Lakota

Aus Twilight-Line Medien

Die Lakota, Lakhota sind die westlichste Dialekt- und Stammesgruppe der Sioux aus der Sioux-Sprachfamilie. Ursprünglich lebten die Lakota gemeinsam mit den übrigen Sioux-Stämmen im Gebiet westlich der Großen Seen, jedoch wurden später große Gruppen der Sioux von den Anishinabe (Chippewa oder Ojibwe) nach Süden und Westen verdrängt. Auf der Wanderung in ihre neuen Jagdgründe teilten sich die Sioux in drei große regionale Stammesgruppen, die sich im Dialekt und teilweise auch in ihrer Lebensweise und Kultur unterschieden – in die im Osten zurückgebliebenen Dakota bzw. Östliche Dakota, die Westlichen Dakota sowie die westwärts auf die Plains gezogenen Lakota, die seitdem auch als Teton (von Thítȟuŋwaŋ, Titonwan-kin – „Bewohner der Prärie, d.h. der Ebenen“) bekannt sind.

Die Sprecher der einzelnen Dialekte hatten keine Schwierigkeiten, einander zu verstehen. Während Dakhótiyapi (Santee-Sisseton) und Lakȟótiyapi heute noch von vielen Sioux gesprochen wird, ist die Dialektvariante des Dakȟótiyapi (Yankton-Yanktonai) nahezu ausgestorben.

Zur Mitte des 19. Jahrhunderts erstreckte sich ihr Territorium vom Little Missouri River im Nordwesten bis zum Missouri River im Nordosten und zum Platte River im Süden. Damit umfasste es weite Gebiete der heutigen US-Bundesstaaten South Dakota, North Dakota und Nebraska. Zentrum waren die Black Hills in South Dakota. Sie werden von den Lakota als Sitz der Geister und damit als heilig betrachtet.

Kultur und Lebensweise[Bearbeiten]

Das Leben in den Großen Ebenen, die sich von Saskatchewan im Norden bis nach Texas im Süden ausdehnen, war hart. Es gibt dort keine nennenswerten Gebirgsketten, und so ist man den Naturgewalten nahezu schutzlos ausgeliefert. Im Winter können die arktischen Stürme ohne jeden Widerstand über das Land fegen und Temperaturen von unter minus 30 Grad sind keine Seltenheit. In den Sommermonaten jedoch wird das Gebiet regelmäßig von einer gnadenlosen Hitze heimgesucht, begleitet von Sandstürmen, schweren Gewittern und sogar Tornados.

Die Lakota waren typische Vertreter der Plains-Kultur. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten sie in großen kreisförmigen Lagern aus Tipis, die von Bisonhäuten bedeckt waren. Sie führten ein Nomadenleben und transportierten ihre gesamte Habe auf von Pferden gezogenen Travois, wenn sie ihr Lager verlegten. Ihr Lebensunterhalt war vollständig von der Bisonjagd abhängig. Das Fleisch, die Innereien und das Knochenmark der Tiere diente zur Ernährung. Die Haut wurde zur Herstellung von Kleidung, Schuhwerk und Abdeckung der Tipis verarbeitet. Die extrem reißfesten Sehnen verwendete man für Nähmaterial und Bögen, während die Bisonhörner als Schmuck auf dem Kopf getragen wurden. Selbst der getrocknete Bisonmist diente in den baumlosen Ebenen als Brennmaterial; die Fladen wurden sorgsam gesammelt.

Bekleidet waren die Lakota-Männer im Sommer mit ledernem Lendenschurz und Mokassins und im Winter mit Lederhemd, Leggings und Fellmänteln. Die Frauen trugen ein loses Fellkleid und Büffelkälber lieferten die Kleidung für Kinder. Das Bearbeiten der Büffelhäute und die Herstellung der Kleidung und Tipis war im Wesentlichen Frauenarbeit. Da es zu viel Arbeit für eine Frau war, ein Tipi zu nähen, lud sie einige andere Frauen des Stammes zum Tee ein. Wenn sie annahmen, mussten sie automatisch auch helfen, das Tipi zu nähen.

„Nichtdestruktiv-aggressive Gesellschaft“[Bearbeiten]

Der Sozialpsychologe Erich Fromm analysierte im Rahmen seiner Arbeit Anatomie der menschlichen Destruktivität anhand ethnographischer Aufzeichnungen 30 vorstaatliche Völker auf ihre Gewaltbereitschaft, darunter auch die Lakota. Er ordnete sie abschließend den „Nichtdestruktiv-aggressiven Gesellschaften“ zu, deren Kulturen durch einen Gemeinschaftssinn mit ausgeprägter Individualität (Status, Erfolg, Rivalität), eine zielgerichtete Kindererziehung, reglementierte Umgangsformen, Vorrechte für die Männer, und vor allem männliche Aggressionsneigung – jedoch ohne destruktive Tendenzen (Zerstörungswut, Grausamkeit, Mordgier u. ä.) – gekennzeichnet sind.

