Kleines Fach

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Als Kleine Fächer werden in der deutschen Hochschulpolitik und Hochschulforschung eigenständige wissenschaftliche Fächer genannt, die eine geringe Zahl an Professuren aufweisen. Nicht jedes Fach entspricht dabei einem gleichnamigen Studiengang, da Kleine Fächer auch gemeinsame Lehre im Rahmen von Verbundstudiengängen anbieten können. Die Anzahl der Studierenden ist für die Zuordnung nicht einschlägig. Vielmehr gilt, dass alle Fächer, die in Deutschland an höchstens zwei Universitäten mit mehr als drei unbefristeten Professuren vertreten sind, als Kleine Fächer behandelt werden.

Die Bandbreite von Kleinen Fächern reicht daher von Fächern wie Vietnamistik mit einer einzigen Professorenstelle in Deutschland bis hin zu der Alten Geschichte mit derzeit 74 Professuren an 53 Universitätsstandorten Zum Vergleich: Die Wirtschaftswissenschaften sind in Deutschland durch über 2000 Professuren vertreten.

Kleine Fächer finden sich überwiegend in den Geistes- und Kulturwissenschaften, können aber an allen Fakultäten vorhanden sein (zum Beispiel die Kleinen Fächer Computerlinguistik, Gerontologie, Paläontologie oder Umformtechnik). 2015 waren in Baden-Württemberg 20 Prozent der Kleinen Fächer in den Naturwissenschaften zu finden.

Besonders kleine Fächer werden umgangssprachlich oder in abwertender Absicht auch Orchideenfächer genannt.

Abgrenzung der Kleinen Fächer[Bearbeiten]

Die Arbeitsstelle Kleine Fächer verwendet als Grundlage der Kartierung kleiner Fächer die folgende Arbeitsdefinition für „kleines Fach“, mit deren Hilfe kleine Fächer von großen Fächern und von nicht-selbständigen Teildisziplinen unterschieden werden können:

Für die Abgrenzung kleiner Fächer von großen und mittelgroßen Fächern wird dabei ein quantitatives Kriterium herangezogen, welches sich auf die Zahl der Professuren je Standort bezieht. Diesem zufolge besitzt ein kleines Fach je Universitätsstandort maximal drei unbefristete Professuren, wobei es deutschlandweit bis zu zwei Ausnahmen geben darf.

In der Kartierung sind für alle kleinen Fächer in Deutschland die zugehörigen Professuren mit ihren Universitätsstandorten und ihrer institutionellen Anbindung ab 1997 verzeichnet. Da nicht jeder Wissenschaftszweig per se ein eigenständiges Fach darstellt, ist es erforderlich, Fächer gegenüber nicht-selbständigen Teildisziplinen abzugrenzen. Dazu werden die folgenden fünf Kriterien herangezogen:

  1. Selbstverständnis als eigenständiges Fach: Die Professoren und Professorinnen, welche den jeweiligen Wissenschaftszweig an deutschen Universitäten vertreten, verstehen diesen als eigenständiges Fach.
  2. Fachgesellschaft: Der jeweilige Wissenschaftszweig verfügt über eine nationale oder internationale Fachgesellschaft oder wird in Ausnahmefällen von einer übergeordneten Fachgesellschaft klar als eigenständiges Fach anerkannt.
  3. Fachzeitschrift: Der jeweilige Wissenschaftszweig verfügt über eigene – nationale oder internationale – einschlägige Publikationsorgane.
  4. Eigene unbefristete Professuren: Für den jeweiligen Wissenschaftszweig gibt es an deutschen Universitäten eigene Professuren mit spezifischen Denominationen.
  5. Eigene Studiengänge/-schwerpunkte: Der jeweilige Wissenschaftszweig ist mit eigenen Studiengängen oder mit eindeutig sichtbaren Studienschwerpunkten (Bachelor/ Master/ Magister/ Diplom/ Staatsexamen) an deutschen Universitäten vertreten.

Wissenschaftsgeschichte[Bearbeiten]

Der Begriff Kleines Fach kann aufgrund der starken historischen Dynamik der Wissenschaftslandschaft nur fließend gefasst werden. Er kann sich im historischen Kontext ändern, da er relational ein Verhältnis zu Großen Fächern fasst. Seine Anwendung auf ein besonderes Fach ist ebenfalls abhängig vom Zeitpunkt der Untersuchung, da Fächer wachsen, schrumpfen, neu entstehen, zusammengelegt werden oder zerfallen können. Beispiele sind die Zunahme der Bedeutung der Physik seit 1900, das Wachstum der Informatik seit den 1970er-Jahren oder die Etablierung der Gender Studies seit den 1980er-Jahren. Andere zuvor eigenständige Fächer werden wiederum zu Teilgebieten neuer interdisziplinärer Facheinheiten und verlieren ihre Eigenständigkeit.