschlagung der Rest-Tschechei]]“). Das besetzte Gebiet wurde anschließend [[Annexion|annektiert]]. In einem [[Führererlass]] erklärte [[Adolf Hitler]] es zu einem Teil des [[Großdeutsches Reich|Großdeutschen Reiches]] mit begrenzter [[Selbstverwaltung]]. Der deutsche Reichsprotektor konnte jederzeit alle Beschlüsse der tschechischen Protektoratsregierung aufheben.
Das '''Protektorat Böhmen und Mähren''' (tschech. ''Protektorát Čechy a Morava'') war eine formal [[Autonomie (Politikwissenschaft)|autonome]] [[Verwaltungseinheit]] auf [[Tschechoslowakei|tschechoslowakischem]] Gebiet unter [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischer]] deutscher Herrschaft, die von 1939 bis 1945 bestand. Sie umfasste das Territorium der [[Tschecho-Slowakische Republik|Tschecho-Slowakischen Republik]], das nach der erzwungenen [[Abtretung (Völkerrecht)|Abtretung]] des [[Sudetenland]]s ans [[Deutsches Reich|Reich]], des [[Olsagebiet]]s an [[Zweite Polnische Republik|Polen]] und slowakischer Landesteile an [[Königreich Ungarn|Ungarn]] infolge des [[Erster Wiener Schiedsspruch|Ersten Wiener Schiedsspruchs]] im Herbst 1938 sowie nach der [[Sezession]] der [[Erste Slowakische Republik|Slowakei]] am 14. März 1939 verblieben war. Nach der slowakischen Unabhängigkeitserklärung unterzeichneten der tschechoslowakische Staatspräsident [[Emil Hácha]] und Außenminister [[František Chvalkovský]] in der Nacht vom 14. auf den 15. März 1939 unter massivem deutschen Druck einen Protektoratsvertrag. Die [[Wehrmacht]] marschierte in den frühen Morgenstunden des 15. März ein (die so genannte „[[Zerschlagung der Rest-Tschechei]]“). Das besetzte Gebiet wurde anschließend [[Annexion|annektiert]]. In einem [[Führererlass]] erklärte [[Adolf Hitler]] es zu einem Teil des [[Großdeutsches Reich|Großdeutschen Reiches]] mit begrenzter [[Selbstverwaltung]]. Der deutsche Reichsprotektor konnte jederzeit alle Beschlüsse der tschechischen Protektoratsregierung aufheben.


Mit der Errichtung des „Reichsprotektorats“ begann die Realisierung der [[Nationalsozialistische Europapläne|nationalsozialistischen Expansions- und Okkupationspolitik]]. Viele [[Politischer Gegner|politische Gegner]], insbesondere [[Komunistická strana Československa|Kommunisten]] und [[Česká strana sociálně demokratická|Sozialdemokraten]], sowie [[Auswanderung#20. Jahrhundert bis 1945|Emigranten]] und eine große Anzahl [[Geschichte der Juden in Tschechien|Juden]] wurden verhaftet. Die [[Zeit des Nationalsozialismus|nationalsozialistische Herrschaft]] zielte kurzfristig auf die Ausbeutung der wirtschaftlichen Ressourcen und namentlich der Arbeitskraft der Bevölkerung durch [[NS-Zwangsarbeit]]. Langfristig war eine „[[Germanisierung#Zeit des Nationalsozialismus|Germanisierung]]“ des Gebietes, das in Deutschland als Inland besonderer Art galt, geplant.
Mit der Errichtung des „Reichsprotektorats“ begann die Realisierung der [[Nationalsozialistische Europapläne|nationalsozialistischen Expansions- und Okkupationspolitik]]. Viele [[Politischer Gegner|politische Gegner]], insbesondere [[Komunistická strana Československa|Kommunisten]] und [[Česká strana sociálně demokratická|Sozialdemokraten]], sowie [[Auswanderung#20. Jahrhundert bis 1945|Emigranten]] und eine große Anzahl [[Geschichte der Juden in Tschechien|Juden]] wurden verhaftet. Die [[Zeit des Nationalsozialismus|nationalsozialistische Herrschaft]] zielte kurzfristig auf die Ausbeutung der wirtschaftlichen Ressourcen und namentlich der Arbeitskraft der Bevölkerung durch [[NS-Zwangsarbeit]]. Langfristig war eine „[[Germanisierung#Zeit des Nationalsozialismus|Germanisierung]]“ des Gebietes, das in Deutschland als Inland besonderer Art galt, geplant.

Aktuelle Version vom 29. März 2024, 05:36 Uhr

Das Protektorat Böhmen und Mähren (tschech. Protektorát Čechy a Morava) war eine formal autonome Verwaltungseinheit auf tschechoslowakischem Gebiet unter nationalsozialistischer deutscher Herrschaft, die von 1939 bis 1945 bestand. Sie umfasste das Territorium der Tschecho-Slowakischen Republik, das nach der erzwungenen Abtretung des Sudetenlands ans Reich, des Olsagebiets an Polen und slowakischer Landesteile an Ungarn infolge des Ersten Wiener Schiedsspruchs im Herbst 1938 sowie nach der Sezession der Slowakei am 14. März 1939 verblieben war. Nach der slowakischen Unabhängigkeitserklärung unterzeichneten der tschechoslowakische Staatspräsident Emil Hácha und Außenminister František Chvalkovský in der Nacht vom 14. auf den 15. März 1939 unter massivem deutschen Druck einen Protektoratsvertrag. Die Wehrmacht marschierte in den frühen Morgenstunden des 15. März ein (die so genannte „Zerschlagung der Rest-Tschechei“). Das besetzte Gebiet wurde anschließend annektiert. In einem Führererlass erklärte Adolf Hitler es zu einem Teil des Großdeutschen Reiches mit begrenzter Selbstverwaltung. Der deutsche Reichsprotektor konnte jederzeit alle Beschlüsse der tschechischen Protektoratsregierung aufheben.

Mit der Errichtung des „Reichsprotektorats“ begann die Realisierung der nationalsozialistischen Expansions- und Okkupationspolitik. Viele politische Gegner, insbesondere Kommunisten und Sozialdemokraten, sowie Emigranten und eine große Anzahl Juden wurden verhaftet. Die nationalsozialistische Herrschaft zielte kurzfristig auf die Ausbeutung der wirtschaftlichen Ressourcen und namentlich der Arbeitskraft der Bevölkerung durch NS-Zwangsarbeit. Langfristig war eine „Germanisierung“ des Gebietes, das in Deutschland als Inland besonderer Art galt, geplant.

Quellen[Bearbeiten]

  • Detlef Brandes: Die Tschechen unter deutschem Protektorat. Teil I. Besatzungspolitik, Kollaboration und Widerstand im Protektorat Böhmen und Mähren bis Heydrichs Tod (1939–1942). Oldenbourg, München/Wien 1969, ISBN 3-486-43041-6.