Attentat von Sarajevo

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Beim Attentat von Sarajevo am 28.06.1914 wurden der Thronfolger Österreich-Ungarns Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie Chotek, Herzogin von Hohenberg, bei ihrem Besuch in Sarajevo von Gavrilo Princip, einem Mitglied der serbisch-nationalistischen Bewegung Mlada Bosna (Junges Bosnien), ermordet. Das von der serbischen Geheimgesellschaft Schwarze Hand geplante Attentat in der bosnischen Hauptstadt löste die Julikrise aus, die schließlich zum Ersten Weltkrieg führte.

Vorgeschichte[Bearbeiten]

Zeitliche Festlegung des Besuchs[Bearbeiten]

Der Erzherzog Franz Ferdinand begab sich von einem Treffen mit dem deutschen Kaiser Wilhelm II. auf seinem Landsitz Schloss Konopischt in Beneschau (Böhmen) nach Sarajevo, um dem Abschluss der Manöver des k.u.k. XV. und XVI. Korps in Bosnien beizuwohnen. Der Besuch wurde auf Bitte des k.u.k. Statthalters von Bosnien-Herzegowina, Feldzeugmeister Oskar Potiorek, auf den 28.06. festgelegt.

Die Attentäter planten den Anschlag allerdings schon seit März 1914, weil Zeitungen den Besuch Franz Ferdinands ohne genaue Datumsnennung angekündigt hatten. Den Attentätern war es vor allem wichtig, bei dem Besuch Franz Ferdinands ein Attentat auszuüben, wobei die tiefere Bedeutung des 28. Juni (15. Juni des Julianischen Kalenders) wohl nur ein Nebeneffekt war. An jenem Veitstag (Vidovdan) war der 525. Jahrestag der Schlacht auf dem Amselfeld – ein symbolisches Datum für viele Serben. Gemäß einem Schreiben des Sekretärs der k.u.k. Gesandtschaft in Belgrad, Ritter von Storck, an den Außenminister Graf Leopold Berchtold vom 29. Juni 1914 müssen die österreichisch-ungarischen Behörden über das Ausmaß der monatelang im Voraus geplanten umfangreichen Veranstaltungen im Königreich Serbien zur 525-Jahr-Feier der verlorenen Schlacht sehr gut informiert gewesen sein.

Einerseits war der Frühsommer eine übliche Jahreszeit für Manöver, und der Besuch eines Manövers bot sich an, da der Thronfolger bereits seit 1909 als Generalinspektor anstelle des Kaisers derartige Truppenbesuche vornahm. Potiorek wollte das Ansehen der Donaumonarchie, das seit der Bosnischen Annexionskrise des Jahres 1908 nicht sehr hoch war, mit einem Besuch des Thronfolgers pflegen, wozu eine gezielte Provokation kaum beigetragen hätte. Auch machte der für Bosnien und Herzegowina zuständige Finanzminister Leon Ritter von Biliński zu keiner Zeit Einwendungen gegen den Besuch, weil ihm zufolge der ursprüngliche vom Kaiser genehmigte Plan einen Besuch der Stadt gar nicht vorsah.

Andererseits lässt sich eine eventuelle Provokation durch den nach einem Krieg strebenden Flügel der Regierungskreise in der Donaumonarchie nicht ausschließen. Biliński erwähnt in seinen Memoiren, dass Potiorek eine tiefe Abneigung gegen Serben gehegt habe, was die Bosnienpolitik Österreich-Ungarns und den Konsens mit den bosnischen Serben massiv behindert hätte. Laut Biliński habe der ursprüngliche und von Kaiser Franz Joseph I. genehmigte Plan nur einen Besuch der Truppenmanöver vorgesehen. Die Entscheidung für einen Besuch der Stadt, und insbesondere die Teilnahme der Herzogin, sei kurzfristig und ohne Bilińskis Mitwirkung getroffen worden. Biliński erwähnt auch, dass sein Ministerium als einziges Amt in Österreich-Ungarn ausdrücklich vom Verteiler für die Besuchspläne des Thronfolgers ausgelassen worden sei, um „die Bemühungen des Landeschefs, einen würdigen Gast zu empfangen, nicht zu behindern“.

Frühere Attentate auf hochstehende Repräsentanten der Doppelmonarchie, wie der Anschlag auf Statthalter Marijan Freiherr Varešanin von Vareš am 15. Juni 1910 in Sarajevo, waren fehlgeschlagen, und vermutlich hätten die Attentäter gegebenenfalls auch ein anderes, weniger symbolträchtiges Datum gewählt.

Zitat

Lediglich in der Interpretation der Nachwelt und vor allem beim Herausarbeiten der besonderen Zielstrebigkeit und Symbolträchtigkeit kam es dann dazu, dass der … 28. Juni, der Vidovdan (Veitstag), der Jahrestag der serbischen Niederlage gegen die Osmanen auf dem Amselfeld 1389, als besondere Provokation hingestellt worden [ist]. Doch auch dabei regierte der Zufall und nicht die langfristige oder gar subtile Planung. Denn als man den Zeitpunkt für die Manöver des XVI. Korps festlegte, waren dabei lediglich die Jahreszeit, der Ausbildungsstand der Truppen und die Übungsannahme ausschlaggebend. - Autor Manfried Rauchensteiner Der Tod des Doppeladlers. Österreich-Ungarn und der Erste Weltkrieg. Styria, Graz/Wien/Köln 1997, ISBN 3-222-12116-8

Es wird aber auch die Ansicht vertreten, dass gerade in Wien der Vidovdan eigentlich hinreichend als „heiliger Tag“ der Serben bekannt hätte sein müssen. Der Besuch in der erst unlängst annektierten Provinz an diesem Tage, sogar wenn er nicht als Provokation gedacht war, hätte deshalb faktisch als besondere Demütigung – oder, im Gegenteil, als eine sich besonders anbietende Gelegenheit für einen Schlag gegen die Fremdherrschaft – aufgefasst werden können.

Noch am Tag zuvor sendete Sophie von Hohenberg ein Telegramm an eine Freundin, in dem sie ihr Wohlbefinden ausdrückt. Es ist heute im Bautzener Diözesanarchiv archiviert.

Quellen[Bearbeiten]

  • Wladimir Aichelburg: Sarajevo. Das Attentat. 28. Juni 1914. Das Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este in Bilddokumenten. Verlag Österreich, Wien 1999, ISBN 3-7046-1386-X.