Brian Aldiss

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Brian Wilson Aldiss, OBE (geb. 18.08.1925 in East Dereham, England, gest. 19.08.2017 in Oxford) war ein britischer Science-Fiction-Autor.

Leben[Bearbeiten]

Geboren wurde Aldiss 1925 in East Dereham in der Grafschaft Norfolk. Seine Eltern schickten ihn in ein Internat, die West Buckland School in Devon, wo er als Sechsjähriger nach eigenem Bekunden den älteren Mitschülern im Schlafsaal Geistergeschichten erzählte, um nicht verprügelt zu werden. Nach dem Ende der Schulausbildung 1943 leistete er in Burma und Sumatra seinen Militärdienst beim Royal Corps of Signals und der Fourteenth Army in Indien und Burma ab. Nach dem Kriegsende blieb er bis 1947 im Armeedienst vor allem auf Sumatra in Südostasien.

1948 nahm er in Oxford eine Stelle als Buchhändler an. Er veröffentlichte unter dem Pseudonym „Peter Pica“ eine Serie von kurzen Prosastücken in der Fachzeitschrift The Bookseller. 1955 überarbeitete er diese Prosastücke, so dass sie zu einer Novelle zusammengefasst als The Brightfound Diaries bei Faber & Faber erschienen. Bis 1970 wurden danach alle seine Bücher bei diesem Verlag verlegt. Die Buchveröffentlichung ermöglichte es ihm, seine Stelle als Buchhändler zu verlassen. In diesem Jahr belegte er bei einem Kurzgeschichtenwettbewerb des englischen The Observer mit Not for an Age den ersten Platz.

Bereits vor dem Wettbewerb hatte er 1954 seine erste Science-Fiction-Story Criminal Record im Magazin Science Fantasy.

Von 1957 bis 1970 arbeitete er nebenberuflich als verantwortlicher Redakteur für den Literaturteil der Oxford Mail.

Sein schriftstellerischer Durchbruch erfolgte 1958 mit dem SF-Roman Non-Stop (auch Starship, deutsch Fahrt ohne Ende, später Starship – Verloren im Weltraum), der die Reise in einem Generationenraumschiff beschreibt. Er setzt sich sehr genau mit Sprache auseinander und schildert eine Endzeitvision. Diese Themenschwerpunkte finden sich bis 1966 immer wieder in seinen Werken.

Erfolg in den USA hatte er neben Non-Stop 1958 mit der Geschichte Judas Dancing. Im Jahr darauf erhielt er den Hugo Award als bester Nachwuchsautor. Ein weiteres Mal erhielt er 1962 den Hugo Award für die Hothouse-Stories in der Kategorie Erzählung.

Anschließend begann er eine Reihe von düsteren Zukunftsvisionen: Greybeard (deutsch: Aufstand der Alten) (1964), The Dark Light Years (1964) und Earthworks (1965) übertrafen auch in puncto Qualität ihre Vorgänger und mehrten den guten Ruf von Aldiss.

1964 wurde Michael Moorcock Herausgeber des Magazins New Worlds und leitete einen Richtungswechsel dieser Zeitschrift zur SF-Literatur New Wave ein. Aldiss war davon begeistert und engagierte sich gemeinsam mit James Graham Ballard sehr stark für diese Zeitschrift, die bald sf als spekulative Fiktion verstand.

Aldiss, der sich ja bereits in seinem ersten Werk mit Sprache genau auseinandersetzte, konnte nun seinen sprachlichen und stilistischen Experimenten freien Lauf lassen. So ließ er in seinem Roman Cryptozoic – als An Age 1967 in New Worlds abgedruckt – die Zeit rückwärts laufen, und in Report on Probability A (1968) verfremdete er die Wahrnehmung und stellte die Erkenntnismethode der Beobachtung in Frage.

Aldiss ist der Erfinder der Minisagas, eine Form sehr kurzer Texte, die mit nur 50 Wörtern eine Geschichte erzählen.

Brian Aldiss war zweimal verheiratet und bekam in jeder Ehe zwei Kinder. Er starb im August 2017 in der Nacht nach seinem 92. Geburtstag.

Werke[Bearbeiten]

Barefoot in the Head[Bearbeiten]

Sein vorläufiges Hauptwerk aber wurde Barefoot in the Head (1967/68–1969 in New Worlds), das wegen seiner Komplexität, die manche an James Joyce erinnert, schwer zu lesen ist und die Beschränkungen der klassischen Science Fiction durchbricht. Das Buch ist in einem rasenden, „psychedelisch“ wirkenden Stakkatostil geschrieben, der auch William S. Burroughs’ Buch Naked Lunch als Vorbild erkennen lässt. Ausgangssituation der Story ist bemerkenswerterweise ein Konflikt zwischen den westeuropäischen Staaten und Jugoslawien, in dem die arabischen Nationen des Nahen Ostens gegen die westlichen Staaten Partei ergreifen. Das Buch beginnt kurz nach Ende des Krieges in Frankreich, dessen Bewohner von Bomben mit bewusstseinsverändernden Stoffen in einen Zustand des allgemeinen Wahnsinns versetzt worden sind.

Mit diesem Werk waren die Durchschnittsleser überfordert und reagierten zurückhaltend. Aldiss seinerseits war von der Reaktion der Leser enttäuscht und zog sich für einige Jahre von der Science-Fiction-Literatur zurück. Anfang der 1970er-Jahre entdeckte er dann den Mainstream und schrieb The Horatio Stubbs Saga, eine Trilogie über die Thematik Jugendprobleme, von der aber nur der erste Band die Bestsellerlisten erreichte. Zurück zur SF fand er 1973 mit dem literaturgeschichtlichen Werk The Billion Year Spree, in dem er die Entwicklung der Science Fiction von den ersten Vorläufern (Mary Shelleys Roman Frankenstein) bis in die 1970er-Jahre schildert.

Im selben Jahr veröffentlichte Aldiss Frankenstein Unbound (1973), das für sein schlechtestes Werk gehalten wird, mit einem Plot, der sich so sehr an Mary Shelleys Frankenstein orientiert, dass es fast schon ein Plagiat ist; das Buch wurde im Jahr 1990 von Roger Corman verfilmt. Sein Buch Moreau's Other Island (1979) hielt sich nicht so sklavisch an H. G. WellsDie Insel des Dr. Moreau.

1976 unternahm Aldiss mit The Malacia Tapestry einen Ausflug in das Fantasy-Genre. In einer träumerischen bis zynischen Stimmung erzählt er darin sehr detailreich und lebendig die Geschichte des jungen Schauspielers Perian in Malacia, einer norditalienisch anmutenden Renaissance-Stadt in einem Paralleluniversum, zu deren Alltag ganz selbstverständlich bunte Märkte und Vogelmenschen, die Belagerung durch die Osmanen und der Kampf der Obrigkeit gegen die aufkommende Technik gehören.

Weitere SF-Romane und Kurzgeschichten veröffentlichte Aldiss in den 1970ern. Der anhaltende Reiz seiner unkonventionellen SF-Stories zeigte sich darin, dass Stanley Kubrick aus seiner Kurzgeschichte Supertoys Last All Summer Long (1969) eine seiner letzten Filmideen entwickelte, die auf Kubricks Wunsch nach dessen Tod von Steven Spielberg unter dem Titel A.I. – Künstliche Intelligenz verwirklicht wurde und 2001 in die Kinos kam.