Algonkin-Sprachen

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Die Algonkin-Sprachen sind eine in Nordamerika beheimatete Sprachfamilie der indigenen amerikanischen Sprachen. Möglicherweise ist Algonkin mit den in Nordkalifornien gesprochenen Einzelsprachen Wiyot und Yurok zu einer Algisch genannten Sprachfamilie 2. Grades zusammenzufassen.

Zusammen mit den athapaskischen, irokesischen, uto-aztekischen, Muskogee-, Sioux- und Caddo-Sprachen waren die Algonkin-Sprachen eine der weitestverbreiteten Sprachfamilien der Indianer Nordamerikas: von der Atlantikküste im Osten bis auf die Plains im Westen, von der Subarktis im Norden bis nach North Carolina im Süden.

Die Diversifizierung der einzelnen Sprachen ist durchaus beachtlich, gegenseitige Verstehbarkeit dürfte nur bei einigen wenigen Fällen wie Ojibwa und Potawatomi vorliegen.

Klassifikation des Algonkin[Bearbeiten]

Umstritten ist allerdings die Subgruppierung des Algonkin. Lediglich eine periphere Position des Blackfoot scheint klar, obschon seine Besonderheiten auch erst rezent durch intensive Kontaktwirkungen entstanden sein könnten (Bakker). Areale Gruppen wie ein hypothetisches Plains-Algonkin sind nicht haltbar, und selbst eine bislang akzeptierte Ost-Algonkin-Einheit wurde von Paul Proulx infrage gestellt, da ihre Validität von bestreitbaren Annahmen über relative Chronologie abhängt.

Regionale Sprachgruppen[Bearbeiten]

Trotz dieser Vorbemerkungen werden zumeist (wenn auch hilfsweise) heute immer noch drei große regionale bzw. areale Sprachgruppen angenommen (Goddard 1996 und Mithun 1999):

  1. Plains-Algonkin-Sprachen (Verwandtschaft sowie Ähnlichkeit besteht vermutlich allein auf Grund regionalen Sprachkontakts benachbarter Einzelsprachen; Arapaho-Sprachen, Blackfoot, Cheyenne)
  2. Zentral-Algonkin bzw. Zentrale Algonkin-Sprachen (Verwandtschaft sowie Ähnlichkeit besteht vermutlich allein auf Grund regionalen Sprachkontakts benachbarter Einzelsprachen; Ojibwe, Cree-Montagnais-Naskapi, Fox-Sauk-Kickapoo, Menominee, Miami-Illinois, Potawatomi, Shawnee)
  3. Ost-Algonkin bzw. Östliche Algonkin-Sprachen (bilden eine genetische Einheit; Östliches Abenaki, Westliches Abenaki, Etchemin (?), Delawarisch, Nipmuck, Mahican, Malecite-Passamaquoddy, Massachusett, Mi'kmaq, Narragansett, Mohegan-Pequot, Nanticoke, Carolina-Algonkin (Pamlico), Powhatan, Quiripi-Naugatuck, Piscataway)

Bei dieser traditionellen Klassifikation muss jedoch bedacht werden, dass diese Unterteilung primär auf Grund geographischer/regionaler und hierdurch (zumeist) kultureller Gemeinsamkeiten dieser drei regionalen Sprachgruppen beruht als auf sprachlicher; nur das Ost-Algonkin bzw. Östliches Algonkin bildet eine linguistische genetische Einheit. (Die Sprecher von genetisch verwandten Sprachen müssen nicht auch ethnologisch (biologisch-genetisch) verwandt sein.)

Über eine eventuelle Zugehörigkeit des ausgestorbenen Beothuk auf Neufundland zur Algonkin-Sprachgruppe kann aufgrund der dürftigen Datenlage nur spekuliert werden.

Phonologie[Bearbeiten]

Die Algonkin-Sprachen zeichnen sich durch relativ geringe Inventare an Phonemen, andererseits jedoch durch eine komplexe Morphophonologie aus.

Morphologie und Grammatik[Bearbeiten]

Sämtliche Algonkin-Sprachen sind als hochgradig polysynthetische Sprachen agglutinierend, teils sogar stark flektierend, mit formal zu unterscheidenden Positionsklassen (Initiate, Mediale, Finale). Komplexe Aussagen sind so durch eine einzige Verbform möglich. Hierzu dienen Suffixe, Präfixe und Infixe, doch werden auch Nomina und adverbielle Elemente („Präverben“) in die Verbformen inkorporiert. So werden transitive Verben nicht nur hinsichtlich des Subjekts, sondern auch des Objekts konjugiert. Zudem gibt es nach einer Hierarchie von Subjekt und Objekt zueinander eine „direkte“ und eine „inverse Flexion“ („Direktionalität“). Objekte können im Verb durch Applikative ausgedrückt werden. Verben werden nach vier Klassen unterschieden: animat-intransitiv (AI), inanimat-intransitiv (II), animat-transitiv (AT) und inanimat-transitiv (IT).

Substantive werden im Genus bzw. der Nominalklasse nach Belebtem (Animatum) und Unbelebtem (Inanimatum) unterteilt. Die Zuordnung einzelner Nomina zu einem Genus ist nicht immer in allen Algonkin-Sprachen gleich, jedoch sind in der Regel Menschen, Tiere, Bäume und Geister belebt, Gegenstände, aber auch kleine Pflanzen dagegen unbelebt. Substantive und generell die dritte Person werden im Satz auch nach der Relevanz für das jeweilige Thema (Obviation) sowie nach An- oder Abwesenheit (Verlorenes, Verstorbene) markiert. Es gibt drei grammatische Personen mit einer Unterscheidung zwischen inklusivem und exklusivem Wir und zwei Numeri (Singular und Plural). Den Adjektiven entsprechende attributive Elemente („Pränomina“) werden den Nomina vorangestellt. Die Satzstellung ist meist Subjekt-Verb-Objekt oder Subjekt-Objekt-Verb, doch wird die Bedeutung der Aussage durch die synthetische Struktur der Sprache bestimmt.

Einen Eindruck von der Struktur der Algonkin-Sprachen vermittelt der Beispieltext „Zwei Frauen, die fischen gingen“ im Artikel zur Ojibwe-Sprache.