Waldgesellschaften Mitteleuropas

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Waldgesellschaften Mitteleuropas ist der Überbegriff für alle Waldtypen Mitteleuropas, die nach ihrer jeweils charakteristischen Artenzusammensetzung differenziert werden. Diese Waldtypen finden in der Biologie – vornehmlich in Geobotanik, Forstwirtschaft, Pflanzensoziologie und Naturschutz – Verwendung.

Waldgesellschaften stellen ein Ordnungssystem dar, mit dem sich der Mensch einen Überblick über die Fülle der natürlich gewachsenen Wälder verschaffen will. Sie gehen real lückenlos und mannigfaltig ineinander über, stellen also nicht wie Spezies tatsächliche natürliche Einheiten dar, sondern sind künstliche Abgrenzungen. In Mitteleuropa werden Waldgesellschaften in der Regel als Pflanzengesellschaften nach dem pflanzensoziologischen System beschrieben. In anderen Regionen sind überwiegend andere Ordnungssysteme im Gebrauch, die meist auf den forstlichen Hauptbaumarten beruhen (während für die Definition von Pflanzengesellschaften die gesamte Lebensgemeinschaft, also auch die Krautarten, von gleicher Wichtigkeit ist). Die Kenntnisse über die natürlichen Waldgesellschaften sind hauptsächlich in der Forstwirtschaft und im Naturschutz sowie für deren Fachplanungen, z. B. Aufforstung (Waldmehrung) und Landschaftsplanung von großem Wert. Sie sind Untersuchungsgegenstand der Botanik, Pflanzensoziologie und Ökologie.

Eine Waldgesellschaft ist jeder anhand seiner Artenkombination charakterisier- und abgrenzbare Waldtyp. Ohne den Einfluss des Menschen (und vermutlich ohne große Wildtierherden: siehe Megaherbivorentheorie) wären Wälder in Mitteleuropa aufgrund des humiden kühlgemäßigten Klimas auf nahezu allen Standorten die potentielle natürliche Klimaxvegetation. Letzteres ist die spezifische Artenzusammensetzung, die sich je nach Standortfaktoren auf natürliche Weise (ohne Einwirkung von Mensch und Tier) im Verlaufe der Sukzession einstellen würde. Sie ist vor allem als Referenzzustand zur Charakterisierung des Standortpotentials und zur Vorhersage natürlicher Entwicklungen (Sukzessionen) von besonderem Wert. Die realen Waldgesellschaften weichen von den so definierten Zuständen mehr oder weniger deutlich ab. Diese Abweichungen beruhen teils auf Sukzessionsvorgängen (z.B. Vorwälder nach Wiederbewaldung waldfreier Flächen), größtenteils jedoch auf der anthropogenen Nutzung als Wirtschaftswälder. Dabei wirken neben den Einflüssen der heutigen Forstwirtschaft wegen der Langlebigkeit von Waldökosystemen auch die Einflüsse früherer Waldnutzungsformen noch lange nach, z. B. Niederwaldwirtschaft, Waldweide, Streunutzung. Weitere Einflussfaktoren, die sich in den Waldgesellschaften widerspiegeln können, sind z.B. Immissionen – etwa in Zusammenhang mit dem sogenannten Waldsterben seit den 1980er Jahren – oder Auswirkungen von Klimaänderungen wie sie die globale Erwärmung mit sich bringt. Auch die Fauna (z. B. Pflanzenfresser) wirkt sich aus, was aber im Einzelnen komplex und schwer nachweisbar ist.

Störungen von außen, allen voran die menschliche Nutzung, hatten und haben zur Folge, dass der Anteil naturnaher Waldgesellschaften auf unter 10 % der verbliebenen Waldfläche in Mitteleuropa geschrumpft ist. Viele der natürlichen Waldgesellschaften stehen daher unter Naturschutz. Zur geschichtlichen Entwicklung der Waldgesellschaften bis zu ihrem heutigen Erscheinungsbild siehe Geschichte des Waldes in Mitteleuropa.