Romanische Sprachen

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Die romanischen Sprachen gehören zum (modernen) italischen Zweig der indogermanischen Sprachen. Die Gruppe der romanischen Sprachen bietet insofern eine Besonderheit, als es sich um eine Sprachgruppe handelt, deren gemeinsame Vorläufersprache das Latein (Sprache aus der indogermanischen Sprachfamilie) (bzw. das Vulgärlatein) war, das in seiner Geschichte und schriftlichen Überlieferungen belegbar ist. Es gibt etwa 15 romanische Standardsprachen (und mehrere nicht-standardisierte, teils als Dialekte geltende), mit rund 700 Mio. Muttersprachlern, 850 Mio. inklusive Zweitsprechern. Die sprecherreichsten romanischen Sprachen sind Spanisch, Portugiesisch, Französisch, Italienisch und Rumänisch.

Geschichte der sprachwissenschaftlichen Einordnung der romanischen Sprachen[Bearbeiten]

Zu den ersten, die die romanischen und weitere europäische Sprachen klassifizierten und darüber schrieben, gehörte Rodrigo Jiménez de Rada mit seiner Geschichte der Iberischen Halbinsel von 1243 De rebus Hispaniae. De Rada unterschied drei große Gruppierungen, die er in die romanischen, slawischen und germanischen Sprachen aufteilte; zusätzlich erwähnte er weitere Sprachen, etwa das Ungarische und Baskische. In der spanischen Renaissance schrieb Andrés de Poza (1587) eine erste Klassifikation der romanischen Sprachen nieder. Es war eine Übersicht der romanischen Sprachen, welche auch das Rumänisch mit einschloss und bis in das 18. Jahrhundert ihre Bedeutung behielt.

Die allgemeine Entwicklung, die im 16. Jahrhundert begann, schritt weiter voran. Joseph Justus Scaliger ordnete Sprachen in eine romanische, griechische, germanische und slawische Familie, Georg Stiernhielm präzisierte und erweiterte diese Einteilung. Sebastian Münster erkannte eine Verwandtschaft zwischen Ungarisch, Finnisch und Samisch. Claudius Salmasius zeigte Ähnlichkeiten zwischen dem Griechischen und Latein sowie den iranischen und indischen Sprachen auf.

In Deutschland gilt Friedrich Christian Diez mit seiner „Grammatik der romanischen Sprachen“ von 1836 als Begründer der wissenschaftlichen Romanistik. Diez verfasste wissenschaftliche Arbeiten zur provenzalischen Literaturgeschichte, so „Die Poesie der Troubadours“ (1826), „Leben und Werke der Troubadours“ (1829). In seiner vergleichenden Grammatik der romanischen Sprachen – als dreibändiges Werk in der Zeit zwischen 1836 und 1844 erschienen – führte er auf, dass alle romanischen Sprachen auf das Vulgärlatein zurückgehen. Zu seinen Schülern in Bonn gehörten u.a. Hugo Schuchardt, Gaston Paris und Adolf Tobler. Mit dem Jahre 1876 folgte ihm an der Universität Bonn als Nachfolger Wendelin Foerster. Er begründete im Jahre 1878 das „Königliche romanische Seminar“ als das erste Universitätsinstitut für diese Disziplin. Auch er widmete sich der Erforschung der Sprachen, die sich aus dem Lateinischen entwickelt haben.

Geschichte der romanischen Sprachen[Bearbeiten]

Im Gegensatz zu den meisten anderen Sprachgruppen ist die Ursprache des Romanischen gut bezeugt: Es handelt sich um Latein, aus dem sich das gesprochene Latein der Spätantike (Volkslatein oder Vulgärlatein) entwickelte. Das Lateinische selbst gilt nicht als romanische Sprache, sondern wird zusammen mit den oskisch-umbrischen Sprachen zu den italischen Sprachen gerechnet, von denen nur das Lateinische heute noch „Nachkommen“ hat, nämlich die romanischen Sprachen.

Die Romanisierung begann als Ausbreitung der lateinischen Sprache in den durch das Römische Reich verwalteten Gebieten. Diese räumliche Ausweitung erreichte um 200 n. Chr. einen Höhepunkt.

Die Gebiete, in denen nur noch Relikte oder indirekte Zeugnisse des Lateinischen wie Ortsnamen vorhanden sind, nennt man Romania submersa („untergetauchte Romania“); im Zusammenhang mit dem noch heute romanischsprachigen Teil Europas wird von der Romania continua gesprochen. Mit Romania nova („neue Romania“) wird dasjenige Gebiet bezeichnet, in welches eine romanische Sprache erst durch die neuzeitliche Kolonisation gelangt ist.

Waren die sich aus der indogermanischen Ursprache entwickelnden altindogermanischen Sprachen, so das Sanskrit und dann in abnehmendem Grade das Griechische sowie das Latein, von einem synthetischen Sprachbau, kam es über die Entwicklung vulgärlateinischer Dialekte und Sprachen verstärkt zu einem analytischen Sprachbau. Diese Veränderung hatte weitreichende Folgen. Während bei mehr oder weniger reinen synthetischen Sprachen die Wortstellung frei ist und dadurch einen flexiblen Ausdruck gewährleistet, müssen in den analytischen Sprachen die Beziehungen durch Wortstellungen ausgedrückt werden. Hierzu schufen die Sprecher im Zuge dieser Hinwendung zum analytischen Sprachaufbau der romanischen Sprachen nunmehr Artikel vor den Substantiven, Personalpronomina vor den Verben, führten Hilfsverben in die Konjugation ein, ließen Präpositionen die Kasus ersetzen, führten Adverbien zur Komparation der Adjektive ein, verzichteten auf das Neutrum und vieles andere mehr.

Morphologisch haben die romanischen Verben in vieler Hinsicht die Verwendung von Wortformen bewahrt, zeigen aber auch an vielen Stellen eine Tendenz zu analytischen Bildungen. In der Morphologie der Nomen aber war die Entwicklung eine andere, es kam zu einem weitreichenden Verlust der Kasus – eine Entwicklung, die schon im Vulgärlatein nachweisbar ist, wo lateinische Kasusendungen regelmäßig durch Präpositionen ersetzt wurden.

Diese Entwicklung hin zu den romanischen Sprachen ergab eine völlig andere Syntax. Obgleich die Verbformen noch stark markiert sind, das Prädikat also seine kompakte Stellung behielt, wurden die syntaktischen Beziehungen zwischen den Satzgliedern nicht mehr durch die Kasus, sondern durch Präpositionen und die starrere Wortstellung ausgedrückt. Für den Sprecher wurden dadurch die Satzstellungsregeln einfacher, denn syntaktisch zusammengehörende Einheiten bleiben nebeneinander stehen.