Apostolischer Nuntius

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Ein Apostolischer Nuntius (lat. „päpstlicher Bote“) ist der bei der Regierung eines anderen Staates akkreditierte Botschafter des Heiligen Stuhles (also der Gesamtheit der obersten Leitungsorgane der katholischen Kirche, in deren Zentrum der Papst steht, als Völkerrechtssubjekt).

Der Nuntius nimmt als Diplomat darüber hinaus auch die Interessen des Staates Vatikanstadt wahr und vertritt den Papst als Kirchenoberhaupt gegenüber den Ortskirchen des entsprechenden Landes.

Der Sitz eines Nuntius wird Apostolische Nuntiatur genannt.

Geschichte und Terminologie[Bearbeiten]

Die römischen Päpste entsenden seit dem 4. Jahrhundert Botschafter, anfangs als päpstliche Legate. Diese wurden im 11. und 12. Jahrhundert zu Kardinälen erhoben. Die ersten Nuntiaturen entstanden ab dem frühen 16. Jahrhundert zunächst in Spanien, Frankreich, Venedig und dem Heiligen Römischen Reich.

Ein Apostolischer Nuntius bekleidet seit Ende des Dreißigjährigen Krieges für gewöhnlich den Rang eines Titularerzbischofs mit dem Prädikatstitel Hochwürdigste Exzellenz. Papst Johannes XXIII. verfügte, dass alle Nuntien zu Bischöfen zu weihen seien, sofern sie es nicht bereits waren.

Die juristische Basis im Codex Iuris Canonici sowie die historische Genese des Amtes lassen darauf schließen, dass der Apostolische Nuntius primär eine geistliche Funktion hat:

Zitat
Der Apostolische Nuntius ist zugleich Priester und Diplomat. So wie der Heilige Vater sowohl eine geistliche als auch eine weltliche Position in einem Amt vereinigt, wobei der Primat im Ersteren liegt (suprema lex salus animarum), so erfüllt auch der Apostolische Nuntius primär nicht eine zwischenstaatliche, sondern eine innerkirchliche Funktion

Seit dem Wiener Kongress 1815 steht der Apostolische Nuntius im Rang eines Botschafters. Außerdem vertritt er den Papst bei den jeweiligen Bischofskonferenzen. Ein Nuntius muss wie jeder Diplomat vom aufnehmenden Staat akkreditiert werden.

Ist der Gesandte des Papstes nicht beim Staatsoberhaupt oder bei der Regierung des Aufnahmestaates akkreditiert, sondern pflegt nur den Kontakt zu den kirchlichen Institutionen und Personen, so heißt er Apostolischer Delegat. Päpstliche Diplomaten, wie etwa Janusz Urbańczyk, die zu internationalen Organisationen entsandt werden, heißen Ständige Beobachter des Heiligen Stuhls und entsprechen den weltlichen Ständigen Vertretern.

In vielen Staaten (zum Beispiel in Deutschland) ist der Nuntius aufgrund eines Konkordats Doyen (französisch für Dekan) des Diplomatischen Korps und hat als primus inter pares einige Ehrenrechte. Dies geht auf den lang anhaltenden Streit der Staaten zurück, wem der erste Platz einzuräumen sei. Man löste dies durch das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen, in dem man dem Vertreter des Papstes dieses Vorrecht einräumte.

Der Doyen spricht bei offiziellen Anlässen als Vertreter des gesamten diplomatischen Korps und vertritt insbesondere die Interessen der kleineren Staaten.

Pro-Nuntius[Bearbeiten]

Die Bezeichnung Pro-Nuntius war ursprünglich jenen Nuntien vorbehalten, welche bereits im Rang eines Kardinals standen. Der gemäß Protokoll einem Prinzen von Geblüt gleichkommende Rang eines Kardinals war sowohl in als auch außerhalb der päpstlichen Kurie eindeutig höher als der eines diplomatischen Missionschefs, daher war es unüblich, Kardinäle auf einen Nuntiaturposten zu entsenden. Sollte zum Beispiel ein Nuntius kurz vor Ende seiner Mission den Purpur erhalten haben, konnte dennoch für eine Übergangsfrist seine Tätigkeit als Nuntius, zum Beispiel zum Abschluss von Verhandlungen, erforderlich sein. Dieser (vor Kurzem kreierte) Kardinal agierte quasi „an Stelle“ (lat.: „pro“) eines Nuntius. Pro-Nuntien dieser Art waren sehr seltene Ausnahmen in besonderen Situationen.

Im Gefolge der Kurienreformen, ökumenischer Bestrebungen und insbesondere der päpstlichen Osteuropapolitik nach dem II. Vatikanischen Konzil kam es zu einer Neudefinition dieses Titels. Da es durch die vorsichtige Öffnung gegenüber den Ostblockstaaten zwar zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen kam, diese ebenso wie traditionell nichtkatholische, insbesondere islamisch dominierte Staaten aber eine Doyenstellung des Nuntius ablehnten, wurde 1965 der Titel Pro-Nuntius als Bezeichnung für einen apostolischen Nuntius ohne automatische Stellung als Doyen quasi neu geschaffen. Diese Bezeichnung blieb bis 1991 in Kraft. Danach wurden alle Pro-Nuntien in Nuntien umgewandelt, sodass der Titel „Apostolischer Nuntius“ nichts über die Stellung als Doyen aussagt.

Quellen[Bearbeiten]

  • Markus Nagler: Das päpstliche Gesandtschaftsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Apostolischen Nuntiatur in Deutschland. Dissertation Universität Freiburg 2000