Gletscher

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Ein Gletscher ist eine aus Schnee hervorgegangene Eismasse mit einem klar definierten Einzugsgebiet, die sich aufgrund von Hangneigung, Struktur des Eises, Temperatur und der aus der Masse des Eises und den anderen Faktoren hervorgehenden Schubspannung eigenständig bewegt.

Bei der Betrachtung der geomorphologischen Höhenstufen der Hochgebirge wird die Gletscherregion als glaziale Höhenstufe bezeichnet.

Sie speichern z.zt. ca. 70% des Süßwassers auf der Erde und sich nach den Ozeanen die größten Wasserspeicher. Gletscher bedecken in den Polargebieten große Teile der Landflächen. Sie sind bedeundete Wasserzulieferer für viele Flusssysteme und haben entscheidenden Einfluss auf das Weltklima. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist nahezu weltweit ein deutlicher Rückgang der Gletscher zu beobachten (Gletscherschwund seit 1850).

Sie sind bedeutende Landschaftsformer, besonders waren sie dies in den Kaltzeiten des Pleistozäns, in welchem auf der Nordhalbkugel Inlandeismassen bis in das nördliche Mitteleuropa hineinreichten. Die Gletscher des Schwarzwalds und der Alpen die sogar bis ins Alpenvorland vorstoßen konnten, formten gewaltige Trogtäler und prägen die Landschaft bis heute.

Es gibt unter Wissenschaftler kein allgemein anerkannte Kriterium, ab welcher Dimension von einem Gletscher gesprochen werden kann. Nach Maßstäben des United States Geological Survey muss einerseits die Dicke mind. 30,48 m betragen, andererseits die Oberfläche mind. 0,1 km² messen.

Etymologie und Synonyme[Bearbeiten]

Das ursprünglich schweizerdeutsche Wort Gletscher entwickelte sich aus romanischen Dialektformen, die von vulgärlateinisch glaciārium abstammen, welches von spätlateinisch glacia und lateinisch glaciēs („Eis“) abstammt.

Vom Oberinntal bis zum Zillertal ist in den Ostalpen die Bezeichnung Ferner üblich, damit wurde zunächst der Schnee aus dem letzten Jahr bezeichnet. Östlich des Zillertals verwendet man die Bezeichnung Kees, die wahrscheinlich aus einer vorindogermanischen Sprache stammt.

Entstehung[Bearbeiten]

Gletscher benötigen eine Reihe von entscheidenden Faktoren zu ihrer Entstehung. So ist eine langfristig ausreichend niedrige Temperatur nötig, damit es zu Schneefall kommt. Die Höhenlinie, ab der im langjährigen Mittel mehr Schnee fällt als dort abtauen kann, ist die klimatische Schneegrenze. Diese kann bedingt durch Beschattung oder exponierte Sonnenlagen (z. B. Südhang in einem Gebirge der Nordhalbkugel) lokal um mehrere hundert Meter vom eigentlichen Mittelwert der Region abweichen. Man spricht in diesem Fall von der orografischen Schneegrenze. Nur oberhalb dieser Grenzlinien kann bei geeignetem Relief auf Dauer so viel Schnee fallen, dass dieser eine Metamorphose durchlaufen kann.

Akkumulation und Metamorphose[Bearbeiten]

Der Prozess der Ansammlung von Schneemassen wird Akkumulation genannt und infolgedessen der Entstehungsbereich eines Gletschers mit Akkumulationsgebiet (Nährgebiet) bezeichnet. Reicht die Schneemächtigkeit aus, dass durch die Auflast der oberen die tieferen Schichten zusammengepresst werden, beginnt die Metamorphose des Schnees hin zu Gletschereis. Dabei wird durch den in der Tiefe immer höher werdenden Druck die im Neuschnee noch 90% des Volumens ausmachende, in Hohlräumen eingeschlossene Luft herausgepresst. In Gletschereis kann somit der Luftanteil bis auf etwa 2% sinken. Eis mit einem so geringen Luftanteil besitzt meist eine bläuliche, seltener auch leicht grünliche Farbe.

