Limes (Grenzwall)

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Limes (lateinisch ursprünglich „Querweg“, „Schneise“, vor allem „Grenzweg“ im Zusammenhang mit der Einteilung eines Raumes oder der Erschließung eines Geländes, später allgemein „Grenze“; Plural limites) bezeichnet die vom Römischen Reich (Imperium Romanum) vom 1. bis 6. Jahrhundert n. Chr. angelegten Grenzwälle oder militärischen Grenzsicherungssysteme in Europa, Vorderasien und Nordafrika. Es wird auch für spätere vergleichbare Grenzziehungen (Limes Saxoniae) oder Überwachungsanlagen an Reichsgrenzen verwendet. Der Begriff leitet sich ursprünglich von den lateinischen Wörtern limus „quer“ und limen „Türschwelle“ ab. Anfänglich verstanden die Römer unter diesem Begriff nur ein Feld oder einen Acker, die mit Grenzsteinen (termini), Holzpfosten oder durch klar erkennbare Landmarken (Bäume, Flüsse) begrenzt wurden. Ab der Zeit Gaius Iulius Caesars wurden Heerwege mit befestigten Wachtposten und Marschlagern auf einer Waldschneise (siehe auch weiter unten) oder rasch angelegten Straßen im Feindesland als Limes bezeichnet. Er entwickelte sich im Laufe der Zeit von einer Marsch- und Patrouillenlinie zu einem Annäherungshindernis mit Kontrollfunktionen.

Wo keine natürlichen Grenzmarkierungen wie Flüsse oder Gebirge vorhanden waren, kennzeichneten die Römer ihre Reichsgrenzen durch limites. Diese wiesen unterschiedliche Ausprägungen auf, sie waren abhängig von den natürlichen Gegebenheiten, der Siedlungsdichte und der Bedrohungslage vor Ort. Sie alle wurden von römischen Truppen überwacht. In Nordafrika und im Osten bildeten dabei mehr oder weniger lockere Ketten von Kastellen und Wachtürmen den Limes. An Rhein, Donau, Euphrat und Tigris markierten die Wasserläufe dieser Flüsse die Grenze. Dieser Limes wird heute auch als Flusslimes oder Nasser Limes bezeichnet, die Römer selbst sprachen von einer ripa (lateinisch für „Ufer“). Ein Abschnitt des rätischen Limes in seiner letzten Ausbaustufe und der britannische Hadrianswall bestanden sogar aus durchgehenden und mit Wachtürmen versehenen Steinmauern anstatt hölzerner Palisaden wie in Obergermanien und Raetien. In der Spätantike gaben die Römer diese geschlossenen Wall- und Palisadenanlagen dann in der Regel aber auf und gingen dazu über, die Limites durch Kastelle unterschiedlicher Größe zu sichern, wie es in einigen anderen Grenzabschnitten von Anfang an üblich war.

Bei der Anlage ihrer Grenzen verfolgten die Römer keine reichsweite Gesamtstrategie, die über Jahrhunderte hin nachvollziehbar wäre; damit entstand im Lauf der Jahrhunderte ein vielgestaltiges Konglomerat aus festen, zum Teil aber auch sehr offenen Grenzen. Die römischen Grenzanlagen waren nicht primär zur Abwehr von Angriffen gedacht und dazu auch meist nicht geeignet. Viele der heute bekannten römischen Grenzabschnitte waren gegen groß angelegte Plünderungszüge nicht zu verteidigen, da ihre Garnisonen entlang einer Linie aufgereiht waren, die selbst eine kleine, entschlossene Kampftruppe mühelos hätte durchbrechen können. Die Römer wandten daher die sogenannte Invasionsverteidigung an: Präsenz großer, stets kampfbereiter Einheiten an strategischen Punkten mit der Fähigkeit, Eindringlinge mit rasch zusammengezogenen Interventionstruppen zu bekämpfen. Sie sollten primär die Kontrolle bzw. Kanalisierung des täglichen Waren- und Personenverkehrs (Präklusivität) und eine schnelle Nachrichtenübermittlung zwischen den Wachposten gewährleisten. Der Limes war nicht nur eine militärische Markierung, sondern vor allem die Grenze des römischen Wirtschaftsgebietes. Neben der Funktion als militärisches „Frühwarnsystem“ dienten die limites als Zollgrenzen und ihre Grenzübergänge als „Marktplätze“ für den Außenhandel mit dem Barbaricum. Die Grenzanlagen prägten in ihrer fast fünfhundertjährigen Geschichte zahlreiche Kulturlandschaften und bildeten die Keimzellen vieler bedeutender Städte. Die bekanntesten Limites sind der Obergermanisch-Raetische Limes in Deutschland, mit 550 km das längste Bodendenkmal Europas, der norische Limes in Österreich und der Hadrianswall in Großbritannien.

Quellen[Bearbeiten]

  • Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): Erben des Imperiums. Das Königreich der Vandalen. Katalog der Landesausstellung Baden-Württemberg 2009. Verlag Ph. v. Zabern, Mainz 2009, ISBN 978-3-8053-4083-0. (Darin besonders: Wolfgang Kuhoff: Der Kranke Mann am Tiber. Ein Reich zwischen Krise, Stabilisierung und Niedergang. S. 35–46.)