Hebräische Sprache

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Hebräisch gehört zur kanaanäischen Gruppe des Nordwestsemitischen und damit zur afroasiatischen Sprachfamilie, auch semitisch-hamitische Sprachfamilie genannt.

Die Basis aller späteren Entwicklungsformen des Hebräischen ist die Sprache der heiligen Schrift der Juden, der hebräischen Bibel, deren Quellschriften im Laufe des 1. Jahrtausends v. Chr. entstanden und kontinuierlich redigiert und erweitert und schließlich um die Zeitenwende kodifiziert wurden. (Alt-)Hebräisch wird daher oft mit dem Begriff „Biblisch-Hebräisch“ gleichgesetzt, selbst wenn dies weniger sprachhistorisch als literaturhistorisch begründet ist: Althebräisch als die Sprache des größten Teiles des Alten Testamentes. In der Bibel wird die Sprache sefat kena‘an („Sprache Kanaans“, Jes 19,18) oder jehudit („jüdisch“, „judäisch“; Jes 36,11 2Kö 18,26+28 2Chr 32,18 Neh 13,24) genannt. Nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels durch Nebukadnezar II. im Jahre 586 v. Chr. und dem darauf folgenden Babylonischen Exil kam die dortige Amtssprache Aramäisch unter den Juden in Umlauf, sodass das Hebräische fortan in Konkurrenz zum Aramäischen stand und viele Einflüsse von ihm aufnahm.

Nach der Zerstörung des Zweiten Tempels zu Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. verlagerte sich das Zentrum jüdischen Lebens von Judäa nach Galiläa und ins Exil. Etwa ab dem Jahre 200 hörte Hebräisch auf, Alltagssprache zu sein. Es blieb indessen eine Sakralsprache, wurde jedoch nie ausschließlich zu liturgischen Zwecken benutzt, sondern auch zur Abfassung von philosophischen, medizinischen, juristischen und poetischen Texten, sodass sich das Vokabular des Mittelhebräischen im Laufe der Jahrhunderte erweitern konnte. Es ist ebenfalls bezeugt, dass sich die verstreuten jüdischen Gemeinden zur Verständigung untereinander des Hebräischen bedienten.

Die Erneuerung des Hebräischen mit dem Ziel seiner Etablierung als jüdische Nationalsprache in Palästina begann im späten 19. Jahrhundert auf Initiative von Elieser Ben-Jehuda. 1889 gründete er in Jerusalem den „Rat der hebräischen Sprache“, den Vorläufer der Akademie für die hebräische Sprache, mit dem Ziel, die seit etwa 1700 Jahren kaum noch gesprochene Sprache der Bibel wiederzubeleben. In der Folgezeit entstand das moderne Hebräisch (auf Deutsch oft als Ivrit bezeichnet), dessen Unterschiede zum biblischen Hebräisch im Schriftbild und der Morphologie äußerst gering, in der Syntax und dem Vokabular zum Teil gravierend sind.

Geschichte[Bearbeiten]

Man unterscheidet drei Entwicklungsstufen: Alt-, Mittel- und Neuhebräisch. Daneben gibt es eine eher literarisch definierte Einteilung in Bibelhebräisch, Mischnahebräisch, mittelalterliches Hebräisch und modernes Hebräisch; diese Einteilung ist im akademischen Hebräischunterricht üblich.

Althebräisch[Bearbeiten]

Das Althebräische ist aufs Engste mit der phönizisch-punischen Sprache sowie den anderen semitischen Varietäten der Länder der vorderasiatischen Mittelmeerküste verwandt. Die meisten Linguisten betrachten heute das Kanaanäische (mit dem Hebräischen als einer von mehreren Mundarten) und das Phönizische als dieselbe Sprache. Sprachwissenschaftlich gesehen ist (Alt-)Hebräisch ein südkanaanäischer Dialekt des 1. Jahrtausends v. Chr., der in einem Dialektkontinuum mit den (anderen) kanaanäischen Sprachen, Moabitisch, Ammonitisch, Edomitisch, Ugaritisch, Phönizisch usw. stand. Der älteste bekannte hebräische Text ist der auf eine Tontafel niedergeschriebene Gezer-Kalender von 925 v. Chr., der heute in Istanbul ausgestellt ist. Es gibt ältere Zeugnisse der verwandten Dialekte.

Das berühmteste Werk in althebräischer Sprache ist die jüdische Bibel, der Tanach (im christlichen Sprachgebrauch Altes Testament genannt). Zu den ältesten erhaltenen Abschriften biblischer Texte zählen die Schriftrollen vom Toten Meer. Sie wurden 1947 in Qumran gefunden und stammen aus der Zeit zwischen dem 3. Jahrhundert v. Chr. und dem späten 1. Jahrhundert n. Chr. Sie weisen zahlreiche Unterschiede zur heutigen kodifizierten jüdischen Bibel auf und umfassen auch Schriften, die in den Kanon der jüdischen Bibel nicht eingegangen sind.

