Polnisch-Sowjetischer Krieg

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Im Polnisch-Sowjetischen Krieg (russ. Советско-польская война/ Transkription: Sowetsko-polskaja woina, ukr. Польсько-радянська війна|Polsko-radjanska wijna), auch Polnisch-Bolschewistischer Krieg genannt (poln. Wojna polsko-bolszewicka) von 1919 bis 1921 versuchte einerseits das 1918 wiedererrichtete Polen, im Osten den historischen Grenzverlauf von 1772 wiederherzustellen und eine osteuropäische Konföderation unter polnischer Führung zu schaffen. Das sich noch im Bürgerkrieg befindende Sowjetrussland war andererseits bestrebt, seinen Einflussbereich in den Westen auszudehnen. In der Ukraine wurde Polen von nationalistischen Kräften unterstützt, die zuvor von den Bolschewiki von der Macht vertrieben worden waren.

Die anfänglichen Erfolge der polnischen Truppen unter Marschall Piłsudski und der sie unterstützenden ausländischen militärischen Verbände, die weite Landstriche der Ukraine einschließlich Kiews besetzen konnten, wurden durch die sowjetische Rote Armee nach einiger Zeit zunichtegemacht: Sie warf die polnische Armee so weit in das Landesinnere Polens zurück, dass eine Besetzung Polens drohte. In der Schlacht von Warschau konnte die polnische Armee das Blatt wiederum wenden. In den nachfolgenden Kampagnen wurde die sowjetische Armee bis in die Ukraine zurückgeworfen. Zudem wurde im Polnisch-Litauischen Krieg im Oktober 1920 das Gebiet um die litauische Hauptstadt Vilnius (polnisch Wilno) erobert.

Im Vertrag von Riga, der am 18.03.1921 unterzeichnet wurde, vereinbarten Sowjetrussland, die Sowjetukraine und die Republik Polen die Akzeptanz des Waffenstillstands des Vorjahres und den Grenzverlauf zwischen der Sowjetunion und dem wieder entstandenen polnischen Staat sowie u. a. die Leistung von Ausgleichszahlungen. Die polnisch-sowjetische Grenze verlief nun stellenweise bis zu 250 km östlich der Linie, die 1919 eine Kommission als die Ostgrenze des wieder erstandenen Polens vorgeschlagen hatte („Curzon-Linie“). Das Übereinkommen war die zweite vertragliche „Gebietsamputation“ ethnisch nichtrussischen Territoriums nach der Oktoberrevolution, das vom Zarenreich Russland vorher als integraler Bestandteil seines eigenen Staatsgebietes betrachtet worden war.

Ursachen[Bearbeiten]

Russland, infolge der Oktoberrevolution aus dem Ersten Weltkrieg ausgeschieden, nahm an den Pariser Verhandlungen über die Nachkriegsordnung nicht teil, weshalb dort eine Grenzregelung zwischen der neu gegründeten Republik Polen und dem nunmehr von den kommunistischen Bolschewiki geführten Sowjetrussland nicht getroffen wurde.

Das im Bürgerkrieg befindliche Russland der Bolschewiki war bestrebt, seine Einflusssphäre in den Westen zu verschieben und eine proletarische Revolution in Deutschland auszulösen.

Polen wiederum versuchte seine wiedergewonnene Unabhängigkeit zu erhalten bzw. die eigene Machtposition an seiner Ostflanke zu stärken. Über die angestrebte Grenze zu Sowjetrussland gab es in der polnischen Politik keine Einigkeit. Marschall Piłsudski, der die polnischen Streitkräfte kommandierte, strebte eine möglichst weit nach Osten reichende Einflusssphäre in Form einer osteuropäischen Konföderation unter polnischer Führung an. Als Bezug diente dabei der Verlauf der Ostgrenze Polen-Litauens am Vorabend der Teilungen Polens (1772).

Eine vollständige Unabhängigkeit der Ukraine und Belarus, die von diesen teilweise angestrebt wurde, war sowohl gemäß polnischen als auch russischen Kriegszielen ausgeschlossen. In der Ukraine wurde Polen dennoch von nationalen Kräften unterstützt, die zuvor von den Bolschewiki abgesetzt worden waren.

Unklar und umstritten sind der genaue Zeitpunkt des Beginns sowie der Auslöser des Krieges. Manche Autoren bezeichnen den polnischen Angriff auf Kiew (April 1920) als Beginn des Krieges. Andere siedeln den Kriegsbeginn im Jahre 1919 an. Da dem Krieg ein schwelender Grenzkonflikt voranging, haben beide Ansichten ihre Berechtigung. Umstritten ist auch, ob man das Ende des Krieges auf den Waffenstillstand am 18. Oktober 1920 oder auf den Friedensschluss von Riga am 18. März 1921 datieren soll.

Durch die polnisch-ukrainische Allianz vom April 1920 nach dem Polnisch-Ukrainischen Krieg wurde das Gewicht der Beteiligten während des Kriegsverlaufs verschoben.

Quellen[Bearbeiten]

  • Stephan Lehnstaedt: Der vergessene Sieg. Der Polnisch-Sowjetische Krieg 1919-1921 und die Entstehung des modernen Osteuropa. C. H. Beck Verlag, München 2019, ISBN 978-3-406-74022-0.