Höhere Temperaturen beeinflussen die Metamorphose positiv auf zweierlei Wegen. Zum einen bilden sich in wärmeren Gletschern in der Regel kleinere Eiskristalle, wodurch hier und auch in den Vorstufen des Eises wie Firn und granularem Eis eine Bewegung möglich ist, bei der leichter Luft freigesetzt werden kann. Darüber hinaus kann auch oberflächliches Material aufschmelzen und erneut gefrieren, ohne den Gletscher zu verlassen. So kann zumindest in kleineren Mengen sogar im Tageszyklus eine Verwandlung von Schnee in Eis stattfinden, ohne dass die bei der Druckmetamorphose üblichen Zwischenstufen durchlaufen werden.

Es bedarf 10 m Neuschnee bei einer Dichte von 0,1 g/cm3, um 1,10 m Gletschereis mit einer Dichte von 0,9 g/cm3 zu produzieren. Dies entspricht wiederum einer Wassersäule von 1 m.

Gleichgewichtslinie[Bearbeiten]

Die Gleichgewichtslinie ist eine Höhengrenze der Glaziologie. Unterhalb dieser Linie im sogenannten Zehrgebiet (Ablationsgebiet) des Gletschers ist der Massenverlust durch Ablation größer als der Zuwachs an Gletschereis. Im oberhalb liegenden Nährgebiet (Akkumulationsgebiet) wird mehr Gletschereis gebildet als durch Ablation verloren geht. In vielen Gebieten entspricht die Gleichgewichtslinie größtenteils der Firngrenze. Die Gleichgewichtslinie wird im Fachjargon auch als Equilibrium Line Altitude (ELA) bezeichnet.

Ablation und Sublimation[Bearbeiten]

Schmelzwasser kann den Gletscher oberflächlich (supraglazial) oder an seinem Grund (subglazial) verlassen und wird so dem Massenhaushalt des Gletschers entzogen. Subglaziale Schmelzwasser treten meist aus einer als Gletschertor bezeichneten Öffnung in der Gletscherzunge aus, die sich im Zehrgebiet befindet, dem Gegenstück zum Nährgebiet über der Gleichgewichtslinie. Ist ein solcher Abfluss versperrt bzw. tritt nicht auf, entsteht ein unter dem Eis befindlicher, verborgener Gletschersee, die sog. Wassertasche.

Insbesondere polare Gletscher verlieren auch durch den Prozess der Sublimation an Masse, wobei Wasser direkt vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand übergeht.

Manche Gletscher werden darüber hinaus durch das Relief zu Massenverlust gezwungen. Dies ist der Fall, wenn beispielsweise bei einem Gebirgsgletscher Eis über eine steile Felskante stürzt oder eine Inlandeismasse bis an eine Küste heranwächst und sich dort kein Schelfeis ausbilden kann, sondern der Gletscher hier zum Abkalben gezwungen ist. Dabei brechen Teile des Eises heraus und können daraufhin als Eisberge über das Meer treiben. Tafeleisberge entstehen, wenn an der Front eines Schelfeises Teile kalben. Durch die Verdrängung des Wassers können kalbende Gletscher gefährliche Flutwellen auslösen.

Bewegung[Bearbeiten]

Nur sich bewegende Eismassen werden als Gletscher bezeichnet. Dies schließt auf Wasser treibendes Eis wie Eisberge oder Packeis aus. Generell sind zwei grundlegende Formen der Bewegung von Gletschern zu unterscheiden:

Eisfließen; Deformationsfließen[Bearbeiten]

Üben die höher liegenden Teile eines Gletschers eine ausreichende Schubkraft auf die tiefer und damit vor ihnen liegenden Gletscherabschnitte aus, so wird dieser Druck durch eine Fließbewegung des Eises abgebaut. Auf molekularer Ebene besteht Eis aus übereinanderliegenden Molekülschichten mit relativ schwachen Bindungskräften zwischen den einzelnen Schichten. Wenn die Spannung, die auf die darüberliegende Schicht einwirkt, die Bindungskräfte zwischen den Schichten übersteigt, bewegt sich die obere schneller als die darunterliegende Schicht. Dabei verschiebt sich die gesamte Eismasse also nicht gleichmäßig, sondern abhängig von den Möglichkeiten der Eiskristalle, sich innerhalb des Gesamtgefüges zu bewegen. An der Gletschersohle sowie den Flanken eines Gletschers kann das Eis oft am anstehenden Gestein festfrieren, wodurch hier keine Bewegung möglich ist. Daher ist die Fließgeschwindigkeit eines Gletschers an der Oberfläche höher als an der Sohle und an den Seiten niedriger als in der Mitte.