Substanz

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Die Substanz (lateinisch substantia, von sub stare, darunter stehen) ist, woraus etwas besteht. In der Philosophie ist Substanz die Bezeichnung des Begriffs für das unveränderliche, beharrende und selbstständige Seiende, dasjenige, das ‚unter‘ den veränderlichen Eigenschaften bzw. Akzidenzien ‚steht‘. Spätestens seit Descartes werden darunter hauptsächlich individuelle Gegenstände (dieses Haus, dieser Mensch) verstanden, deren Kategorie die Substanz ist.

In der Umgangssprache und in den Naturwissenschaften wird Substanz auch für grundlegende chemische Stoffe verwendet, in der Chemie für feste Stoffe. Beide Begriffe lassen sich gleichermaßen auf Aristoteles zurückführen, der dafür den Namen ousia einführte und neben den Einzeldingen auch eine materia prima als Substanz erwogen hatte.

Philosophie[Bearbeiten]

Antike[Bearbeiten]

Frühe (insb. vorsokratische) Ansätze antiker Ontologie versuchen, ein über die Zeit hinweg konstantes Prinzip zu beschreiben (arche ‚Prinzip‘; hyle ‚Stoff‘), das die Vielfalt der Erscheinungswelt erklärt. Die Eleaten sprechen dabei von einem eigentlich Seienden im Gegensatz zum Schein. Platon entwirft vor diesem Problemhintergrund seine Ideenlehre. Grundlage der Erscheinungen seien ideale Entitäten. Er spricht in diesem Zusammenhang vom Zugrundeliegenden (hypokeimenon). Nach Platon ist dieses Zugrundeliegende das, was durch eine Definition erfasst wird, und er bezeichnet es gelegentlich als ousia.

Aristoteles hingegen verwendet diesen Ausdruck systematisch, auch wenn er die Ideenlehre Platons nicht teilt, insofern er idealen Entitäten keine unabhängige Existenz einräumen will. Ihm zufolge kommt die Konstanz von Objekten und ihren Eigenschaften durch ideale, substantielle<ref>Met. IV, 8, 1017b Arten (z.B. Menschen) (species) und Gattungen (z.B. Lebewesen) (genera) nennt er sekundäre Substanzen. Sie sind keine ersten und eigentlichen Seienden (ousia prote), was sich darin abbildet, dass sie nicht nur Satzsubjekt, sondern auch Prädikatsnomen sein können. Einer und derselben Art entspricht eine Form, während die Verschiedenheit der Individuen einer Art durch die Materie konstituiert wird.

Einem Einzelding kommen gattungsspezifische (z.B. Beseeltheit) und artspezifische (z.B. Vernunftbesitz) Eigenschaften „konstitutiv“ zu, d. i., ein Objekt wäre nicht dieses selbe ohne eine derartige Eigenschaft; die Menge dieser Eigenschaften heißt daher wesentliche oder essentielle oder substantielle Eigenschaften; sie machen die Substanz eines Objekts aus. Weiter lassen sich einem Objekt notwendig zukommende, aber nicht dem Wesen bzw.<ref>Met. VI, 3 1029a</ref> der Substanz zugeordnete Eigenschaften ausmachen, propria (gr. idion, lat. proprium, übersetzbar mit Merkmal, Eigentümlichkeit).

„Unwesentliche“ Eigenschaften, die einem und demselben Ding zukommen können oder auch nicht, heißen Akzidentien, Zufallende. Sie benötigen eine Unterlage, ein Substrat – eben die Substanz. Die Materie ist Prinzip des Wandels und damit der realisierbaren Möglichkeiten, die Form und Substanz das Prinzip der Konstanz und damit der je realisierten Wirklichkeit und der die Möglichkeiten hervorbringenden Wirksamkeit, der Träger wechselnder Affektionen (symbebekota). Diese Ontologie erklärt also, wie überhaupt ein und dieselbe Sache sich „ändern“ kann.

Die Struktur des Denkens (also der Begriffe) und der Sprache (also der Worte) hat hierzu eine systematische Entsprechung: Die Substanz ist das, „von dem“ etwas (eine Eigenschaft) ausgesagt wird (also das Satzsubjekt) – nicht aber umgekehrt. Da alle sonstigen Prädikationen durch die Substanz ihren Einheitsbezug haben, hat diese den ersten Rang im aristotelischen System der Kategorien. Da die Substanz bedingendes Prinzip von Bedingungen und Bestimmungen ist, ist etwas umso mehr Substanz, je weniger es bedingt ist; im eigentlichsten Sinne ist Substanz daher Gott.

Die hellenistische Schulphilosophie spricht neben ousia auch von hypostasis, wozu substantia das lateinische Äquivalent ist. In der Stoa wird der Substanzbegriff naturphilosophischer interpretiert: Die Substanz ist der Stoff. Seneca nimmt dies auf. Substanz ist das Körperliche, Stoffliche im Gegensatz zum Vorgestellten, Bildhaften. Bei ihm und Quintilian findet sich ein frühes Vorkommnis des lateinischen Ausdrucks substantia.