Latein

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Die lateinische Sprache, kurz Latein oder Lateinisch, ist eine indogermanische Sprache, die ursprünglich von den Latinern, den Bewohnern von Latium mit Rom als Zentrum, gesprochen wurde. Die frühesten Zeugnisse reichen bis ins 7. oder 6. vorchristliche Jahrhundert zurück (Frühlatein), ab dem 3. vorchristlichen Jahrhundert liegen längere Texte vor (Altlatein), ihre volle Ausformung in der Gestalt des heute vor allem bekannten und gelehrten klassischen Lateins erreichte die (Schrift-)Sprache im ersten vorchristlichen Jahrhundert.

Latein war Amtssprache des Römischen Reichs und wurde so zur dominierenden Verkehrssprache im westlichen Mittelmeerraum. Während sich aus der gesprochenen Umgangssprache, dem sogenannten Vulgärlatein, im Frühmittelalter die romanischen Sprachen entwickelten, blieb das Latein der römischen Schriftsteller auch als tote Sprache bis in die Neuzeit die führende Sprache der Literatur, Wissenschaft, Politik und Kirche. Gelehrte wie Thomas von Aquin, Petrarca, Erasmus, Kopernikus, Descartes oder Newton haben Werke auf Latein verfasst. Bis ins 19. Jahrhundert wurden die Vorlesungen an den Universitäten in ganz Europa auf Latein gehalten. Dissertationen wurden, teils bis ins frühe 20. Jahrhundert, meist auf Latein verfasst. In Polen, Ungarn und im Heiligen Römischen Reich war Latein bis dahin Amtssprache. In Tausenden von Lehn- und Fremdwörtern sowie Redewendungen ist Latein heute auch in nichtromanischen Sprachen wie Deutsch oder Englisch präsent. Bei der Bildung neuer Fachbegriffe wird immer wieder auf Latein zurückgegriffen.

Wegen seiner enormen Bedeutung für die sprachliche und kulturelle Entwicklung Europas wird Latein vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz an vielen Schulen und Universitäten gelehrt. Für manche Studiengänge werden Lateinkenntnisse oder das Latinum verlangt. Ähnlich stellt sich die Situation im Vereinigten Königreich dar, wo Latein bereits in der Primarstufe unterrichtet wird.

Sprachwissenschaftliche Einordnung[Bearbeiten]

Latein gehört zum italischen Hauptzweig der indogermanischen Sprachen, von dem sich außerhalb des Lateinischen nennenswerte Spuren nur noch in Gestalt des Oskischen und des Umbrischen erhalten haben. Der Wortschatz legt eine Nähe des Italischen zu den keltischen Sprachen nahe, es ist jedoch nicht gesichert, ob dies eine nähere genetische Verwandtschaft bedeutet oder einen vorgeschichtlichen Sprachkontakt.

Latein ist, wie Altgriechisch, Sanskrit und andere alte indogermanische Sprachen eine typische flektierende Sprache mit synthetischem Sprachbau.

Regiolekte und Soziolekte[Bearbeiten]

Obgleich die Quellen zu dieser Thematik spärlich sind, ist davon auszugehen, dass das Lateinische ebenso wie andere Sprachen in Regiolekte (geographische Gliederung) und Soziolekte (Gliederung nach sozialen Schichten) gegliedert war. Dieser Umstand wird von der Altphilologie, die sich hauptsächlich mit der Sprache der sogenannten Goldenen und Silbernen Latinität beschäftigt, meist gar nicht oder nur am Rande wahrgenommen. Für eine reiche regiolektale Gliederung des Lateinischen spricht etwa der Umstand der Ausdifferenzierung in die einzelnen romanischen Sprachen (neben dem Einfluss von Substratsprachen) sowie die reiche dialektale Gliederung innerhalb der einzelnen romanischen Sprachen mit teilweise wechselseitig nur schwer verständlichen Dialekten.

Im Hinblick auf die soziale Ausdifferenzierung des Lateinischen ist insbesondere der Gegensatz zwischen der gesprochenen Sprache (der „unteren“ Schichten) einerseits und der uns in den klassischen Texten überlieferten Schriftsprache andererseits hervorzuheben. Letztere dürfte in dieser oder einer ganz ähnlichen Form auch die Umgangssprache der gebildeten Stände gewesen sein. Diese „Hochsprache“ hat sich etwa seit dem dritten vorchristlichen Jahrhundert herausgebildet und wurde im letzten vorchristlichen Jahrhundert von Männern wie Marcus Tullius Cicero in ihre endgültige Form gebracht („Schulbuchlatein“). Es ist davon auszugehen, dass bereits zu Ciceros Zeit die Hochsprache ganz erheblich vom „Latein der Straße“ abwich. Da die gebildeten Stände im alten Rom kein Interesse an der Umgangssprache der unteren Schichten hatten, sind die diesbezüglich überlieferten Informationen sehr spärlich. Eine wichtige Quelle stellen insoweit beispielsweise die durch den Vulkanausbruch von Pompeji im Jahr 79 erhaltenen Graffiti dar, in welchen sich (je nach Bildungsgrad der Schreiber) teilweise eine Sprachform manifestiert, die in vielem bereits Züge der romanischen Sprachen vorwegnimmt (z. B. Kasussynkretismus im Akkusativ mit Verlust des auslautenden -m). Das von Gebildeten wie Cicero, Caesar usw. geschriebene (und gesprochene?) Latein ist daher insgesamt eher als Kunstsprache anzusehen. Dies gilt allerdings mehr oder minder für alle Schrift- bzw. Hochsprachen.

Schrift[Bearbeiten]

Ebenso wie viele andere Kulturgüter wurde das lateinische Alphabet aus Griechenland entlehnt, und zwar über das altitalische Alphabet der Etrusker. In klassischer Zeit bestand das lateinische Alphabet aus den folgenden 23 Zeichen:

A B C D E F G H I K L M N O P Q R S T V X Y Z

Minuskeln waren in klassischer Zeit unbekannt, d. h., es wurde nur mit den hier angeführten Majuskeln geschrieben. I und V standen gleichzeitig für die Vokale i, u und die Konsonanten j, v. Das Wort iuventus (Jugend) wurde folglich IVVENTVS geschrieben. Die Buchstaben K, Y und Z wurden hauptsächlich in griechischen Fremdwörtern bzw. Eigennamen verwendet.

Geschrieben wurde, neben Steininschriften, auf Holz- und Wachstafeln (tabula cerata), Pergament oder Papyrus. Für den Schreibvorgang auf den Wachstafeln dienten Griffel (stilus). Auf Papyrus wurde mit schwarzer und roter Tinte geschrieben. Die schwarze Tinte bestand aus Ruß und einer Lösung von Gummi arabicum, die rote Tinte wurde auf Ocker-Basis (Rötel) hergestellt. Als Schreibgerät diente ein Pinsel aus Binsen, in griechisch-römischer Zeit ein Schreibrohr, griechisch κάλαμος (kálamos), lateinisch calamus. Schriftwerke größeren Umfangs wurden in klassischer Zeit auf Schriftrollen und Kodizes niedergeschrieben und durch Abschreiben vervielfältigt.

Die erste bekannte stenografische Schrift wurde von Marcus Tullius Ciceros Haussklaven und Privatsekretär Marcus Tullius Tiro erfunden.