Freigelassener

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Ein Freigelassener ist ein ehemaliger männlicher oder weiblicher Sklave, der durch einen rechtlichen Akt aus seinem bisherigen Zustand der Unfreiheit entlassen wurde.

Zu den Freigelassenen in den Vereinigten Staaten siehe Freedmen.

Römisches Reich[Bearbeiten]

Der freigelassene Sklave (servus) wurde nach seiner Freilassung, der manumissio, als libertus oder liberta bezeichnet. Trotz seiner durch die Freilassung erlangten Rechtsfähigkeit stand der Freigelassene weiterhin in einem Abhängigkeitsverhältnis zu seinem früheren Herrn, dem patronus, war aber nicht mehr als Sache dessen Eigentum. Er schuldete seinem ehemaligen Herrn Dankbarkeit und Ehrerbietung (obsequium). Soweit vertraglich vor Freilassung vereinbart oder im Testament festgelegt, konnte der Freigelassene zu bestimmten Diensten (operae) herangezogen werden. Bei Undankbarkeit drohten schwere Strafen, in der Spätantike zeitweilig sogar die Wiederversklavung. Da die Verselbstständigung der Freigelassenen sukzessive fortschritt, bildeten sich die Gewaltverhältnisse im Gegenzug mehr und mehr zurück und reduzierte sich auf sittliche Verhaltensregeln und Einstandspflichten. Zuchtgewalt – vergleichbar mit der patria potestas – verlieb beim Hausherrn noch, soweit der Freigelassene bei ihm im Haushalt lebte. Häufig wurde zwischen Herrn und Freigelassenem vereinbart, dass Letzterer bestimmte Dienste und Tageswerke (operae) zu verrichten hatte. Da die Zuchtgewalt während der jüngeren Republik zunehmend bereits verdrängt wurde, stand dem ehemaligen Herrn zur Einforderung einer nicht verrichteten Tätigkeit die prätorische Leistungsklage in Form der actio operandum zur Verfügung. Diese folgte dem Muster der actio certa ex stipulatu und etablierte sich in der klassischen Zeit vollends. Dagegen wiederum konnte der Freigelassene Einreden erheben.

Es gab verschiedene Formen der Freilassung von Sklaven:

  • die offiziellen Formen:
    • durch Berührung mit einem Stab (per aes et libram) vor einem Beamten (manumissio vindicta), seit Konstantin d. Gr. auch in der Kirche (manumissio in ecclesia)
    • durch Eintragung in die Bürgerrolle als freier Bürger durch den Herrn (manumissio censu) (in der Kaiserzeit nicht mehr praktiziert)
    • durch letztwillige Verfügung im Testament (manumissio testamento), auch als Auflage an den Erben (manumissio fideicommissaria)
  • die formlosen (sogenannte prätorische) Freilassungen:
    • durch einen Brief (manumissio per epistulam)
    • unter Freunden (manumissio inter amicos)
    • beim Gastmahl oder am Tisch (manumissio in convivio bzw. per mensam)
    • im Zirkus oder im Theater (manumissio in circo bzw. in theatro)

Jedenfalls die offizielle Freilassung wurde durch eine rituelle Geste markiert: Der Sklave wurde vom Herrn einmal um die eigene Achse gedreht. In der Spätantike wurde ihm stattdessen eine Ohrfeige verpasst (alapa) – der Kirchenvater Basilius verstand das als die letzte Gewalttat, die der Sklave vor der Entlassung in die Freiheit erdulden musste.

Ein äußeres Zeichen des Freigelassenen war eine kegelförmige Filzkappe, die „Freiheitsmütze“ (pilleus libertatis).

Offiziell Freigelassene wurden vollgültige römische Bürger, durften aber keine politischen oder militärischen Ämter ausüben. Die prätorische Freilassung gab einem Sklaven die Freiheit, ohne ihn mit politischen Rechten auszustatten (das sogenannte latinische Bürgerrecht). Für den ehemaligen Herrn (dominus) hatte die prätorische Freilassung finanzielle Vorteile, denn das Vermögen des Freigelassenen ging bei dessen Tod auf ihn über, aber auch bei der offiziellen Freilassung hatte er einen Anteil am Erbe des Freigelassenen.

Mit der Freilassung übernahm der Sklave den Praenomen und Gentilnamen seines bisherigen Herrn, während er den bisherigen Sklavennamen als cognomen weiterführte. So hieß Tiro, der ehemalige Sklave von Marcus Tullius Cicero, nach der Freilassung Marcus Tullius Tiro (vergleiche insoweit auch: Römischer Name). Bei Inschriften tritt an die bei Freigeborenen übliche Angabe des Vaters (z. B. filius Marci – Sohn des Marcus) diejenige des bisherigen Herrn (z. B. libertus Marci – Freigelassener des Marcus); ein von einem Kaiser freigelassener früherer Staatssklave wird als libertus Augusti bezeichnet. Das wird als Pseudo-Filiation bezeichnet– dem Freigelassenen versagt die römische Gesellschaftsordnung ebenso wie dem Sklaven eine offizielle Beziehung zu seinem biologischen Vater.

Quellen[Bearbeiten]

  • Josef Fischer: Sklaverei in der Antike. WBG Academic, Darmstadt 2021 (E-Book), ISBN 978-3-534-27141-2, Kap. VI.9 (Späte Republik und Kaiserzeit/Freilassung), S. 133–136.