Mythologie und Religion[Bearbeiten]

Besonders die Gegend der Black Hills spielt für die Mythologie der Lakota eine bedeutende Rolle. So soll rund um die Hügel ein Rennen stattgefunden haben, das zwischen Vögeln (Zwei-Beiner, welche die Menschen repräsentieren) und Tieren (Vier-Beiner) ausgetragen wurde. Die Vögel gewannen und so entstand eine natürliche Ordnung, in der die Menschen über die Tiere dominierten und den Bison und weiteres Wild zum Essen töten durften. Der Wind Cave in den Black Hills soll die Geburtsstätte der Menschen gewesen sein. Die Vier ist die heilige Zahl in der traditionellen Religion der Lakota, die sich unter anderem in den vier Speichen des Medizinrades wiederfindet. Ebenso hat die Kreisform dieses Symbols eine zentrale Bedeutung, da sich nach den Vorstellungen dieses Volkes alles in Kreisläufen vollzieht.

Ihr animistisch-religiöses System kannte vier Mächte, die über das Universum herrschten, und die wiederum in vier Hierarchien unterteilt waren. Grundlage dieser Mächte war Wakȟáŋ (Wakan), die geheimnisvolle Lebens- und Schöpferkraft, die in der Summe als Wakȟáŋ Tȟáŋka (Wakan Tanka) („das große, unerklärliche Geheimnis, Großes Geheimnis“ bzw. Weltseele) bezeichnet wurde. Dinge, Naturerscheinungen oder Menschen mit herausragenden oder ungewöhnlichen Eigenschaften waren ebenfalls wakan, denn darin offenbarte sich die Existenz der übernatürlichen Mächte. Der Bison spielte als wichtigste Ressource auch eine spirituelle Rolle: Bei der ersten Menstruation eines Mädchens etwa wurde in einem Zelt ein Altar für einen Bisonschädel und weitere Ritualmittel wie Tabak, Pfeife und einem neuen Kleid errichtet. Ein Heiliger Mann (Wičasa Wakan) betete dann zu dem göttlichen Geheimnis Wakan kin und der Schöpfung Taku wakan (die zusammen Wakan Tanka bildeten) und schließlich zu dem Bison, damit er das Mädchen in eine fruchtbare „Bisonfrau“ verwandeln möge. Dieser Geisterbeschwörer war für die Überlieferung der religiösen Vorstellungen, die Bewahrung der Mythen, der Riten und Traditionen sowie des traditionellen Wissens der Lakota verantwortlich. Er leitete auch die Rituale während des Sonnentanzes und war ein spiritueller Spezialist, der über „magische“ Fähigkeiten als Vermittler zur Geisterwelt (Wakȟáŋ bzw. Wakan) verfügte. Der Wičasa Wakan ist vom Heiler oder Geistheiler (Pȟežúta wičháša/Pejuta Wacasa) zu unterscheiden, der versuchte, Kranke und Verwundete mit Hilfe von Heilkräutern zu heilen. Alle Dinge, die er während des Heilrituals benutzte, wurden erst hierdurch zu Pejuta („Medizin“). Er verfügte über großes Wissen in der Traditionelle Medizin. Fälschlicherweise wurden beide – der Heilige Mann (Wicasa Wakan) sowie der Heiler (Pejuta Wacasa) – vereinfacht und oftmals abwertend als Medizinmann bezeichnet (siehe dazu: Abgrenzungsproblematik; Beispiel Schamane und Priester sowie „Der Medizinbegriff in Zusammenhang mit den nordamerikanischen Indianern“).

Nach den laufenden Erhebungen des evangelikal-fundamentalistisch ausgerichteten Bekehrungsnetzwerkes Joshua Project bekennen sich heute noch 30 % der Lakota zur ethnischen Religion. Daraus geht allerdings nicht hervor, wie viele Menschen Anhänger der panindianischen Native American Church sind und wie viele der originär traditionellen Religion angehören (die heute einige christliche Elemente enthält). 60 % sind (offiziell) Christen (davon fast zwei Drittel Protestanten), und 10% bezeichnen sich als nicht religiös. Die christlichen Lakota-Gemeinden haben ihrerseits viele traditionelle Zeremonien übernommen, und viele offizielle Christen gehen neben dem Gottesdienst den überlieferten Kulten (bis hin zum Sonnentanz) nach.