Roman

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Der Roman ist eine literarische Gattung, und zwar die Langform der schriftlichen Erzählung. Das Wort Roman ist ein Lehnwort aus dem Französischen und bedeutet „Erzählung in Versen oder Prosa“. Es löste im 17. Jahrhundert das Wort Historie ab, das bis dahin die unter diese Gattung fallenden Werke bezeichnet hatte. Auch verstand man ab dem 17. Jahrhundert nur noch in Prosa abgefasste Schriften als „Roman“. Der Plural „Romane“ wurde erst im 18. Jahrhundert gebräuchlich.

Definition[Bearbeiten]

Bis heute ist es schwierig, den Roman eindeutig zu definieren, da er zum einen in der antiken Diskussion über literarische Formen nicht erwähnt wird und zum anderen viele unterschiedliche Einflüsse auf die Romanproduktion einwirkten und bis heute weiter einwirken. Daraus resultieren zwei für die Definition des Romans wichtige Grundannahmen. In der Romantheorie wird der „Roman“ erstens als Synthese verschiedener Gattungen aufgefasst, da es außer dem Prosakriterium kaum formale Vorgaben gibt und daher andere ästhetische Muster leicht zu integrieren sind. Und zweitens ist der Roman aufgrund seiner Offenheit gegenüber anderen Formen und Genres einem stetigen Wandel unterworfen, der bis in die Gegenwart andauert und noch nicht abgeschlossen ist.

Von anderen Gattungen ist der Roman vor allem negativ abzugrenzen. Das Kriterium der Fiktionalität unterscheidet den Roman von faktualen Erzählungen – etwa denen der Geschichtsschreibung –, die ein getreues Abbild eines Geschehens darbieten wollen. Oft weist schon das Wort Roman auf dem Bucheinband oder Titelblatt einen Roman als künstlerisches und damit fiktionales Werk aus. Vor 1700 wurden die Romane allerdings oft als Schlüsselromane mit durchaus historiographischem Anspruch gelesen, weswegen sie oft das Wort „Historia“ im Titel trugen. Erst infolge der vertieften poetologischen Diskussionen im 18. Jahrhundert werden Romane als eigenständige Kunstform und als fiktionale Werke im eigentlichen Sinne wahrgenommen. Die Abwertung des Romans als geschichtliche Quelle geht mit einer Aufwertung im literarischen Gattungssystem einher. Erich Auerbach sieht im Roman „keine Tragödie und keine Komödie, sondern aus beiden untrennbar verflochten, die Chronik komischen Unglücks und dunkel grundierten Glücks.“

Im Unterschied zu historischen Werken behandelt der Roman in der Regel vergleichsweise private Stoffe aus subjektiven Erzählpositionen. Liebesgeschichten waren bis in das 18. Jahrhundert hinein als privates Sujet gattungsbestimmend. Andere, jedoch in der Regel nicht minder private Stoffe breiteten sich in den Untergattungen des Schelmenromans und des satirischen Romans aus.

Novelle, Märchen, Legende sowie Kurzgeschichte sind als Formen epischer Prosa zwar mit dem Roman verwandt, aber als epische Kleinformen meist deutlich kürzer. Außer durch die Länge unterscheidet sich der Roman von diesen Gattungen vor allem aber dadurch, dass er die Darstellung einer kontingenten Welt ins Zentrum rückt. Literaturhistoriker des 19. und 20. Jahrhunderts sprachen wie Georg Lukács vom „epischen Zugriff des Romans auf das Leben in seiner ganzen Totalität“. Im Unterschied zum Epos setzt der Roman jedoch keinen für alle Leser gültigen Sinnhorizont voraus, sondern gestaltet die Welt aus dem Erfahrungshorizont des Einzelmenschen. Dieser kann brüchig, inkohärent oder gar chaotisch sein, was in einem Epos undenkbar wäre. Für Georg Lukács ist die Form des Romans daher „Ausdruck der transzendentalen Obdachlosigkeit“ der Moderne.

Es handele sich bei einem Werk um einen Roman, wenn man nicht sagen könne, was darin vorkomme, definiert es Heimito von Doderer.

Geschichte[Bearbeiten]

Außereuropäische Traditionen und der europäische Roman der Antike[Bearbeiten]

Romanhaftes Erzählen war in vielen Hochkulturen bereits früh verbreitet, so in der Kultur Japans, der Chinesischen Kultur, der Indischen Kultur und im arabisch-orientalischen Kulturkreis. Die außereuropäischen Romane und der Roman der Antike waren im Vergleich zum antiken Epos für die Herausbildung des modernen Romans jedoch nur von untergeordneter Bedeutung. Einige der wichtigsten außereuropäischen Romane sind die Genji Monogatari (11. Jh.) von Murasaki Shikibu, der arabische Ḥayy ibn Yaqẓān von Ibn Tufail (vor 1185) und die Geschichte der Drei Reiche Luo Guanzhongs. Die Rezeption der europäischen antiken Romane setzte bereits im Mittelalter ein, intensivierte sich aber erst im 17. Jahrhundert. Den barocken Romanciers wurde vor allem Heliodors Aithiopika (3. Jh. n. Chr.) mit seinem Medias-in-res-Einstieg und den zahlreichen nachgeholten Vorgeschichten zum unerreichten Gattungsmuster. Weitere wichtige Vorbilder für den höfisch-historischen Roman waren auch Achilleus TatiosLeukippe und Kleitophon (1. Jh. n. Chr.) und Xenophons von Ephesos Ephesiaka (2. Jh. n. Chr.). Ein vielgelesener Vorläufer des bukolischen Genres war LongosDaphnis und Chloe. Ein wichtiger antiker Vorläufer des modernen historischen Romans ist laut Tomas Hägg der wohl im 1. Jahrhundert n. Chr. entstandene Roman Chaireas und Kallirhoë des Chariton von Aphrodisias. Autoren des satirischen Romans konnten an die Metamorphosen des Apuleius (2. Jh. n. Chr.) sowie an Petrons Satyricon (1. Jh. n. Chr.) anknüpfen.

Quellen[Bearbeiten]

  • Michail Bachtin: Die Ästhetik des Wortes (1940). Suhrkamp 1979.