Mittelhebräisch[Bearbeiten]

Mittelhebräisch ist die Sprache spätbiblischer Texte sowie der hebräischen Teile der rabbinischen Literatur und der mittelalterlichen jüdischen Literatur. Geprägt wurde sie maßgeblich vom hebräisch-aramäischen Diglossieverhältnis, das vom Babylonischen Exil bis zum Ende der rabbinischen Epoche bestimmend war.

In Form des Reichsaramäischen wurde die aramäische Sprache im Perserreich zur Verwaltungssprache. Kerngebiet des aramäischen Sprachraums war bis dahin der syrische Raum um Damaskus gewesen. Nun etablierte sich Aramäisch für ca. 700 Jahre als ethnische und politische Grenzen überschreitende Umgangssprache im Nahen Osten, zu der nach dem Sieg Alexanders des Großen über die Perser das Griechische in Konkurrenz trat. Erst das Auftreten des Arabischen drängte beide Sprachen fast ganz zurück. Die Juden benutzten Aramäisch für Bibelübersetzungen (Targumim) und im Talmud sowie als Umgangssprache in Babylonien und der Levante. Wie das Hebräische gehört Aramäisch zum nordwestlichen Zweig der semitischen Sprachen und ist somit dem Hebräischen nahe verwandt. In der mittelhebräischen Phase wurden zahlreiche aramäische Ausdrücke und Redewendungen ins Hebräische übernommen, vor allem aber die aramäische Schrift, die als sogenannte Quadratschrift bis heute in Gebrauch ist, während die Aramäer ihre Schrift zu verschiedenen Kursiven weiterentwickelten und die Quadratschrift aufgaben. Auch die Syntax des Hebräischen änderte sich in dieser Phase grundlegend (Übergang von der Struktur Prädikat–Subjekt–Objekt hin zu Subjekt–Prädikat–Objekt sowie von der parataktischen, das heißt Hauptsätze bevorzugenden Syntax hin zum hypotaktischen Prinzip, d.h. zu Hauptsatz-Nebensatz-Konstruktionen). Das Mittelhebräische umfasst das spätbiblische Hebräisch und das Hebräisch der rabbinischen Literatur, d.h. der Werke der jüdischen Gelehrten insbesondere Palästinas und Babyloniens nach der Zerstörung des Zweiten Tempels (70 n. Chr.).

Während fast zweier Jahrtausenden war Hebräisch nicht Muttersprache, sondern meist Zweit- oder Drittsprache von Juden, das heißt in der Regel von gebildeten jüdischen Männern in allen Teilen der Diaspora. In der traditionellen jüdischen Ausbildung wurde viel Zeit darauf verwandt, Tora, Mischna, Gemara und rabbinische Kommentare im hebräischen (und zum Teil aramäischen) Original zu lesen. Der wichtigste Beitrag zum Erhalt des biblischen Hebräisch stammt von den Masoreten, die vom 7. bis zum 10. nachchristlichen Jahrhundert dem nur mit Konsonanten geschriebenen Bibeltext Vokale, Akzente und sogenannte Teamim hinzufügten, das heißt Angaben für den liturgischen Gesang im Gottesdienst. Da die entsprechenden Zeichen hauptsächlich aus Punkten bestehen, spricht man von „Punktation“ (hebräisch nikud). Die bedeutendsten Masoreten wirkten im 9./10. Jahrhundert n. Chr. in Tiberias am See Genezareth.

Vor allem zwei Familien sind hier bedeutsam: Ben Ascher und Ben Naftali. Nachdem bereits vorher in Babylonien wie in Palästina Texte zum Zwecke der Vokalisierung punktiert worden waren, schuf Aaron ben Mosche ben Ascher das ausführlichste und gründlichste Punktationssystem, das sich schließlich allgemein durchsetzte. Der allgemein anerkannte jüdische hebräische Bibeltext, der seit dem 16. Jahrhundert auch von christlichen Theologen der Exegese des Alten Testaments zugrunde gelegt wird, geht auf den punktierten Text der Familie Ben Ascher zurück. In der Biblia Hebraica Stuttgartensia ist der masoretische Text nach der ältesten vollständigen Handschrift dieser Textform, dem Codex Leningradensis (heute meist Codex Petropolitanus oder Codex Petersburg genannt) abgedruckt. Paul Kahles Erforschung verschiedener masoretischer Systeme und der Vergleich mit griechischen Umschriften des Hebräischen in der Septuaginta und der Hexapla des Origenes haben gezeigt, dass die Masoreten von Tiberias in ihrer Punktation nicht der gängigen, tradierten Aussprache des Hebräischen folgten, sondern zum Teil ein ideales philologisches Konstrukt schufen, das vor allem religiösen Bedürfnissen genügen sollte.