Sophisten

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Als Sophisten (gr. sophistaí) wird eine Gruppe von Männern aus der griechischen Antike bezeichnet, die über besondere Kenntnisse auf theoretischem (Mathematik und Geometrie) oder praktischem Gebiet (Handwerk, Musik, Dichtung) verfügten, im engeren Sinne vor allem Didaktiker und Rhetoriker, die mit dem Vermitteln ihrer Kenntnisse ihren Lebensunterhalt verdienten. Sie wirkten von etwa 450 v. Chr. bis etwa 380 v. Chr. Der Terminus Sophist bezeichnete ursprünglich „alle, die für ihre Weisheit berühmt waren: Pythagoras, Thales, Staatsmänner, Kulturbringer, Dichter und andere ‚weise Männer‘“. Im 5. Jahrhundert fasste man unter Sophisten auch professionelle Lehrer bzw. Experten, die ihre rhetorischen Kenntnisse und argumentativen Fähigkeiten anderen vermittelten. Solon und Pythagoras nannte man Sophisten, auch noch Sokrates, Antisthenes und Platon wurden von Zeitgenossen mitunter so benannt, wenngleich sie selbst sich dagegen verwahrten; gerade Platon trug viel dazu bei, dass Sophist einen negativen Klang bekam.

Die Sophisten bildeten weder eine geschlossene philosophische Strömung noch gab es sophistische Schulen. Das Zentrum der Sophistik, sprich der von den Sophisten vertretenen Lehre und geistesgeschichtlichen Strömung, war die in ihrer Blüte stehende Stadt Athen. Gemeinsam war ihnen die Fixierung auf den Logos; man war der Überzeugung, durch die Wahl der richtigen Worte entscheidenden Einfluss auf das Denken der Mitmenschen ausüben zu können. Aus diesem Grunde war Unterricht bei ihnen begehrt, da Redekunst im Kontext der zu ihrer Zeit aufblühenden Attischen Demokratie große Bedeutung gewann, wenn man die Volksversammlung oder Geschworenengerichte überzeugen wollte.

Sophisten wollten junge Männer darin unterstützen, sich Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen, mit denen diese im Zuge ihrer öffentlichen Pflichten einen Beitrag zum Bestand der Polis leisten und ihre eigenen Interessen verfolgen konnten. Für den Unterricht ließen sie sich bezahlen. Viele Sophisten gingen offenbar davon aus, dass die Götter nicht das menschliche Schicksal lenken, bestritten aber deren Existenz nicht. Letzteres hätte nach Maßgabe der Asebiegesetze zur Verbannung oder, wie im Fall des Sokrates, zur Todesstrafe geführt. Gemeinsam war vielen ihre Tätigkeit als Wanderlehrer, für die sie durch die Städte der damaligen griechischen Welt reisten (vor allem Peloponnes, Thessalien, Süditalien).

Die Quellen über Platon und Aristoteles hinaus sind sehr dürftig; nur wenige Texte der Sophisten sind erhalten. Vertreter der Philosophiegeschichte zählen die Sophisten oft zu den Vorsokratikern. Die philosophische Bewertung der Sophisten war lange Zeit (und großteils bis heute) stark von dem negativen Bild geprägt, das Platon, Aristophanes und Aristoteles gezeichnet haben. Sie warfen den Sophisten vor, aus Geldgier junge Männer in der Kunst der egoistischen Manipulation zu unterweisen, statt der Suche nach Wahrheit zu dienen. Neuerdings gibt es z.B. unter dem Stichwort „Rehabilitation“ andererseits eine Anerkennung der sophistischen Bewegung, die ihr u. a. eine wichtige Rolle in der zeitgenössischen Politik Athens zuschreibt.

Rhetorische Figuren ohne Wahrheitswert, die zu Fehlschlüssen verleiten, werden bis heute oft als Sophismen bezeichnet. Im bildungsbürgerlichen Diskurs des 18., 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurde Sophisterei auch als abwertende Bezeichnung für Rabulistik verwendet, und bis heute bezeichnet das Wort Sophist auch einen Wortklauber oder Blender, der zwecks Durchsetzung eines Standpunkts zu einem Thema bewusst irreführend und manipulativ argumentiert.

Entstehung und Aufbau des sophistischen Unterrichts[Bearbeiten]

In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. stand die Stadt Athen in ihrer kulturellen Blüte. Nicht zuletzt die junge Attische Demokratie, in der es beliebte Politiker weit bringen konnten, brachte ein Bedürfnis nach Unterricht in allen Fächern hervor, die zur politischen Tätigkeit befähigen sollten. Als Lehrer befriedigten die Sophisten dieses, vermittelten aber auch Allgemeinbildung im weitesten Sinn, etwa Kosmologie, Grammatik, Interpretation der Dichter, Mythologie, Staatsphilosophie, Religionsphilosophie, Kulturgeschichte, Recht, Naturwissenschaft, Mathematik usw. Sie wurden in der Folge auch als Universalgelehrte oder die Enzyklopädisten der Antike bezeichnet. Ihr wichtigstes Ausbildungsfach war allerdings Rhetorik, die man allgemein für politische Erfolge bei demokratischen Abstimmungen als notwendig erachtete.

Die sophistische Tätigkeit nahm verschiedenste Formen an, etwa Lebensberatung, juristische und politische Beratung, Erziehungstätigkeit in reichen Häusern, Beistand bei Prozessen, Vorträge, öffentliche Disputationen sowie feierliche Reden. Für ihren Unterricht stellten die Sophisten vermutlich diverse Materialien einigermaßen systematisch zusammen, die sie aus der politischen Praxis, aus tradiertem Familienwissen und dem Umgang mit Staatsmännern gewonnen hatten. Sicher flossen dabei auch Erfahrungen gerichtlicher Praxis ein, deren Hauptbestandteil Reden waren. Zu den Geldsummen, die die Sophisten verlangt haben, liegen unterschiedliche Angaben vor. Nach einigen Berichten sollen sie teilweise exzessiv hoch gewesen sein. Prodikos von Keos soll laut Platon neben einem Billigkurs für eine Drachme einen gründlichen Kurs für 50 Drachmen angeboten haben. Theoretisch war es seit den Sophisten also nicht nur der Aristokratie, sondern grundsätzlich allen Menschen möglich, sich ausbilden zu lassen. Wer sich den Unterricht tatsächlich leisten konnte und wer nicht, bleibt fraglich. Ständige Schüler oder Anhänger, wie das bei Sokrates, Platon und Aristoteles der Fall war, hatten die Sophisten (bis auf möglicherweise Gorgias) nicht.

Zur rhetorischen Schulung und Disputierkunst gehört die Berücksichtigung und Einübung des Umstands und der Erfahrung, dass es zu jeder Frage, zu jedem Problem gegensätzliche Argumentationen gibt. Systematisches Argumentieren Pro und Contra wurde von den Sophisten entwickelt. Unbeliebt machten sich manche von ihnen mit ihrer Diskussionspraxis im halböffentlichen philosophischen Streitgespräch, wenn sie auf Sieg mit allen Mitteln, einschließlich Trugschlüssen setzten.